Russland hat in einer massiven Angriffswelle dutzende Raketen auf ukrainische Städte abgefeuert und dabei auch ein Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Kiew getroffen. Landesweit kamen am Montag Behördenangaben zufolge mindestens 36 Menschen ums Leben, weitere 137 wurden verletzt.
„Russische Terroristen haben die Ukraine erneut schwer mit Raketen angegriffen“, schrieb Selenskyj auf X. Neben der Hauptstadt Kiew wurden demnach auch Dnipro, Slowjansk, Kramatorsk und Selenskyjs Heimatstadt Krywyj Rih getroffen. Tote gab es auch in Pokrowsk im Osten des Landes. Laut der ukrainischen Luftwaffe konnten 30 der insgesamt 38 abgefeuerten Raketen abgefangen werden.
In der Hauptstadt Kiew wurde das Ochmatdyt-Kinderkrankenhaus laut ukrainischen Angaben von einem russischen Marschflugkörper getroffen. Vor Ort seien „relevante Beweise, insbesondere Fragmente vom hinteren Teils einer Ch-101-Rakete“ inklusive einer Seriennummer gefunden worden, hieß es in einer Erklärung des Inlandsgeheimdiensts SBU.
Moskau hatte zuvor eine Verantwortung bestritten und erklärt, das Krankenhaus sei von Trümmern ukrainischer Luftabwehrraketen getroffen worden, was durch Bilder bewiesen werden könne.
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Andrij Jermak, der Leiter des Präsidialamts, veröffentlichte ein Video des zerstörten Krankenhauses. Dutzende Freiwillige, Ärzte und Rettungskräfte suchten in den Trümmern eines Gebäudes des Krankenhauses nach Überlebenden.
Laut dem SBU wurden bei dem Angriff mindestens zwei Krankenpfleger getötet und sieben weitere Menschen verletzt, darunter auch Kinder. Dutzende Freiwillige, Ärzte und Rettungskräfte suchten in den Trümmern weiter nach Überlebenden. Laut Selenskyj ist die getroffene Kinderklinik eines der „wichtigsten Krankenhäuser für Kinder in Europa“.
„Aus irgendeinem Grund dachten wir immer, Ochmatdyt sei geschützt“, sagte die 68-jährige Krankenhausangestellte Nina. „Wir waren hundertprozentig sicher, dass sie hier nicht zuschlagen würden“. Neben dem Kinderkrankenhaus wurde auch eine weitere medizinische Einrichtung in der Hauptstadt getroffen.

Behördenangaben zufolge wurden bei dem Angriff auf Kiew auch mehrere Wohngebäude und ein Bürogebäude beschädigt. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP sahen brennende Autos und umgestürzte Bäume. Der Energieversorger DTEK teilte mit, in der Hauptstadt seien drei Umspannwerke „zerstört oder beschädigt“ worden. Nach Angaben der Rettungsdienste wurden insgesamt 22 Menschen getötet und weitere 72 verletzt. Die Behörden riefen für Dienstag einen Tag der Trauer in Kiew aus und sagten zahlreiche Veranstaltungen ab.
Bundesregierung verurteilt Raketenangriffe auf die Ukraine
Die Bundesregierung verurteilte die Raketenangriffe scharf. Man fordere den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, „diesen Angriffskrieg auf so viele unschuldige Menschen unverzüglich zu beenden“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin.
Insbesondere die Lage der Zivilisten und der Kinder in der Ukraine sei „in großen Teilen dramatisch.“ Sie seien seit mehr als zwei Jahren „einem brutalen Angriffskrieg ausgesetzt, der unterscheidungslos Opfer fordert, und zwar durch russische Bomben und Angriffe, die durch nichts zu rechtfertigen sind“.
Lauterbach sagt Kiew nach Angriff auf Klinik weitere Aufnahme kranker Kinder zu
Die Bundesregierung bekräftigte, kranke Kinder in Deutschland zu versorgen. Er habe dem ukrainischen Gesundheitsminister Viktor Ljaschko zugesagt, „dass wir kranke Kinder in Not jederzeit aufnehmen“, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf X. Ein nächster Rettungsflug starte am Mittwoch. Er war dem Vernehmen nach schon vor dem Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in Kiew geplant.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, dankte Lauterbach bei X „für aktive Solidarität und mitfühlende Menschlichkeit“. Dies könne „Kinderleben retten“.
Bundeskanzler Scholz sicherte Kiew ebenfalls auf X seine Unterstützung zu: „Deutschland steht unverbrüchlich an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer. Gerade in diesen schweren Stunden“, schrieb er dort.
Deutschland steht unverbrüchlich an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer.
— Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) July 8, 2024
Gerade in diesen schweren Stunden. https://t.co/LTFmOgh9ri
Angriff auf Kinderkrankenhaus: Frankreich spricht von Kriegsverbrechen
Auch die Regierungen in Frankreich und Großbritannien verurteilten die „barbarischen“ und „scheußlichen“ Angriffe auf ukrainische Zivilisten.
Das französische Außenministerium erklärte, der „direkte und absichtliche“ Angriff auf ein Kinderkrankenhaus könne „der Liste der Kriegsverbrechen“ zugefügt werden, für die sich Russland werde verantworten müssen. Auch der neue britische Außenminister David Lammy forderte, die Verantwortlichen für den „illegalen“ Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe in der Ukraine, Denise Brown, sagte: „Es ist unverzeihlich, dass in diesem Krieg Kinder getötet und verletzt werden“. UN-Generalsekretär António Guterres nannte die Angriffe „äußerst schockierend“. „Angriffe auf Zivilisten sind nach internationalem Recht verboten und diese Art von Angriffen ist inakzeptabel und muss sofort eingestellt werden“, erklärte sein Sprecher.
Ähnlich äußerte sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell: „Russland nimmt weiterhin rücksichtslos ukrainische Zivilisten ins Visier“, erklärte er auf X. Die Ukraine brauche jetzt eine Luftverteidigung. „Alle Verantwortlichen für russische Kriegsverbrechen werden zur Rechenschaft gezogen.“
Als Reaktion auf die folgenschweren Angriffe forderte Wolodymyr Selenskyj eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats. Zudem rief er die Verbündeten der Ukraine zu einer „stärkeren Antwort“ gegenüber Russland auf. Selenskyj gedachte bei einem Besuch in Warschau in einer Schweigeminute der Opfer.



