Niederlande

Brennender Auto-Frachter vor niederländischer Küste: Feuer flaut ab

Auf dem Frachter vor der niederländischen Küste sind keine Flammen mehr zu sehen. Entwarnung gibt es aber noch nicht. 

Das Feuer auf dem Frachter vor der niederländischen Küste ist offenbar kleiner geworden. 
Das Feuer auf dem Frachter vor der niederländischen Küste ist offenbar kleiner geworden. Coast Guard Netherlands/dpa

Auf dem mit Autos beladenen Frachter vor der niederländischen Küste brennt es offenbar weniger stark. Das sagte eine Sprecherin der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend. Auf dem Schiff seien nun keine Flammen mehr zu sehen. Für eine Entwarnung sei es aber zu früh. Das Feuer könne auch wieder aufflammen. Der Frachter war in der Nacht zu Mittwoch in Brand geraten.

Noch immer ist es den Angaben zufolge unmöglich, dass Bergungsspezialisten die mit rund 3800 Autos beladene „Fremantle Highway“ betreten. Die Kühlung der Seitenwände des Frachters wurde inzwischen wieder unterbrochen. Das sei möglich, weil die Intensität des Feuers abgenommen habe. Zu viel Seewasser auf dem Schiff könnte die Stabilität gefährden. Inzwischen wurde der Frachter an einen anderen Schlepper, die Fairplay 30, gekoppelt. Diese Notverbindung sei stärker als die bisherige. Durch die Verbindung mit einem Schlepper wird das Schiff stabil gehalten und dafür gesorgt, dass es nicht den Schiffsverkehr behindert und zu sehr abdriftet.

Brand auf Auto-Frachter: Ein Toter

Die Löscharbeiten und die Kühlung war zuvor bereits mehrfach unterbrochen worden, um die Stabilität des Frachters nicht zu gefährden. Mehr als abzuwarten blieb laut Küstenwache zu diesem Zeitpunkt nicht zu tun.

Nach Angaben der Küstenwache könnte es auf dem Frachter noch tagelang brennen. Aus der Luft wurde am Donnerstag kontrolliert, ob die Temperatur gesunken ist. Erst dann können die Bergungsspezialisten an Bord. „Wir können nichts weiter tun als zuschauen, wie sich das mit dem Feuer weiter entwickelt“, sagte der Sprecher der Wasserbehörde, Edwin de Feijter, am Donnerstag 

Der Brandherd auf dem Schiff war nach Informationen der Küstenwache wahrscheinlich die Batterie eines elektrischen Autos. Die genaue Ursache steht aber noch nicht fest. Die Besatzung musste Hals über Kopf das Schiff verlassen. Ein Mensch kam dabei ums Leben, die übrigen 22 wurden leicht verletzt. 

Umweltkatastrophe droht bei Sinken des Frachters

Bei einem Sinken des Schiffes könnten Treibstoff, Öl und die mehr als 3000 Autos ins Wasser und auf den Meeresboden gelangen – darunter sind 25 E-Autos. „Wir tun alles, um das zu verhindern“, sagte ein Sprecher der Wasserbehörde dem Radiosender NOS. Aber die Rettungskräfte bereiteten sich „auf alle Szenarien“ vor. Auch auf deutscher Seite wappnen sich die Behörden für den Ernstfall.

Am Abend stufte die Küstenwache die Lage als stabil ein. Spezialisten eines Bergungsunternehmens seien mit einem Hubschrauber über das brennende Schiff geflogen. Die Experten auch von der zuständigen Wasserbehörde würden nun gemeinsam ein Vorgehen absprechen.

Die Bergung sei schwierig, sagte der Sprecher der Küstenwache, Edwin Granneman, zuvor. Das Feuer war noch nicht unter Kontrolle. „Auf dem Schiff selbst wird auch nicht gelöscht und auch nicht von oben herab auf das Schiff“, sagte der Sprecher. Denn bei zu viel Wasser auf dem Frachter, könne der instabil werden. „Das Schiff kann dann kentern.“ Daher kühlen Löschboote, darunter auch eins aus Deutschland, nun die Seitenkanten des Schiffes.

Auch aus Deutschland kam Hilfe für Frachter

Zumindest gelang es aber, den Frachter mit einem Notkabel an einen Schlepper zu koppeln. „Die Lage ist nun zu instabil, um das Schiff wegzuschleppen“, sagte der Sprecher. Mit dem Kabel soll verhindert werden, dass der Frachter eine Schiffsroute von und nach Deutschland blockiert. Reeder teilten inzwischen auch mit, dass der Schiffsverkehr nicht beeinträchtigt sei.

Gegen Mitternacht war das Feuer laut Küstenwache ausgebrochen auf der „Fremantle Highway“, die unter der Flagge von Panama fährt und von Bremerhaven unterwegs war. Die Besatzung versuchte, den Brand einzudämmen. Doch der breitete sich so schnell aus, dass sie das etwa 200 Meter lange Schiff verlassen musste. Einige mussten von Bord springen – rund 30 Meter in die Tiefe.

„Einer nach dem anderen sprang“, sagte Kapitän Willard Molenaar vom Amelander Rettungsboot, das als Erstes an der Unglücksstelle war, dem Radiosender NOS. „Die waren echt in Not, sonst springt man nicht einfach so tief.“ Sieben Menschen retteten er und seine Crew aus der See. Die übrigen wurden mit Hubschraubern von Bord geholt und in mehrere Krankenhäuser gebracht. Einige hätten Knochenbrüche und durch den Rauch Probleme beim Atmen. Ein Mensch starb. Über die Umstände des Todes wurde bisher nichts mitgeteilt.

Lösch- und Bergungsschiffe waren schnell zur Stelle – auch aus Deutschland kam Hilfe. Die japanische Reederei Kawasaki Kisen Kaisha erklärte, das Schiff sollte nach Singapur fahren. Die Crew habe aus 21 indischen Staatsbürgern bestanden. Die niederländische Küstenwache sprach von 23 Crewmitgliedern. Der Reederei lagen nach eigenen Angaben bis zum Abend keine Hinweise auf eine Ölverschmutzung vor. Vor allem die Lithium-Batterien der E-Autos erschwerten die Löscharbeiten, sagte der Sprecher der Küstenwache.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach von einer drohenden „Umweltkatastrophe ungekannten Ausmaßes“, wenn das Schiff sinke. Dann könnten „große Mengen Treibstoff und weitere umweltschädliche Schadstoffe aus der Ladung des Frachters das empfindliche Ökosystem der Nordsee großflächig verschmutzen“.  „Das gilt es mit allen Kräften zu verhindern“, erklärte Lemke. Sie verwies auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit des deutschen Havariekommandos mit der niederländischen Seite. Derzeit werde ein Bergungsplan entwickelt. „Deutschland wird alles zur Verfügung stellen, was helfen kann“, sicherte Lemke zu.

Umweltorganisationen besorgt: Lithium-Ionen-Akkus brandgefährlich

Erst kürzlich hatte der Industrieversicherer der Allianz (AGCS) vor erhöhtem Brandrisiko durch den Transport der Lithium-Ionen-Akkus auf Schiffen gewarnt. Hauptursachen für Brände, die von den Akkus ausgehen, seien Produktionsdefekte, beschädigte Batteriezellen oder Geräte sowie eine Überladung oder Kurzschlüsse, schreibt der Versicherer in seiner neuesten Schifffahrtsstudie. Sie seien tückisch, weil sie schwer zu löschen seien und sich spontan wiederentzünden könnten. „Die meisten Schiffe verfügen weder über ausreichenden Schutz noch über ausreichende Frühwarn- oder Löschfähigkeiten, um solche Brände auf hoher See zu bekämpfen“, sagte der Schifffahrtsexperte Justus Heinrich.

Umweltorganisationen und auch Bürgermeister der Küstenregionen sind besorgt über mögliche Schäden durch Öl oder Müll. „Das könnte eine Umweltkatastrophe für die Nordsee und das Wattenmeer bedeuten“, warnte ein Sprecher der Stiftung De Noordzee. Auch der Bürgermeister der deutschen Nordseeinsel Borkum befürchtet schwere Umweltschäden. „Das Schlimmste wäre, dass das Schiff sinkt und unkontrolliert Schadstoffe in das Meer gespült werden“, sagte Jürgen Akkermann (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur.

Einige denken nun auch zurück an die Katastrophe des Containerschiffs MSC Zoe 2019. Damals hatte das Schiff in der stürmischen Nordsee auf der Fahrt nach Bremerhaven 342 Container verloren. Die meisten zerbarsten beim Aufprall auf dem Wasser, in der Folge trieb tonnenweise Müll an die Strände.