Nach dem Großbrand bei einer Papier-Entsorgungsfirma in Neukölln ermittelt jetzt die Polizei. Mitarbeiter eines Brandkommissariats und der Kriminaltechnik untersuchen den Brandschutt. Bis zum Nachmittag waren noch etwa 30 Feuerwehrleute dabei, die schwelenden Papierballen zu löschen.
Am Mittwochabend war in der 6000 Quadratmeter großen Halle der Firma Remondis an der Lahnstraße ein Feuer ausgebrochen. Schnell brannte die gesamte Halle lichterloh. Die Rauchwolke war kilometerweit zu sehen.
Die Löscharbeiten gestalteten sich nach Angaben der Feuerwehr schwierig. Wegen der Hallenbauweise und der großen Hitze konnten die Brandbekämpfer nicht ins Innere vordringen, sondern mussten zunächst von außen löschen. Über das Dach und die Außenwände der Stahlkonstruktionshalle schafften die Feuerwehrleute unter Zuhilfenahme eines Teleskopmastes mehrere Öffnungen in den Wänden. Erst gegen 1 Uhr in der Nacht hatte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle.
Über das kürzlich eingeführte Cell Broadcast verschickten das Land Berlin und die Feuerwehr Warnungen auf Handys der Anwohner – allerdings erst eine Stunde und 40 Minuten nach Ausbruch des Feuers, und auch nur auf Telekom-Anschlüsse. Vodafone-Nutzer bekamen nichts.
Ein weiteres Problem: Die Warnung „Extreme Gefahr“, „Gefahr durch Großbrand - Informieren Sie sich in bekannten Warnmedien“ war so unpräzise, dass zahllose Neugierige bei der 112 anriefen und nach Angaben von Feuerwehrleuten die Notrufannahme an den Rand ihrer Kapazitäten brachte.
Messungen im Umfeld ergaben allerdings einen niedrigen Schadstoffgehalt in der Umgebungsluft. Auch konnte eine Umweltgefährdung durch Kontamination des Neuköllner Schifffahrtskanals mit Löschwasser nach Angaben eines Feuerwehrsprechers ausgeschlossen werden.
LKA ermittelt zur Brandursache
An der Lahnstraße befindet sich eine der deutschlandweit größten Sortieranlagen für Altpapier und Kartonagen. Hier wurden bislang die Papierabfälle aus den blauen Tonnen verarbeitet – mehr als 100.000 Tonnen im vergangenen Jahr. Ob die Entsorgung in Berlin jetzt gestört ist, ist noch nicht klar. Bei der Berliner Stadtreinigung, die über ihr Tochterunternehmen Berlin Recycling an der Anlage mit Remondis beteiligt ist, war am Donnerstag niemand zu erreichen.
Bis zum Mittag hatten Mitarbeiter der Firma Remondis die noch immer stark rauchenden verkokelten Papierballen mit Radladern aus der Halle gekarrt, wo sie von Feuerwehrleuten gelöscht wurden. Anschließend konnten Ermittler des Brandkommissariats erstmals den Brandort betreten. „Die Kollegen vom LKA sind inzwischen vor Ort“, sagte ein Polizeisprecher. „Hinweise auf die Brandursache gibt es aber noch nicht.“

Dass jemand unachtsam eine Zigarettenkippe weggeworfen haben könnte, glaubt Michael Schneider, Sprecher der Firma Remondis, nicht. „Das sind Profis. Von denen wirft keiner eine Kippe rein“, sagt er. Die Schadenshöhe sei derzeit noch nicht abzuschätzen. Zur Brandursache möchte Schneider bislang keine Spekulation wagen.
Eine Ursache halten allerdings viele Entsorgungsexperten für möglich: Hier könnte eine achtlos entsorgte Lithium-Ionen-Batterie in Flammen aufgegangen sein. Wird so eine Batterie oder Akku bei der Entsorgung – etwa durch einen Greifer – beschädigt, kann darin ein Kurzschluss entstehen, und sie fängt an zu brennen. Dabei können Temperaturen von 1000 Grad Celsius entstehen.
Lithium-Ionen-Akkus waren in 80 Prozent der Brände die Ursache
Lithium-Ionen-Energiepakete befinden sich in Geräten wie Laptops, Handys oder E-Bikes. Sie befinden sich auch in Glückwunschkarten, die beim Aufklappen die Melodie von „Happy Birthday“ spielen.
Die Zahl von Lithium-Ionen-Akkus und -Batterien wächst ständig. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft kamen im Jahr 2018 rund 52.000 Tonnen Gerätebatterien in Deutschland in Umlauf. 2021 waren es schon 63.000 Tonnen an – Tendenz weiter steigend.

„Falsch entsorgte Batterien und Akkus sind inzwischen das größte Brandrisiko in der deutschen Entsorgungswirtschaft“, sagt Verbandssprecher Bernhard Schodrowski, dessen Verband deshalb sogar eine Informationskampagne gestartet hat.



