Debatte

Wir Medien sind Gehilfen der Letzten Generation: Schluss mit der Aufmerksamkeit!

Die Klimakleber werden verharmlost. Tatsächlich begehen sie unablässig Straftaten. Und wir Journalisten machen sie erst groß – ein Wutausbruch.

Die Letzte Generation versuchte, den Start des Berlin-Marathons am Sonntag zu stören. 
Die Letzte Generation versuchte, den Start des Berlin-Marathons am Sonntag zu stören. Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Ein Mann liegt auf dem Dach eines Polizeiautos. Das Mitglied der Gruppe Letzte Generation war hinaufgestiegen und hat sich angeklebt. Zwei Polizisten halten den Mann fest, während er auf Olaf Scholz schimpft, der „unsere Lebensgrundlagen“ nicht schütze. Wären die Medien nicht da gewesen, hätte niemand davon erfahren. Immer wenn sich Klimakämpfer irgendwo festkleben, ist auch eine Kamera dabei, um es festzuhalten – von den Öffentlich-Rechtlichen, den Privaten oder auch der Deutschen Presse-Agentur. 

Es sind stets ähnliche Bilder: Sie zeigen Leute, die auf der Straße sitzen, und Autofahrer, die ausflippen. Es sind diese Bilder, die der Letzten Generation einerseits Zulauf verschaffen und andererseits Autofahrer mit kurzer Lunte immer mehr ermutigen, Selbstjustiz zu üben, statt auf die Polizei zu warten, die die Blockade auflöst. Ohne uns Medien hätte die Letzte Generation keine Anhänger. Wir Medienleute machen sie erst groß, wir geben ihnen den Sauerstoff.

Am Anfang konnte mancher die jungen Leute noch verstehen, die sich aus Angst vor der „Klimaapokalypse“ auf Fahrbahnen klebten. Denn eine Demo mit Trillerpfeifen verpufft in der öffentlichen Wahrnehmung, Krawall wird beachtet. Eine Randale-Silvesternacht in Berlin – und schon fließen die staatlichen Millionen in soziale Projekte. Für radikalen Protest gab es also mitunter ein gewisses Verständnis.

Natürlich ist der Klimawandel ein Problem, das dringend angegangen werden muss. Das wissen inzwischen die meisten. Doch die Sympathien, die die Letzte Generation hier und da hatte, sind dahin. Sie schwanden schon, als sie Gemälde beschädigten. Als die Fanatiker in Berlin das Grundgesetz besudelten, indem sie schwarze Farbe auf die Tafeln im Regierungsviertel schütteten – natürlich mit Kamerabegleitung. Sie schwanden, als sie das Brandenburger Tor womöglich irreparabel mit Farbe schädigten. Die Sympathien schwanden mit jeder zur Demonstration deklarierten Verkehrsblockade. Bei der Krankenpflegerin, die zu ihrem Patienten musste. Bei dem Handwerker, der nicht zum Kunden kam.

Elementar für die Letzte Generation ist die Medienpräsenz

Der Letzten Generation geht es nicht darum, beliebt zu sein. Es geht ihr um Störung und Aufmerksamkeit. Die Psychologin Maria-Christina Nimmerfroh von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die sich in Trainings der Gruppe eingeschleust hatte, studierte deren Rekrutierungsmechanismen.

In mehreren Interviews erklärte Nimmerfroh nach ihrer Aktion, dass der verbindende Gedanke der Letzten Generation zwar der Klimaschutz sei, die politischen Forderungen sich allerdings gewandelt hätten. Die Aktivisten wollen gerade nicht anbieten, dass die Proteste enden, wenn die Politik gewisse Forderungen erfülle, so die Psychologin. Es gehe am Ende darum, Destabilisierungsmechanismen und andere Konstruktionen zu installieren, sodass nicht, wie bisher, die Politiker die Entscheidungen treffen. Elementar sei die Medienpräsenz.

Wir in den Redaktionen helfen dabei. Immer, wenn Klimakleber vor Gericht stehen, gibt es Prozessberichte. Sie bekommen dort ihr zweites Podium – erst auf der Straße, dann im Gerichtssaal. Wir begleiten die Aktionen der Letzten Generation und verbreiten deren Bilder. Und wenn gerade ausnahmsweise kein Kameramann oder Pressefotograf in der Nähe ist, stellen die Klimakämpfer ihr Selbstgefilmtes ins Netz – das dann von uns fleißig weiterverbreitet wird.

Die Letzte Generation – das sind Straftäter

Einige Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen hegen offensichtlich Sympathie für die Blockierer, die aus ihrer Sicht für ein höheres Ziel demonstrieren. Entsprechend konspirativ werden vorher Treffpunkte mit Journalisten ausgemacht, wenn mal wieder eine Blockade geplant ist. Das kann man schon als „gemeinsame Sache machen“ bezeichnen. Auch die Berliner Zeitung hat dabei schon mitgemacht - und sich gemeingemacht.

Doch es muss klar sein: Die Blockierer – oder „Aktivisten“, wie sie beschönigend genannt werden – sind keine Demonstranten, die „kriminalisiert“ werden, wie es von interessierter Seite heißt. Es sind Straftäter, die das Versammlungsrecht missbrauchen. Sie begehen Nötigungen, Eingriffe in den Straßenverkehr, Sachbeschädigungen. Das alles tun sie organisiert und finanziert von Organisationen und Unternehmen.

Jedes öffentliche Verständnis, das dieser wachsenden Sekte entgegengebracht wird, macht sie größer. Und jede Kritik an ihnen lässt sie die Reihen ihrer Wagenburg enger schließen. Die öffentliche Aufmerksamkeit ist der Sauerstoff, den die Letzte Generation braucht. Wir sollten ihn ihr entziehen.