Herr Tögel, der Schriftsteller Aldous Huxley sagte 1959 in einer Rede vor Studenten in Kalifornien, dass er glaube, dass künftige Diktaturen Menschen dazu bringen würden, ihre Beherrschung nicht als solche zu empfinden, weil sie durch Propaganda und Gehirnwäsche sowie „pharmazeutische Methoden“ manipuliert würden. Halten Sie diese Aussage für zeitgemäß?
Ich halte vor allem den ersten Teil dieser Aussage für wichtig, daher zitiere ich Huxley in meinem Buch ausführlich: „Die Diktaturen der Zukunft werden ganz anders sein als die Diktaturen, die wir in der Vergangenheit gesehen haben. [...] Sie werden dadurch herrschen, dass sie die Zustimmung der Menschen bekommen, welche sie regieren, indem sie die rationale Seite der Menschen umgehen und ihr Unterbewusstsein, ihre tieferen Emotionen ansprechen, sodass die Menschen ihre Versklavung sogar lieben werden.“
Für Huxley bestand die Gefahr zukünftiger Herrschaft darin, dass sie nicht als solche erkannt wird und Machtausübung somit unbemerkt stattfinden kann. Dieser Einfluss wird heute als „Soft Power“ bezeichnet: psychologische Steuerungstechniken, wie sie beispielsweise von der PR-Industrie, bei der Propaganda oder auch bei der Kognitiven Kriegsführung der Nato angewandt werden. Wenn man heute die Dokumente der Nato zu ihrem Cognitive-Warfare-Programm betrachtet, dann fällt auf, wie ähnlich sie zu Huxleys düsterer Zukunftsvision sind.
So heißt es in einem Dokument: „Die Kognitive Kriegsführung könnte das fehlende Element sein, das den Übergang vom militärischen Sieg auf dem Schlachtfeld zum dauerhaften politischen Erfolg ermöglicht. [...] [Nur] die Menschliche Sphäre (Humain Domain) kann den endgültigen und vollständigen Sieg erringen.“

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