Noch nie war es in Deutschland so billig, den Nahverkehr zu nutzen. Mit dem 9-Euro-Ticket darf man einen Kalendermonat lang bundesweit Bahn und Bus fahren. Trotzdem gibt es immer noch Menschen, die Fahrscheine zum regulären, deutlich höheren Tarif kaufen. Das zeigen aktuelle Zahlen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der S-Bahn Berlin, die der Berliner Zeitung vorliegen. Warum zahlen Fahrgäste verhältnismäßig viel Geld, obwohl es noch bis Ende August ein attraktives Billigangebot gibt? Werden sie nicht richtig informiert? Oder gibt es andere Gründe?
Bei aller Kritik, eines steht fest: Das 9-Euro-Ticket, das von der Ampelkoalition als Gegenstück zum Tankrabatt konzipiert wurde, ist ein Erfolg. Seit dem Verkaufsstart Ende Mai wurde es rund 38 Millionen Mal verkauft, teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen mit. Gemessen am Anteil an der Bevölkerung in Deutschland nutzen die Berliner das Angebot überproportional häufig. Wie berichtet haben die BVG bis zum vergangenen Sonntag knapp 3,02 Millionen und die S-Bahn fast 1,1 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Auch andere Unternehmen melden eine gute Nachfrage.
Gratis-Tickets klemmten in Berlin unter dem Scheibenwischer
Dennoch ist der Verkauf anderer, bisher schon angebotener Fahrscheine nicht zum Erliegen gekommen. Der Absatz ist zwar gesunken, wie die beiden Unternehmen bestätigen. Deutlich kostspieligere Fahrausweise werden aber weiterhin erworben.
Zwei Beispiele sind die Monatskarte, die für das Stadtgebiet Berlin (Tarifbereich Berlin AB) 86 Euro kostet, sowie die Zehn-Uhr-Karte, die für Berlin mit 63 Euro pro Monat zu Buche schlägt. Von beiden Tickets hat die BVG im Juni „knapp 4000 Stück“ abgesetzt, sagte Jannes Schwentu, der Sprecher des Landesunternehmens. „Im Juli knapp 1000, Tendenz im August ähnlich.“ Die S-Bahn Berlin hat seit Juni rund 700 Umweltkarten sowie rund 100 Zehn-Uhr-Monatskarten verkauft, teilte eine Bahnsprecherin mit.
Noch größer war der Absatz bei den 24-Stunden-Karten, die für Berlin 8,80 Euro kosten. Fast so viel wie das Neun-Euro-Ticket, das aber bundesweit einen Monat lang gilt. „Davon wurden im Juni und Juli jeweils rund 50.000 verkauft, im August bisher rund 10.000“, so der BVG-Sprecher. Die S-Bahn bezifferte die Verkäufe auf 44.500 Stück.
Wird an den Fahrscheinautomaten nicht ausreichend auf das 9-Euro-Ticket hingewiesen? Die S-Bahn Berlin weist dies zurück. „Die S-Bahn hat das Ticket an Automaten sehr präsent in der Menüführung dargestellt, um dieses Sonderangebot allen Kunden vorzugsweise anzubieten“, so die Bahnsprecherin. Mit Werbeaktionen wies das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn (DB) immer wieder auf das Ticket hin. So bekamen Autofahrer in Berlin den Fahrschein unter den Scheibenwischer geklemmt.
„Andere Tickets bieten zum Teil mehr Flexibilität“
Und wie ist es bei der BVG? „Wir bewerben das 9-Euro-Ticket schon seit dem Bundesratsbeschluss Ende Mai massiv über alle Kanäle. Die Verkaufszahlen zeigen, wie enorm bekannt und beliebt es ist“, teilte BVG-Sprecher Schwentu mit. „Eine komplette Umprogrammierung unserer Automaten war kurzfristig nicht umsetzbar. Daher bewerben wir auch an den Automaten das 9-Euro-Ticket ganz prominent direkt auf dem Startbildschirm.“
Warum werden trotzdem teurere Tickets gekauft? Beobachter schließen nicht aus, dass es immer noch Menschen gibt, die das Sonderangebot nicht kennen – weil sie keine Medien nutzen oder sich dafür nicht interessieren. In der Nahverkehrsbranche weist man aber auch darauf hin, dass es objektive Gründe geben kann, weiterhin Fahrkarten zum regulären Preis zu erwerben.
„Andere Tickets bieten zum Teil mehr Flexibilität“, sagte die Bahnsprecherin. Das 9-Euro-Ticket gilt nur für den Fahrgast, dessen Name auf ihm eingetragen wurde – andere Tickets sind übertragbar, sie dürfen auch von anderen genutzt werden. Das 9-Euro-Ticket gilt immer nur für eine Person – bei anderen Fahrkarten ist es erlaubt, andere Fahrgäste ohne Aufpreis mitzunehmen. Diese Regelung gilt zum Beispiel für 24-Stunden-Karten in Berlin und Potsdam. Wer so ein Ticket hat, darf bis zu drei Kinder zwischen 6 und 14 Jahren gratis mitnehmen. Auch ein Hund darf kostenlos mitfahren, wenn man eine 24-Stunden-Karte besitzt – oder aber eine Monats- oder eine andere Zeitkarte. Für das 9-Euro-Ticket wurde eine solche Regelung erst Mitte Juli eingeführt.
Es gibt weitere Gründe, so die Bahnsprecherin: „Einige Kunden oder Firmen benötigen erfahrungsgemäß nur tagesbezogene ermäßigte Tickets, welche unter dem Preis für ein 9-Euro-Ticket liegen. Und: Manche Kunden kaufen im Vorverkauf auch über den Monat August hinweg Tickets.“
„Auch wird das 9-Euro-Ticket nicht wie Monatskarten gleitend, zum Beispiel von einer Monatsmitte zur anderen angeboten, sondern immer nur für den Kalendermonat“, hieß es beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB).
Fernzüge dürfen mit regulären Verbundfahrkarten genutzt werden
Wer auf bestimmten Strecken mit Fernzügen unterwegs ist, kann mit regulären Tickets ebenfalls besser wegkommen. Das gilt zum Beispiel für die Verbindung zwischen Berlin und Doberlug-Kirchhain. Die Intercity-Züge und die Railjets, die dort verkehren, dürfen mit VBB-Tickets genutzt werden – mit 9-Euro-Tickets dagegen nicht, wie Verbundsprecher Joachim Radünz bekräftigt.
Eine betritt meine Bahn, legte mir 11 € hin und sagte Weimar.
— 🇺🇦 🌎🕊️ Franks Sichtweisen (@TramFauli) July 23, 2022
Ich wies sie auf das 9€ Ticket hin, worauf sie mich histerisch anplärrte, dass sie nicht auf Almosen dieser Linksfaschistischen Regierung angewiesen sei.
Habe schon einiges erlebt, aber das war das Highlight. 🤦🤦




