Der Holzmarkt, das SO36 und das About Blank, das sind die Clubs, die Christian Goiny von der CDU, der Grüne Julian Schwarze und Niklas Schenker von der Linken zuletzt besucht haben. Wer möchte, kann nun Parteienbingo spielen. Welcher Club passt zu einem CDU-Parlamentarier und welcher zu einem Linken? Verraten sei, dass alle Politiker dem eigenen Vernehmen nach ausgiebig gefeiert haben. Nur die vierte Vertreterin im neu gegründeten Parlamentarischen Forum für Clubkultur, die Sozialdemokratin Tamara Lüdke, kann sich an ihren letzten Clubbesuch nicht erinnern. Es sei in der Zeit vor der Pandemie gewesen, sagt sie.
Die Politikerrunde trifft sich im Casino des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Parlamentarier bestellen Cola und Wasser. Niklas Schenker stillt den kleinen Hunger mit einer Wurst mit Senf. Die Atmosphäre am Tisch ist locker, obwohl Vertreter von Regierung und Opposition zusammensitzen. Es erscheint auffallend für den politischen Betrieb in Berlin kurz nach der Dramatik um die Bildung der schwarz-roten Koalition und nach der Wahl des neuen Regierenden Bürgermeisters von der CDU, Kai Wegner, erst in der dritten Runde: Die vier großen Parteien wollen beim Thema Clubkultur an einem Strang ziehen.

Der Plan für das Forum entstand im SchwuZ
CDU, Linke, Grüne und SPD besprachen bei einer Podiumsdiskussion der Berliner Clubcommission im LGBT-Club SchwuZ in Neukölln während des Wahlkampfes, nach der Wiederholungswahl am 12. Februar ein gemeinsames Gremium zu gründen. Es nimmt sich ein Format der Bundestagsfraktionen für die Clubkultur zum Vorbild, das sich 2020 gegründet hat. Die FDP ist an diesem beteiligt. Sie ist in Berlin nach der Wahl nicht mehr im Abgeordnetenhaus vertreten.
Der Bundestag entschied 2021 auf Betreiben des Forums der Bundestagsabgeordneten, Clubs als Kulturstätten anzuerkennen und aus der mit Bordellen oder Glückspielhöhlen geteilten Nische der Vergnügungsstätten zu holen. Bei der Umsetzung der Neubewertung im Baurecht hapert es allerdings bis heute. Das macht die Berliner Clubpolitiker nicht glücklich. Maßgebliche Entscheidungen lägen in der Hand des Bundes, betonen sie mit Bedauern.
Clubs bieten niederschwellige Kulturangebote
Einig sind sie sich in der Bedeutung der Clubs für Berlin und die Kultur in der Stadt. Clubs seien vor allem für Menschen der jüngeren Alterskohorte das niederschwelligste Kulturangebot, sagt der Linke Niklas Schenker. „Für marginalisierte Gruppen wie die LGBT-Community sind Clubs unverzichtbar“, sagt er.
Es geht uns um die Freiheit der Kultur
Die Clubs als Standortfaktor, der etwa Touristen und hoch qualifizierte Fachkräfte nach Berlin lockt, dürften für wirtschaftsnahe Kreise in der CDU wichtig sein. CDU-Politiker Christian Goiny lobt dann auch die mittelständischen Unternehmer in der Clubbranche, deren finanzielle Unabhängigkeit zu fördern sei. Die Unterstützung seiner Partei für die Berliner Clubkultur sei aber grundsätzlich. „Es geht uns um die Freiheit der Kultur. Und es ist für unsere Unterstützung kein Kriterium, dass manche Akteure andere politische Auffassungen haben“, sagt Goiny. Der CDU-Politiker spielt mit seine Aussage auf dezidiert links orientierte Clubs wie das About Blank an.
Clubcommission lobt Koalitionsvertrag
Der Linke Niklas Schenker und der Grüne Julian Schwarze ärgern sich nicht, dass die Berliner Clubcommission nun den schwarz-roten Koalitionsvertrag ausdrücklich lobt. Schenker erinnert an das Werk des linken Kultursenators Klaus Lederer. Er freue sich, wenn dessen Arbeit fortgesetzt werde, sagt er.
Bei aller Einigkeit lässt der Ausbau der Autobahn A100 doch Dissens erkennen. Die CDU hat sich für den 17. Bauschnitt zwischen der Anschlussstelle Treptower Park und Storkower Straße ausgesprochen. Sie schlug einen unterirdischen Autobahnbau vor. Von der Verdrängung bedrohte Clubs wie das About Blank, der Club Ost oder die Else könnten auf die neue Fläche über dem Tunnel ziehen. Die Berliner Clubcommission lehnte den CDU-Vorschlag ab. Linke und Grüne sind ohnehin gegen den Autobahnausbau, ebenso die SPD-Mitglieder.
Bund entscheidet über A100
Der CDU-Politiker Christian Goiny weist darauf hin, dass der Bund über den Autobahnausbau entscheide. Die Clubs müssten sich erst einmal keine Sorgen machen, da das Verfahren laufe. Seine Kollegen von Grünen und Linken fordern die schwarz-rote Regierung dagegen auf, sich beim Bund mit Nachdruck für einen Stopp des Projekts einzusetzen.
Der Grüne Christian Schwarze sieht in der Änderung des Flächennutzungsplans eine mögliche Medizin für die Plage des Clubsterbens in Berlin. „Was wir machen können, sind verstärkt Flächen des Landes für Nutzungen oder Zwischennutzungen bereitzustellen“, sagt Schwarze.
Drug-Checking soll möglich sein
Für die mit innerer Sicherheit im Wahlkampf punktende CDU erstaunlich, stört sich Christian Goiny auch an Razzien der Polizei in Clubs. Jüngst gingen die Beamten angeblichen Verstößen gegen den Nichtraucherschutz in verschiedenen Clubs nach. Ein offenes Geheimnis ist, dass Nikotin nicht die einzige Substanz ist, zu der entgegen geltenden Verboten beim Feiern in Berlin gerne gegriffen wird. Die Mitglieder des Parlamentarischen Forums zeigen sich offen für das sogenannte Drug-Checking. Dabei können Konsumenten ihre illegalen Drogen an Teststellen schicken, um sie auf Verunreinigungen oder Überdosierungen zu testen.
Das Drug-Checking wurde von Rot-Rot-Grün auf den Weg gebracht und soll in Berlin an verschiedenen Teststationen möglich sein. Die CDU zeigte sich gespalten. Christian Goiny äußert aber die Zuversicht, dass die CDU das Projekt nicht noch kippen werde. Einige Experten sprechen sich für möglichst niederschwellige Angebote zum Testen in den Clubs selbst aus. „Das ist im Moment aufgrund der Rechtslage aber nicht möglich“, sagt die Sozialdemokratin Tamara Lüdke. Die Verantwortung liegt wieder einmal beim Bund.





