Bohrmaschinenlärm statt Beats. Auf diesen Satz lassen sich die Befürchtungen der Berliner Clubcommission in Bezug auf einen Ausbau der Stadtautobahn A100 zusammenfassen. Das Projekt scheint aus Sicht des Branchenverbands immer wahrscheinlicher zu werden.
Die Ampelkoalition hat sich nach einem Verhandlungsmarathon zusammengerauft und sich unter anderem für den Ausbau von 144 Autobahnen und Bundesstraßen ausgesprochen. Das Anliegen vor allem der FDP setzt nun ein bundesweites Signal für neue Straßen. Noch gibt der Verkehrsausschuss des Bundestags zwar kein grünes Licht für die Erweiterung der A100 im Bauabschnitt 17 von Treptower Park bis Landsberger Allee. Das Gremium lehnte aber einen Antrag der Linken für einen Baustopp ab.
Zeichen der Politik stehen auf Ausbau
Zwar scheiterte die Union ebenfalls mit einem Antrag zum Weiterbau. Doch die Begründung des Verkehrsausschusses lässt die Clubcommission aufhorchen. Die Positionierung der neuen Berliner Landesregierung solle vor einer Entscheidung zum Ausbau der A100 abgewartet werden, erklärt der Bundestag in einer Mitteilung.
Die neue Berliner Landesregierung wird aller Voraussicht nach vom A100-Befürworter Kai Wegner von der CDU gemeinsam mit der SPD angeführt. Die Haltung der Sozialdemokraten zu dem Projekt erscheint ambivalent. Der Landesparteitag der SPD sprach sich im vergangenen Juni zwar gegen den Weiterbau der Stadtautobahn aus. Die noch amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hatte eine Erweiterung im Wahlkampf dagegen nicht ausgeschlossen.
Clubkultur hat sich an den Rändern der Ringbahn entwickelt
Für die Clubcommission Berlin verdichten sich in Bund und Land die Zeichen für einen Ausbau der Stadtautobahn. Sie fürchtet, dass renommierte Clubs dem Projekt weichen müssen. Die Planung des 17. Bauabschnitts der A100 basiere auf der Vorstellung aus den 90er-Jahren, dass dafür notwendige Flächen weitestgehend ungenutzt seien, kritisiert Marcel Weber, Erster Vorsitzender der Clubcommission. „Seitdem hat sich an den Rändern der Berliner Ringbahn allerdings eine vielfältige und lebendige Kulturlandschaft mit Clubs von internationaler Bekanntheit entwickelt. Diese zu erhalten, ist nachhaltiger und lohnenswerter für Berlin als der Weiterbau der A100“, sagt er.
Die Clubcommission veröffentlicht eine „Rote Liste“ von durch einen möglichen Ausbau bedrohten Clubs in Berlin. Darauf finden sich in der Nähe der Elsenbrücke der Club Ost, die Renate, die Else, der neu eröffnete Club M01 und die Bar Krass Böser Wolf. Voraussichtlich in Gefahr sei auch das About Blank südlich vom Ostkreuz. Nördlich vom Ostkreuz sei die Autobahn zwar teilweise unterirdisch geplant, doch beim S-Bahn-Dreieck am Wiesenweg soll die Untertunnelung in bisher ungeklärter Form enden, kritisiert die Clubcommission. Weitere Clubs seien möglicherweise in Gefahr.
Auch andere Kultureinrichtungen könnten vom Ausbau betroffen sein
Die Clubcommission nennt außerdem eine Anzahl weiterer Kultureinrichtungen, die von einem Ausbau der Stadtautobahn betroffen wären.
Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass wir besser an diesen Ort passen.
Nora Giesbert, Personalleiterin der Clubs Else und Renate sowie Mitglied im erweiterten Vorstand der Clubcommission, weist daraufhin, dass der Ausbau allein in diesen beiden Clubs 150 Arbeitsplätze gefährde. Clubs wie die Else und die Renate zögen außerdem Menschen aus der ganzen Welt nach Berlin. „Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass wir besser an diesen Ort passen als die Stadtautobahn“, sagt Giesbert.
Clubkollektiv About Blank spricht von Wahnsinn
Politischer argumentiert das Clubkollektiv About Blank. „Angesichts des menschengemachten Klimawandels, der CO₂- und Feinstaub-Emissionen und der nahenden Kipppunkte, erscheint dieses Vorhaben vollkommen verrückt“, heißt es in einer Erklärung.
Die Clubcommission appelliert an die SPD, sich auch in einer Koalition mit der CDU an ihren Landtagsbeschluss vom vergangenen Jahr gegen den Ausbau der Stadtautobahn zu halten. „Dieser Beschluss muss auch in einer möglichen Koalition mit der CDU unbedingt Gültigkeit behalten“, fordert die Clubcommission
Berlin sollte sich an Barcelona orientieren
Berlin sollte sich beim Stellenwert kultureller Räume an anderen europäischen Metropolen wie Barcelona oder Amsterdam orientieren, erklärt die Clubcommission. „Berlin verspielt trotz des einzigartigen Potenzials an Freiräumen, gutem öffentlichen Nahverkehr und internationaler Strahlkraft erneut Chancen, die andere Metropolen längst erkannt haben und zu nutzen wissen“, warnen die Branchenvertreter.





