Hitzewelle

Hitze in Berlin: Wie ich von meiner New Yorker Freundin lernte, heiße Sommer zu überleben

Unsere Autorin hat Klimaanlagen immer gehasst. Bis sie nach Amerika zog und merkte, ohne geht es nicht. Braucht sie nun auch in Berlin einen Kasten an der Wand?

Es ist heiß!
Es ist heiß!Pond5/imago

Ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Satz jemals schreiben werde, aber vor ein paar Tagen war es so weit. Ich fasste einen Entschluss: Wir brauchen eine Klimaanlage. In Berlin.

Es waren 36 Grad im Schatten, ich saß in meiner Dachgeschosswohnung und fühlte mich wie in den Tropen. Nachts wurde ich mit Schweißperlen auf der Stirn wach, eine Mücke umkreiste meinen Kopf, die Markisen vor dem Fenster, die mich vor der Morgensonne schützen sollen, klapperten im Wind. Ich ließ sie hochfahren, schloss die Fenster, ging auf Mückenjagd, schwitzte noch mehr. Und wünschte mir nichts sehnlicher als einen Kasten an der Wand, der mir kühle Luft ins Zimmer bläst.

Ventilatoren an der Decke

Ich hasse diese Kästen. Eigentlich. Das erste Mal sah ich sie in New York. Ich zog mit meiner Familie in ein Brownstonehaus in Brooklyn, in den Schlafzimmern hingen Metallboxen vor den Fenstern, so provisorisch befestigt, dass ich Angst hatte, sie könnten bei einem Windstoß auf die Straße fallen oder auf den Kopf eines Passanten. Meine Freundin Debbie erklärte mir, die Kästen hießen Window Units. Ohne sie würde man die Sommer in New York nicht überleben.

Sie hatte recht. New Yorker Sommer sind heiß und schwül. Unser Haus war alt und schlecht isoliert, die Ventilatoren an der Decke halfen nicht viel. Debbies Sohn weigerte sich, zum Playdate zu kommen, ohne Window Unit, und meine Kinder verstanden ebenfalls nicht, warum sie zu Hause schwitzen mussten, ihre Freunde aber nicht. Wir schalteten die Units an.

Sie waren unfassbar laut, drinnen, aber auch draußen. Vom Mai bis September dröhnte New York wie ein Kraftwerk und wurde immer heißer. Klimaanlagen pusten kalte Luft nach innen und warme nach außen. Noch ein Argument dagegen. Ich führte kleine Kämpfe, mit den Kindern, mit den anderen Eltern, mit mir selbst, ließ tagsüber Jalousien runter, riss nachts die Fenster auf. Geht doch, verkündete ich. Nachts träumte ich von kühlen Berliner Sommern.

Berlin war herrlich im Sommer, das merkte ich erst in New York. Klares Licht, immer eine Wolke am Himmel, und wenn es richtig heiß wurde, fuhr man an einen See, legte sich in den Schatten und trank abends ein kaltes Bier auf der Terrasse.

Zurück aus New York zogen wir in eine Wohnung unterm Dach, hohe Fenster, Gründach, Markisen. Im Sommer warm, im Winter hell. Ein Traum. Irgendwann aber ging es auch hier los, hatte ich nachts, wenn es so heiß war, dass ich nicht schlafen konnte, das Gefühl, wieder in Brooklyn zu liegen, nur ohne Ventilator und Window Unit. Besucher fragten, wie wir es aushalten ohne Klimaanlage. Freunde, die ebenfalls unterm Dach wohnen, stellten sich sperrige Anlagen aus dem Baumarkt unter ihre Fenster. Der Kampf begann nun auch hier. Ich fürchte, ich habe ihn verloren.

Wärmepumpe oder Klimaanlage?

Es liegt an der Hitze, aber nicht nur. Seit unser Wirtschaftsminister für die Wärmepumpe trommelt, die nicht nur heizen, sondern auch kühlen kann, sind Anlagen auf Dächern und an Häuserwänden plötzlich sehr angesagt. Alle reden darüber, was besser ist, Wärmepumpe oder Klimaanlage, ob sich eine Split-Anlage lohnt, wie lang die Lieferzeiten sind, wie gesundheitsgefährdend Hitze sein kann, wie wir Deutschen es überhaupt so lange ohne so ein Gerät aushalten konnten. Ab und zu werden Bedenken laut, die denen ähneln, die mir damals schon in New York durch den Kopf gingen: Dass diese Anlagen, so angenehm und modern sie sein mögen, der Umwelt schaden, dass es ein Teufelskreis ist, aus dem wir vielleicht nicht mehr herauskommen.

Ich höre zu, wäge ab, freue mich über kühle Sommertage wie diese – und beschließe zu warten. Erst mal an die Ostsee fahren. In den Urlaub. Und dann ist ja auch schon fast wieder Herbst.