Klima

Karl Lauterbach verärgert Italien mit Klimaalarm – „Er will nur Aufmerksamkeit“

Der Bundesgesundheitsminister twittert aus seinem Urlaub in Italien und weist auf „spektakuläre Hitzewellen“ hin. Was ist das Ziel dieser Kommunikation?

Karl Lauterbach und Elfi Scho-Antwerpes bei der Christopher Street Day Parade 2023 in Köln
Karl Lauterbach und Elfi Scho-Antwerpes bei der Christopher Street Day Parade 2023 in KölnFuture Image/Imago

Wer dieser Tage eine beliebige Zeitung aufschlägt, liest dort Schlagzeilen wie „Inferno der Hitze“ oder „Der heißeste Sommer aller Zeiten“. Hitzewellen tragen apokalyptische Namen wie „Cerberus“, benannt nach dem vierköpfigen Höllenhund in der griechischen Mythologie, oder „Charon“, der Fährmann, der die Seelen der Verstorbenen über den Fluss Styx in die Unterwelt transportiert.

Tatsache ist, dass große Teile Europas mit steigenden Temperaturen zu kämpfen haben. Darauf verweisen auch einige Politiker. So twitterte etwa Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zuletzt während seines Urlaubs in Italien, dass „die Hitzewelle“ dort „spektakulär“ sei. „Wenn es so weiter geht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben.“ Als er dann in der Toskana die Stadt Siena besichtigte und die mittelalterlichen Kirchen bewunderte, kam Lauterbach auf eine Idee, die er ebenfalls auf Twitter verbreitete: „Die Kirchen sollten in Hitzewellen als Kälteräume tagsüber offen sein und Schutz bieten.“

Ist es in Italien wirklich so heiß wie Lauterbach sagt?

Um seine Thesen zu bekräftigen, teilte Lauterbach eine Grafik, die von der europäischen Weltraumorganisation (ESA) erstellt wurde. Dort werden Temperaturen angezeigt, die in einigen Regionen Südeuropas bis zu 48 Grad Celsius erreichen sollten. Allerdings: In der knallroten Grafik ist die Rede von Boden- und nicht von Lufttemperaturen. Letzteres wird gewöhnlich in der Meteorologie erfasst und ist deutlich niedriger als die des Bodens. Die Bodentemperatur bezieht sich auf die Temperatur des Erdbodens in einer bestimmten Tiefe, während die Lufttemperatur die Temperatur der umgebenden Luft in einer bestimmten Höhe, nämlich zwei Meter über dem Boden beschreibt.

Was will der Gesundheitsminister mit dieser Kommunikation bewirken? Auf Anfrage der Berliner Zeitung antwortete das Bundesgesundheitsministerium, dass „persönliche Posts des Ministers in sozialen Medien weder kommentiert noch inhaltlich eingeordnet“ werden.

Ende Juni hatte Lauterbach einen Hitzeplan vorgestellt. „Hitzeschutz ist Lebensschutz“, sagte der Minister. Zu den Zielen des Plans gehört, die Bevölkerung über die Folgen von Hitze zu sensibilisieren, die Anzahl der Todesfälle zu reduzieren oder zu vermeiden und darüber hinaus das Auslösen von Interventions- und Kommunikationskaskaden. Dabei handele es sich um das „Auslösen von Schutzmaßnahmen durch gezielte Information“. Um welche Maßnahmen es dabei konkret geht, ist in dem Text nicht weiter erklärt. 

Opposition kritisiert Lauterbach: „Er will Aufmerksamkeit“

In der Opposition sorgt Lauterbachs Kommunikationsstil für Kopfschütteln. „Egal ob es um Corona oder Klima geht, Karl Lauterbach wählt stets den alarmistischen Ton, um maximale Aufmerksamkeit zu erhalten“, sagt Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, der Berliner Zeitung. Lauterbach nutze die Situation, um für seine kürzlich vorgestellten Hitzeschutzmaßnahmen zu werben. „Und dann schreibt er auf Twitter ganz Südeuropa als künftiges Urlaubsziel langfristig ab“, so Sorge. 

Lauterbachs Koalitionspartner FDP lobt den Ansatz eines bundesweiten Hitzeplanes zwar, will aber auch die Ruhe bewahren. „Wir müssen das Thema ernst nehmen, dürfen aber nicht in Panik verfallen“, sagt Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Der Hitzeplan sei nur ein Baustein, um den Herausforderungen zu begegnen.

In Italien stoßen die Aussagen des deutschen Gesundheitsministers derweil auf Unverständnis. „Wir versichern Herrn Minister Karl Lauterbach, dass er, wenn er weiter in den Süden, nach Sizilien, Apulien, Kalabrien, reisen möchte, selbst in diesem heißen Klima nur schwer einen Platz finden wird“, sagte Giuseppe Ciminnisi, Präsident des Tourismusverbandes Fiavet, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seiner Meinung nach ist die These des deutschen Gesundheitsminister „schwer objektiv zu beweisen“.