Landespolitik

Berlins neue Klimapolitik: Morgens und abends darf man noch duschen

Radwege, Klimaschutz, Wasser sparen: Manja Schreiner, Berlins Verkehrs- und Umweltsenatorin von der CDU, macht vieles anders als ihre Vorgängerin von den Grünen. Das gibt Ärger.

Frisches Wasser für den Tiergarten
Frisches Wasser für den TiergartenJörg Carstensen/dpa

Berlins neue Verkehrs- und Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) macht Ernst. Gerade zwei Monate im Amt, setzt sie deutlich andere Akzente als ihre Vorgängerin Bettina Jarasch von den Grünen. So sorgt Schreiners Ankündigung, sie wolle sich alle noch unter Jarasch geplanten Radwegprojekte anschauen, seit Tagen für Trubel. Das könnte auch dazu führen, dass mancher geplante Radweg nicht mehr entsteht, etwa wenn deswegen Fahrspuren oder Parkplätze verschwinden müssten. Inzwischen ist von neun Projekten die Rede, die zumindest vorläufig gestoppt sind.

Vor allem Politiker der ehemals mit der SPD regierenden Grünen und Linken sind entsetzt. Viele andere Berliner, die sich seit Langem über die Pro-Fahrrad-Politik des Vorgängersenats beschwert haben, werden sie unterstützen. Und Manja Schreiner selbst zeigt sich gelassen. Sie wolle pragmatische, nicht ideologische Verkehrspolitik betreiben und setze im Übrigen nur den schwarz-roten Koalitionsvertrag um.

Von der heftigen Kritik an ihrer Radwegepolitik scheinbar unbeeindruckt, wendet sich Senatorin Schreiner nun einem weiteren Grünen-Chefthema zu: dem Klimaschutz. Und auch dabei setzt die CDU-Politikerin andere Schwerpunkte als Bettina Jarasch. Bekanntlich stellt Berlins neue schwarz-rote Landesregierung für die nächsten Jahre bis zu zehn Milliarden Euro für den entsprechenden Umbau der städtischen Infrastruktur zur Verfügung. Doch womit anfangen? Welches können die Schwerpunkte sein?

Manja Schreiner sagt, sie wolle weg von der Fokussierung auf Klimaneutralität, wie es der vorherige rot-grün-rote Senat propagiert hatte. Das Ziel – spätestens im Jahr 2045 – sei ohnehin gesetzt. Sie wolle stattdessen besonderes Augenmerk auf die Anpassung an den Klimawandel legen, sagte Schreiner am Mittwoch anlässlich des fünften Jahrestags der Gründung der Berliner Regenwasseragentur. Die Agentur treibt seit 2018 den Umbau Berlins zu einer „wassersensiblen Stadt“ voran, wie es heißt. Dafür soll ein Großteil der versiegelten Flächen der Stadt von der Kanalisation abgekoppelt werden. Das Regenwasser soll verstärkt in den Untergrund versickern. Der Begriff dafür heißt „Schwammstadt“.

Umweltsenatorin: Die Menschen müssen mit dem Klimawandel umgehen können – die Stadt muss sich anpassen

Senatorin Schreiner unterstützt nach eigenen Angaben die Ziele der Regenwasseragentur. Doch sie will weitere Akzente setzen. „Es geht um die Anpassung an den Klimawandel. Die Menschen müssen mit diesem Wandel, den sie Tag für Tag spüren, auch umgehen können“, sagte sie am Mittwoch. Das bedeute, dass unzählige Anlagen in der gesamten Stadt erneuert, ertüchtigt, verbessert werden müssten.  

Als Beispiel nannte Schreiner den havarierten unterirdischen Abwasserkanal vom Kaiserdamm, einen sogenannten Düker. Dieser Kanal unter der Magistrale im Berliner Westen ist defekt und muss erneuert werden, monatelange Staus und Umfahrungen inklusive. „Dieser Düker ist aus dem Jahr 1906“, sagte Schreiner. Er sei damals zwar gut gebaut worden, hätten ihr Fachleute gesagt, „aber Infrastruktur muss eben auch erhalten werden“. 

Umweltsenatorin Schreiner: Zur Not muss Wasser rationiert werden

Einen ähnlich pragmatischen Ansatz vertritt Schreiner grundsätzlich beim Umgang mit Wasser. Wenn in einem Dürresommer Trinkwasserknappheit herrschen sollte, halte sie auch eine Rationierung von Wasser für denkbar, hatte sie vor zwei Wochen im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses gesagt. Für einen Krisenfall sei ein stufenweiser Maßnahmenplan nötig. Die Arbeiten daran liefen.

Auch am Mittwoch wiederholte Schreiner ihre Idee eines Stufenplans, sprach dabei von „einem Element von mehreren“. Sie halte es für richtig, ein Szenario für Krisen zu entwerfen, auch wenn diese möglicherweise nicht so bald einträten.

Wasserknappheit: In Brandenburg dürfen Gärten nur noch abends gesprengt werden

Doch wie steht es eigentlich um Berlins Trinkwasserkapazitäten? Reichen sie aus? Oder drohen bald schon Verhältnisse wie im Umland?

So verbietet die Stadt Brandenburg an der Havel ab Donnerstag die Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern „durch Pumpen oder Ableiten“, wie es heißt. Außerdem dürfen private Grün- und Gartenflächen nur noch zwischen 18 und 8 Uhr mit Grundwasser gesprengt werden.

Berliner sparen bereits Wasser – doch das reicht noch nicht

Nun ist es in Berlin völlig unüblich, dass sich auch nur irgendwer „durch Pumpen oder Ableiten aus oberirdischen Gewässern“ bedient. Dennoch darf sich Senatorin Schreiner der Berliner Wasserbetriebe (BWB) als Mitstreiter in ihrer Wassersache sicher sein. Das landeseigene Unternehmen hat die Berliner bereits vor einigen Wochen angesichts des stetig sinkenden Grundwasserspiegels zu mehr Sparsamkeit aufgerufen. „Mit der Ausnahme von 2021 haben wir es seit 2018 mit einer Dürresituation zu tun“, sagte BWB-Chef Christoph Donner am Mittwoch. 

Und tatsächlich gehen immer mehr Berliner sparsamer mit Wasser um. So sei im vergangenen Jahr der Trinkwasserverbrauch in Berlin mit insgesamt rund 215,5 Millionen Kubikmetern im Vergleich zum Vorjahr kaum gestiegen – trotz der extremen Hitze im Sommer. Der Pro-Kopf-Verbrauch sei sogar um fünf Liter auf 113 Liter gesunken. Aber, so BWB-Chef Donner: „Von einer Entlastung sind wir weit entfernt.“ Verbraucher müssten weiter und mehr Wasser einsparen.

Neben dem Sparen wollen die Wasserbetriebe den Abwasserkreislauf grundlegend verändern. So wurden im vergangenen Jahr rund 100 Millionen Euro in die Reinigungsqualität der eigenen Kläranlagen gesteckt. Doch das gereinigte Abwasser müsse auch besser genutzt werden, sagte Donner. „Im Moment kennt es nur einen Weg: über Spree, Havel, Elbe in die Nordsee.“ Stattdessen könnten mit gereinigtem Berliner Abwasser die Grünflächen der Stadt bewässert oder eines Tages sogar die Trinkwasserversorgung unterstützt werden. Langfristig könnte sogar die Elbe über Leitungen und Kanäle die Spree stützen, wie es hieß. Das könnte nötig werden, weil durch die Aufgabe des Kohleabbaus in der Lausitz bald kaum mehr Wasser in den Fluss gepumpt würde.

Doch noch sei die Versorgung Berlins mit kühlem Nass sicher, sagte die Sprecherin der Wasserbetriebe, Astrid Hackenesch-Rump: „Man kann guten Gewissens morgens und abends jeweils drei Minuten duschen.“