Heizungsserie

„Mit der Hitze kam der Boom“ – Installateur über Geschäfte mit Klimaanlagen

Ein Kältetechniker aus Berlin baut seit Jahren Klimaanlagen ein, die kühlen und heizen. Im Gespräch zeigt er sich sehr ehrlich. Die Deutschen und die Wärmewende – Teil 7 der Serie.

Geschäftsführer Pierre Angermüller kurz vor der Montage einer Luft-Luft-Wärmepumpe des japanischen Herstellers Daikin.
Geschäftsführer Pierre Angermüller kurz vor der Montage einer Luft-Luft-Wärmepumpe des japanischen Herstellers Daikin.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende

Warten, warten, warten – so könnte man den Markt für Wärmepumpen derzeit beschreiben. Da das Heizungsgesetz vorerst ausgesetzt wurde, erleben einige Installateure jetzt Rückschläge bei Neuaufträgen. Und trotzdem scheint die Branche sehr stark vom Plan des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) profitiert zu haben. 

Neben Heizungsbauern sind mittlerweile auch Akteure aus der Kälte- und Klimatechnik gefragt. „Wir haben alle Hände voll zu tun“, sagt der Gründer der Bienert Kälte- und Klimaanlagen GmbH aus Berlin-Pankow, Steffen Bienert, der Berliner Zeitung. Das Unternehmen hat sich zwar auf die Installation von Luft-Luft-Wärmepumpen, sprich Split-Klimaanlagen, sowohl im Firmen- als auch im Privatbereich spezialisiert, baut aber vereinzelt auch Luft-Wasser-Wärmepumpen in der Hauptstadt und in Brandenburg ein.

Lange Wartezeiten bei Wärmepumpen: „Dann muss ich sie auf Dezember vertrösten“

Der 70-Jährige hat Diesellockbau und Wirtschaft studiert, später mit einem Freund eine Firma für Lufttechnik gegründet, eine Kältefachschule besucht und schließlich einen Meister im Kältebau abgelegt. Seit 2019 ist er als eigenständiger Berater für den Berliner Kleinbetrieb tätig – neuer Geschäftsführer ist Pierre Angermüller. Vor Ort schaut er sich bei Privatkunden die Bedingungen für eine Wärmepumpe bzw. Klimaanlage an, macht ihnen ein entsprechendes Angebot – „und dann muss ich sie aber auf Dezember vertrösten“.

Stillstand gebe es auf keinen Fall, aber warum so lange Wartezeiten? „Wir können sie nicht mehr alle bedienen, der Andrang ist zu groß“, sagt Bienert. Das Angebot zu erstellen, dauere zwei Tage. Die Auftragslage sei jedoch so massiv, dass Privatkunden erst im Winter mit einem Gerät ausgestattet werden könnten. „Wer sich zwischen Januar und März noch nicht entschieden hat“, laut dem Ost-Berliner die Saure-Gurken-Zeit, „muss mit hohen Wartezeiten rechnen.“

Split-Klimaanlage bzw. Luft-Luft-Wärmepumpe zum Heizen – ist das ein neuer Trend? Ein Betrieb aus Berlin-Pankow deckt die Probleme auf.
Split-Klimaanlage bzw. Luft-Luft-Wärmepumpe zum Heizen – ist das ein neuer Trend? Ein Betrieb aus Berlin-Pankow deckt die Probleme auf.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende

Zusätzlich zu langfristigen Aufträgen bei Firmenkunden baue der Berliner Betrieb in der Woche drei bis vier Klimaanlagen in Einfamilienhäusern oder beispielsweise Dachgeschosswohnungen ein. Vor dem Entwurf des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) seien im Sommer die meisten Anträge für die Klimaanlagen eingegangen: „Mit der Hitze kam der Boom für die Geräte, die bis dato von den Kunden nur für das Kühlen vorgesehen waren, aber jetzt ist es anders.“

Die Firma habe immer gewusst, mit wie vielen Einbauten sie im Jahr zu rechnen hätten, genauso die Lieferanten. Die Kunden konnten immer bedient werden, sagt Bienert. Mit dem plötzlichen Boom aber sei es wie mit der Fotovoltaik: Wollen es alle auf einmal haben, muss die Industrie zusehen, wie sie dem Bau hinterherkommt.

Infobox image
Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung Wochenende
Gründer und Namensgeber der Firma: Steffen Bienert
Steffen Bienert (70) hat Diesellockbau und Wirtschaft studiert. Bis zur Wende hat er aber als Fernfahrer gearbeitet. Als der Kraftverkehr abgewickelt wurde, gründete er nach eigenen Angaben mit einem Freund eine Firma für Lufttechnik – es folgte die Aufteilung in die Bienert Kälte- und Klimaanlagen GmbH und eine Lüftungstechnik GmbH. Bienert besuchte zudem eine Kältefachschule in Karlsruhe und legte schließlich einen Meister im Kältebau ab. Bis 2019 war er Geschäftsführer der Bienert GmbH und bis heute unterstützt er die Firma beratend. 

Heizungsgesetz: Energiekrise ändert alles und macht aus der Kühlung eine Heizung

Legten sich die Haushalte bislang eine Split-Klimaanlage zu, sei die Kühlung das Hauptaugenmerk gewesen – der Trend zeige jedoch: Jetzt ist das Heizen mit der Luft-Luft-Wärmepumpe angesagt. „Für uns ist diese Sache eigentlich erst seit der Energiekrise aktuell geworden.“ Dabei ist die Funktion alles andere als neu und dem Berater längst geläufig. Viele seiner Kunden seien der Meinung gewesen, dass eine Luft-Luft-Wärmepumpe energetisch nicht sinnvoll sei, wegen des Stromverbrauchs. Sie hätten nicht erkannt, dass damit bessere Leistungszahlen als mit herkömmlichen stromziehenden Geräten wie beispielsweise Ölradiatoren erreicht werden könnten.

„Mit einem Kilowatt elektrischer Energie können bis zu vier Kilowatt Heizleistung generiert werden – das ist elektrisch immer günstiger, als die vier Kilowatt über Gas, Öl oder Fernwärme zu erzeugen“, sagt Bienert. Das hänge auch mit den physikalischen Eigenschaften der Kältemittel zusammen. Reine Fluorchlorkohlenwasserstoffe dürfen seit 2015 nicht mehr eingesetzt werden. Dadurch habe sich der Markt für Kältemittel entwickelt: „Sie sind effizienter, leistungsfähiger und günstiger geworden.“

Das nimmt Zeit in Anspruch: Obermonteur Thomas Wenzel installiert die Innengeräte der Split-Klimaanlage.
Das nimmt Zeit in Anspruch: Obermonteur Thomas Wenzel installiert die Innengeräte der Split-Klimaanlage.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende

Preise: „Gastherme für einen Appel und ein Ei“ – und die Wärmepumpe?

Preislich gibt der Profi für Klimaanlagen im Einfamilienhaus eine Spanne zwischen 3000 und 10.000 Euro an, jedoch komme es neben der Größe der Wohnfläche und dem Dämmzustand auch auf die Länge der Leitungen des Hauses an. Bei Luft-Wasser-Wärmepumpen liege man hingegen schon bei 30.000 Euro für das Gerät, inklusive Montage. „Dagegen bekomme ich eine Gastherme gefühlt für einen Appel und ein Ei“, sagt Bienert. Die „normale“, also die eigentliche Luft-Wasser-Wärmepumpe, amortisiere sich bei jungen Familien in 30 bis 40 Jahren. Für ältere Jahrgänge hingegen sei das „nicht lukrativ“.

Die Klimaanlagen sind ihrerseits günstiger und inzwischen auch besonders gefragt. Jede Klimaanlage sei heute mit dem technischen Fortschritt sowohl zum Kühlen als auch zum Heizen ausgelegt, sagt Bienert. „Die Leute waren immer erstaunt, wenn ich ihnen sagte, die Klimaanlage heize schneller als ihre träge Fußbodenheizung.“ Der Raum könne damit, entgegen der Flächenheizung, innerhalb weniger Minuten aufgewärmt werden. Aber wird Klimaanlagen nicht nachgesagt, sie würden schnell krank machen?

Sommerurlaub: Krank durch Klimaanlage – wer kennt es nicht?

Sommerurlaub auf Mallorca: Reservierte Handtücher auf den Sonnenliegen, überfülltes Büfett und unendliche Hitze – da bekommt All-inklusive eine ganz andere Bedeutung, wenn es darum geht, es sich auf dem Zimmer dank Klimaanlage gemütlich zu machen. Aber plötzlich, einen Tag später, wachen wir dann mit Halskratzen und Schnupfen auf. Klimaanlagen machen krank – ein Mythos? Bienert sagt Ja, denn eigentlich könnten die Anlagen sogar die Luft filtern. Dass sie dennoch mit Erkältung in Verbindung gebracht werden, kann er erklären: „Das hängt damit zusammen, dass viele Wartungen wie zum Beispiel die Desinfektion und die Reinigung der Anlage vernachlässigt wurden.“ Das müsse man schon machen, aber dann sei es ein „super System“.

Geschäftsführer Pierre Angermüller mit den Staubfiltern für die insgesamt drei Innengeräte der Klimaanlage.
Geschäftsführer Pierre Angermüller mit den Staubfiltern für die insgesamt drei Innengeräte der Klimaanlage.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende

Aber aufgepasst: Auch Klimaanlagen haben ihre Grenzen. Bienert klingt nicht wie ein typischer Wärmepumpenverkäufer, der das Gerät hoch in den Himmel lobt. Nein, er ist ehrlich: Es gibt wie überall natürlich auch Einschränkungen. „Es liegt bei den Klimaanlagen keine 100-Prozent-Leistung mehr vor, wenn das Haus frei steht und im Winter Außentemperaturen von minus zehn Grad herrschen.“ In der Übergangszeit, sprich bis minus drei Grad, sei der Wärmeanteil der Luft jedoch noch ausreichend. Und nun die Wendung des Technikers: Die Klimaanlage als Heizung ist damit in Städten wie Berlin, wo eisige Außentemperaturen eine Seltenheit sind, durchaus sinnvoll.

Wo eigenen sich die günstigeren Luft-Luft-Wärmepumpen nicht?

Außerdem stellt Bienert klar, dass sich Luft-Luft-Wärmepumpen zum Heizen zwar eignen würden, jedoch sei hier von Einfamilienhäusern mit bis zu vier Personen die Rede. Bei Mehrfamilienhäusern sei es mit dem Split-Gerät aber nicht getan, warnt Bienert. Für die Warmwasserbereitung werde in größeren Häusern ein zusätzliches Gerät wie eine kleine Luft-Wasser-Wärmepumpe oder etwa eine Gasheizung benötigt.

Und hier kommt gleich der nächste Kritikpunkt um die Ecke: Luft-Wasser-Wärmepumpen kämpfen laut Bienert mit enormen Lieferengpässen. Warum? „Weil schlichtweg die Industrie nicht vorbereitet war.“ Die Menschen würden aufgrund des Engpasses beim Gas nun Alternativen suchen. Die Politik habe diesen Effekt mit der GEG-Novelle auch noch verstärkt.

Einfamilienhaus im Rohbau: Die Bienert GmbH installiert an einem Tag Außen- und Innengeräte der Wärmepumpe.
Einfamilienhaus im Rohbau: Die Bienert GmbH installiert an einem Tag Außen- und Innengeräte der Wärmepumpe.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende
Einzelteile, Geduld und Erfahrung – vor allem das braucht es, um die Split-Klimaanlage funktionstüchtig zu machen.
Einzelteile, Geduld und Erfahrung – vor allem das braucht es, um die Split-Klimaanlage funktionstüchtig zu machen.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende

Im privaten Bereich mussten sie beispielsweise ein Dreivierteljahr auf die Lieferung einer Luft-Wasser-Wärmepumpe warten. Ein Berliner Supermarkt wollte das Gerät installieren, doch es stellte sich heraus, dass die Wärmepumpe eines deutschen Herstellers nicht geliefert werden konnte. Zum Glück sei die Geschichte aber gut ausgegangen, wie der Ost-Berliner sagt. Die Bienert GmbH baut vor allem japanische Marken ein, zufälligerweise war ein Produkt mit gleichwertiger Leistung lieferbar. Da der Supermarkt pünktlich eröffnen wollte, gab er sich auch mit der japanischen Luft-Wasser-Wärmepumpe zufrieden. Haben demnach nur die deutschen Hersteller Probleme bei der Einhaltung von Lieferzeiten? „Nein, Lieferprobleme gibt es über alle Marken hinweg.“

Für ein Einfamilienhaus im brandenburgischen Leegebruch ist eine Kombination aus Luft-Wasser-Wärmepumpe für die Warmwasserbereitung (l.) und Luft-Luft-Wärmepumpe für Heizung und Kühlung vorgesehen.
Für ein Einfamilienhaus im brandenburgischen Leegebruch ist eine Kombination aus Luft-Wasser-Wärmepumpe für die Warmwasserbereitung (l.) und Luft-Luft-Wärmepumpe für Heizung und Kühlung vorgesehen.Maximilian Gödecke für Berliner Zeitung am Wochenende

Installateur: Habecks Heizungsgesetz sei zu ad hoc. „Wer soll das alles stemmen?“

Wo wir schon bei Problemen sind, kommen wir doch auf den anfangs erwähnten Minister Habeck und seinen Vorschlag zurück, der anscheinend ganz schön Staub in der Branche aufgewirbelt hat. Was hält Bienert von dem geplanten Heizungsgesetz, immerhin verschafft es ihm ja noch dickere Auftragsbücher als zuvor? „Davon halte ich nichts“, sagt er prompt. Es sei einfach zu ad hoc. Man müsse der Industrie mehr Möglichkeiten geben, mehr Zeit lassen, die Produktion und den Einbau zu bewältigen.

Auch der Arbeitsmarkt bereitet Bienert Sorgen. „Es gibt kaum Fachleute, die die Dinger einbauen.“ Selbst wenn die Wärmepumpen lieferfähig im Lager stehen würden, wer sollte sie einbauen? „Wir suchen dringend Leute“, sagt Bienert. Es gebe kaum noch Jugendliche, die sich für die Handwerker-Karriere entscheiden würden – egal ob im Heizungs-, Sanitär- oder Kältebereich. „Das Heizungsgesetz ist vielleicht von der Sache her schön, aber wer soll das alles stemmen?“

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de