Affäre um Patricia Schlesinger

RBB-Mitarbeiter meist ohne Abfindung gefeuert. Gilt das auch für Schlesinger?

Der Meteorologe Frank Abel hat jahrelang für den Rundfunk Berlin-Brandenburg gearbeitet. Er kennt die Praxis, wie nach Belieben eingestellt und entlassen wird.

Frank Abel sagt die Wetteraussichten an.
Frank Abel sagt die Wetteraussichten an.privat

Von den Rundfunkgebühren hat sich die Chefetage des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) ein luxuriöses Dasein geleistet. Die rund 1500 „arbeitnehmerähnlich“ beschäftigten freien Mitarbeiter mussten dagegen seit Jahren immer wieder Kürzungen hinnehmen. Mit „Sparzwängen“ begründete dies die Geschäftsführung.

Frank Abel, der bei der früheren Sendung „Zibb“ („Zuhause in Berlin & Brandenburg“) zwei Jahre lang das Wetter moderierte, hat die Entlassungskultur bei dem Sender persönlich kennengelernt. Er sagt: „Wir haben es nicht persönlich, sondern über eine Pressemitteilung erfahren, dass die Sendung eingestellt wird.“ Es habe immer geheißen: „Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen.“ Doch tatsächlich hätten von den 74 freien Mitarbeitern nur wenige eine andere Beschäftigung bei dem Sender gefunden.

Etwa 50 standen danach auf der Straße. So auch der Meteorologe Frank Abel, der drei Kinder hat und dem die Hälfte seines Einkommens wegbrach. Die Sendung „Zibb“ wurde von November 2003 bis zum 10. Dezember 2021 im Vorabendprogramm ausgestrahlt und informierte über aktuelle Ereignisse in Berlin und Brandenburg.

Wetterbericht nur noch vorproduziert aus Frankfurt

„Natürlich ist so eine Sendung kostenintensiv, weil die Mitarbeiter draußen im Land recherchieren“, sagt Abel. „Aber das ist doch der Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen.“

Die Wetterberichte unter anderem für den RBB und andere Regionalprogramme werden jetzt im ARD-Wetterkompetenzzentrum in Frankfurt am Main bis zum späten Nachmittag vorproduziert. „Das heißt: Der RBB kann nicht mehr regional reagieren und zeitnah warnen, etwa wenn eine schwere Gewitterfront über Charlottenburg droht“, sagt Abel, der außerdem noch für Radio SAW arbeitet.

In dem Sender machen etwa 1500 „arbeitnehmerähnliche Freie“, die wie Festangestellte verwendet werden, die Hauptarbeit und gestalten das Programm. Viele „feste Freie“ dürfen auch nur an wenigen Tagen im Monat arbeiten, damit sie keine feste Stelle einklagen können.

Von den „aus Spargründen“ gefeuerten Mitarbeitern bekam niemand eine Abfindung. Die verlangt aber offenbar die wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft zurückgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger.

„Ein goldener Handschlag ist den Beitragszahlern nicht vermittelbar“

Doch mehrere Landespolitiker sprechen sich inzwischen dagegen aus. Die RBB-Chefin hatte am Sonntag angesichts zahlreicher Vorwürfe ihren Rückzug erklärt. Der brandenburgische SPD-Fraktionschef Daniel Keller sagte am Mittwoch: „Sollten sich diese Pflichtverletzungen, die hier im Raum stehen, bewahrheiten, wäre die Zahlung einer Abfindung ein fatales Zeichen gegenüber den Mitarbeitenden des RBB und der Öffentlichkeit.“

Der Chef der mitregierenden CDU-Fraktion im Brandenburger Landtag, Jan Redmann, äußerte sich ähnlich. Ein goldener Handschlag zulasten der Beitragszahler erscheine in dieser Situation nicht vermittelbar. „Wenn eine Kassiererin für einen unterschlagenen Pfandbon gekündigt wird, muss das erst recht für eine herausgehobene öffentliche Repräsentantin gelten.“

Der RBB-Rundfunkrat will sich schon am Montag über Details der Trennung von Intendantin Patricia Schlesinger verständigen. Der Termin für die Sondersitzung sei von Dienstag auf Montag vorverlegt worden, bestätigte die Vorsitzende des Kontrollgremiums für den RBB, Friederike von Kirchbach, dem Evangelischen Pressedienst am Donnerstag in Berlin.

Generalstaatsanwaltschaft zieht das Verfahren an sich

Das Online-Medium Business Insider hatte den Fall Ende Juni ins Rollen gebracht. Es geht um die Frage, ob Schlesinger und der inzwischen zurückgetretene Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf miteinander einen zu laxen Umgang bei der möglichen Kollision von Interessen gepflegt haben könnten. Beide wiesen Vorwürfe zurück.

Dabei spielen Beraterverträge für ein inzwischen auf Eis gelegtes RBB-Bauprojekt und Aufträge für Schlesingers Ehemann bei der landeseigenen Messe Berlin eine Rolle. Wolf war dort auch Aufsichtsratschef. Diesen Posten gab er nun auch zurück.

Seit einigen Tagen ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Schlesinger wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme. Wegen der Bedeutung des Falls übernahm nun die Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren, wie ein Sprecher am Donnerstag bestätigte. Ermittelt wird auch gegen Schlesingers Mann, Ex-Spiegel-Journalist Gerhard Spörl, und gegen den bisherigen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. (mit dpa)