Für ihre wachsende Elektrobusflotte testen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ein neues Ladesystem. Es ist eine Technik, die auf den ersten Blick ungewöhnlich vorkommen mag. Kernstück ist eine Anlage, die das Landesunternehmen testweise auf dem Busbetriebshof Lichtenberg aufgestellt hat. Sie verbrennt Kraftstoff, um E-Busse mit Energie zu versorgen. Mithilfe eines Verbrenners werden Batterien geladen? Ja – aber der Generator nutzt einen besonderen Brennstoff.
Er sei schon seit einigen Jahren auf dem Betriebshof in der Siegfriedstraße stationiert, erzählt ein Busfahrer der Berliner Zeitung. Deshalb wusste er sofort, dass da etwas Neues vor sich ging, als er vor kurzem auf dem Gelände ein ungewöhnliches Geräusch hörte, berichtete er. Als er herausfinden wollte, worum es ging, stand er plötzlich vor einem mobilen Generator, der einen Elektrobus mit Strom versorgte. „Das Geräusch hörte sich an wie bei einem Dieselgenerator“, sagte der BVGler. Kann das wirklich wahr sein?
Eine Nachfrage der Berliner Zeitung bei der BVG ergab, dass neuerdings tatsächlich fünf E-Busse auf dem Hof Lichtenberg stationiert sind und deren Batterien dort aufgeladen werden. Richtig sei auch, dass auf dem Gelände ein neues Ladesystem erprobt werde. Getestet werde, ob sich Aggregate dieser Art für das Elektrifizierungskonzept des Unternehmens sinnvoll nutzen lassen. „Das erklärte Ziel ist und bleibt die Umstellung der gesamten Flotte bis 2030“, so BVG-Sprecher Markus Falkner.
„Gerade in Außenbereichen bietet sich eine mobile Lösung an“
Mit dem Test in Lichtenberg sollen mehrere Herausforderungen adressiert werden, sagte ein Busexperte des Unternehmens. So sei das Stromversorgungsnetz noch längst nicht überall in Berlin so weit, um viele neue E-Bus-Ladestationen mit Energie beliefern zu können. Zudem stoße der Bau von Ladepunkten mancherorts auf Schwierigkeiten, vor allem, wenn sie außerhalb dicht bebauter Gebiete entstehen sollen.
Für viele Endstationen und andere Bushaltestellen sei absehbar, dass umfangreiche Tiefbauarbeiten nötig würden und komplizierte Genehmigungsverfahren zu absolvieren wären, um feste Ladestationen zu bauen. „Gerade in Außenbereichen bietet sich deshalb eine mobile Lösung an, die keine Verbindung mit dem Stromnetz erfordert“, erklärte der BVGler. Die E-Tankstelle wird per Lkw geliefert und kann bald danach loslegen.
Den Verdacht, dass in Lichtenberg Erdölprodukte verbrannt werden, um Busbatterien zu laden, kann die BVG allerdings entkräften. Das Aggregat werde nicht mit Diesel betankt, es verbrenne Bio-Ethanol, heißt es. Experten berichten, dass solche Generatoren seit einiger Zeit auf dem Markt sind. Ein Anbieter hat seinen Sitz in Wildau. Am 8. August besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Start-up me energy. Es bietet eine Schnellladestation an, die mit nachhaltigem Bio-Ethanol funktioniert, das aus pflanzlichen Reststoffen gewonnen wird. „Damit steht das Ausgangsprodukt nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung, sondern ermöglicht eine effektive Kreislaufwirtschaft, indem Bio-Abfälle zu Energie verwertet werden“, so der Hersteller.
„Die Elektrifizierung unserer Busflotte wird mit großem Einsatz vorangetrieben“, bekräftigte BVG-Sprecher Markus Falkner. Derzeit habe das Unternehmen 204 E-Busse im Einsatz. „Bis Jahresende wird die Zahl auf 228 steigen. Die nächsten Ausschreibungsverfahren für solche Fahrzeuge sind in Arbeit.“
Bald werden E-Busse auch in Britz und Wilmersdorf stationiert
Abgesehen von dem Busquintett in Lichtenberg seien alle E-Busse auf dem Hof Indira-Gandhi-Straße im Nordwesten Lichtenbergs stationiert. „Mit Hochdruck läuft der Umbau auf den Höfen Britz und Cicerostraße. Noch in diesem Jahr sollen die ersten E-Busse von dort in den Linieneinsatz gehen“, so Falkner.
Zum Gesamtkonzept zähle auch nach wie vor der Einsatz von Doppelgelenkbussen im Rahmen eines Pilotprojektes, kündigte der Unternehmenssprecher an. Die Details des Testeinsatzes, wozu auch die Linienführung gehört, würden derzeit mit dem Land Berlin abgestimmt, sagte er. Bislang waren stark genutzte Strecken im Westen Berlins im Gespräch: die Linie M32 vom Rathaus Spandau nach Staaken sowie die Heerstraße, auf der Busse der Linien M49, X49 und X34 in Richtung Charlottenburg unterwegs sind. Eine frühere Idee, Oberleitungsbusse fahren zu lassen, wird nicht weiterverfolgt.
Doppelgelenkbusse haben eine größere Kapazität als die heutigen Busse. Im Juni vergangenen Jahres wurde auf dem Busbetriebshof Spandau ein Fahrzeug des belgischen Herstellers Van Hool aus Linz präsentiert, das allein schon durch seine Länge auffiel: knapp 24 Meter. Drinnen bietet das Niederflurfahrzeug rund 60 Sitzplätze. Insgesamt hat es Raum für insgesamt rund 180 Fahrgäste. Darum werden vier Ein- und Ausgänge benötigt. Es ist ein für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich großes Vehikel. Allerdings war die Heerstraße einst eine stark frequentierte Achse im West-Berliner Straßenbahnnetz. Auch heute werden auf der schnurgeraden Magistrale viele Fahrgäste befördert.
Mehr als 50 ADL-Doppeldecker aus Großbritannien sind nicht im Einsatz
Gab sich die BVG zuversichtlich, dass noch in diesem Jahrzehnt erstmals elektrische Doppelstockbusse durch Berlin fahren werden, äußert sie sich heute zurückhaltend dazu. „Auch elektrische Doppeldecker stehen auf unserer Liste“, so Falkner. „Wir beobachten intensiv den Markt und hoffen, dass in absehbarer Zeit Fahrzeuge mit den in Berlin benötigten Kapazitäten verfügbar sein werden.“ Daraus lässt sich ableiten, dass die Leistungsfähigkeit der verfügbaren E-Doppeldecker nicht den BVG-Ansprüchen genügt.

Wie berichtet, schafft das Unternehmen jetzt erst einmal dieselbetriebene Doppeldeckerbusse des schottischen Herstellers Alexander Dennis Limited (ADL) an – für rund 600.000 Euro das Stück. Ende 2021 traf der erste Enviro 500 ein. Damals hieß es, dass die Flotte bis Frühjahr 2023 auf 200 Busse wachsen sollte. Nun ist von Ende September 2023 die Rede. Anfang August teilte die BVG mit, dass inzwischen 145 Doppeldecker aus Großbritannien zu ihrem Bestand gehören. Allerdings seien 40 ADL-Fahrzeuge in der Wartung oder würden „kleineren Garantiearbeiten“ unterzogen.
Die Technikprobleme scheinen allerdings gravierender zu sein als dargestellt wird. Mitte August sah die Bilanz schon schlechter aus. „Britz hat derzeit 55 ADL-Busse, davon stehen 16 wegen Mängeln“, hieß es auf dem dortigen Busbetriebshof. Auf dem Hof Cicerostraße in Wilmersdorf war zu erfahren: „36 von 85 sind nicht im Einsatz.“








