Als Mario Czaja fragt, wer sein Haus mit Gas heizt, heben fast alle im Saal ihre Hände. Czaja setzt noch einmal an: Wer heizt mit Öl? Hier und da meldet sich jemand. Wer heizt anders? Drei Bürger, die an diesem Abend gekommen sind, haben eine Pelletheizung in ihrem Haus, stellt sich heraus.
Der Generalsekretär der CDU hat Eigenheimbesitzer aus seinem Wahlkreis eingeladen, um mit ihnen über ihre Heizungen zu sprechen. Czaja ist auch Bundestagsabgeordneter, direkt gewählt in Marzahn-Hellersdorf. Zu Beginn des Abends legt er seine hellblaue Krawatte ab, die er eben noch im Parlament getragen hat, und sagt, dass sein Abgeordnetenbüro mit Fragen zu Heizungen derzeit überschüttet werde. „Verunsicherung, Sorgen und Angst sind im ganzen Land zu spüren“, sagt Czaja.
Robert Habeck, der Bundeswirtschaftsminister, hat Eigenheimbesitzer in Aufruhr versetzt. Er will die große Wende beim Heizen in Deutschland. Anlagen, die Gas oder Öl verfeuern, fossile Brennstoffe, sollen raus aus den Häusern. Es ist das politische Thema des Jahres. Das Reizwort des Jahres ist: Wärmepumpe. Diese Heizung gilt als ökologisch korrekt und soll künftig in Deutschland vorherrschen.
In Marzahn-Hellersdorf gibt es nicht nur Großsiedlungen mit Hochhäusern, sondern auch 30.000 Einfamilienhäuser, sagt Alexander J. Herrmann, der für die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt und unter anderem den Ortsteil Kaulsdorf Nord vertritt, wo der Abend stattfindet. Im Saal der katholischen Gemeinde St. Martin sind alle 125 Plätze besetzt, mehr als 300 Menschen wollten sich sofort für den Abend anmelden. Vor allem ältere Menschen sind gekommen, Paare sitzen mit besorgten Gesichtern nebeneinander, Männer halten Stift und Zettel bereit.

Ausnahme für Eigentümer, die älter als 80 sind
Wie darf man in Zukunft noch sein Haus warm bekommen? Es gibt einen Gesetzentwurf von Robert Habeck zu dieser Frage. Weil die Bundesregierung nicht richtig erkläre, was auf Eigenheimbesitzer zukomme, werde die CDU an diesem Abend als „Service-Opposition“ aktiv, sagt Alexander J. Herrmann.
Ein weiterer Abgeordneter aus dem Bundestag ist da, Andreas Jung, er wird als Experte der Union für Energiethemen vorgestellt, außerdem Jutta Gurkmann vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. Sie habe auch noch immer nicht alles verstanden habe, was im Gesetzentwurf von Habeck stehe, sagt sie. Dabei rufen auch bei den Verbraucherzentralen die Menschen schon massenhaft an. Die ganze Situation sei „sehr unglücklich“, sagt Gurkmann.
Die Verbraucherschützerin rät davon ab, sich jetzt noch schnell eine Öl- oder Gasheizung einbauen zu lassen. Sie kommt auf die Ausnahme zu sprechen, die es für Hausbesitzer geben soll, die älter als 80 sind. Sie sollen nicht verpflichtet werden, beim Einbau einer neuen Heizung ein Modell zu wählen, das zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Sie erklärt, dass Reparaturen an Heizungen, die man schon hat, weiter möglich sein sollen.
Der konkreteste Rat, den Gurkmann den Eigenheimbesitzern in Kaulsdorf an diesem Abend geben kann, geht ins Zwischenmenschliche. Man solle seine Heizungsanlage gut pflegen, aber nicht nur die: „Pflegen Sie Ihren Heizungsmonteur!“, rät die Verbraucherschützerin. Man solle Kaffee anbieten. Es geht jetzt darum, gemeinsam Zeit zu gewinnen.
Ein Mann, der sich als Schornsteinfeger aus Mahlsdorf-Süd vorstellt, meldet sich als Erster zu Wort. Er sei zum „Überbringer der schlechten Nachrichten“ geworden, seitdem der Gesetzentwurf von Habeck bekannt sei, er werde an jedem Tag „von jeder einzelnen Person“, die er als Schornsteinfeger besuche, gefragt, was denn nun werden solle. Welche Heizung man einbauen könne, wenn die Gas- oder Ölheizung kaputt geht. Trotz aller Pflege.
In seinem Einsatzgebiet seien Erdwärmepumpen verboten, „weil wir im Trinkwasserschutzgebiet sind“, erklärt der Schornsteinfeger, es blieben die Luftwärmepumpen, kombiniert mit Solaranlagen auf den Dächern, „eine Lösung, die um die 60.000 Euro kostet“, sagt er. „Die Menschen stehen vor der Panik.“ Vor allem die Älteren, die ihre Ersparnisse für später bräuchten, für die Pflege etwa, müssten vor diesem Gesetz geschützt werden.

Wärmepumpe: „Das Lieblingskind der Grünen“
Der Schornsteinfeger bekommt den größten Applaus des Abends. Mario Czaja schimpft auf Christian Lindner, den Finanzminister von der FDP, der sein Vetorecht gegen das Gesetz nutzen könnte, aber bisher nur Bedenken angemeldet hat. Die Männer von der CDU, die vor den Eigenheimbesitzern stehen, versprechen, als Opposition alles zu versuchen, was noch versucht werden kann; zum Beispiel wollen sie sich dafür einsetzen, dass jeder, der auf eine neue Heizung umsteigt, 50 Prozent der Kosten über eine Förderung erstattet bekommt. Kein Gesetz komme so aus dem Parlament heraus, wie es ins Parlament eingebracht werde, sagt Andreas Jung. Die Wärmepumpe nennt er das „Lieblingskind der Grünen“.
Die Eigenheimbesitzer im Publikum werden immer unruhiger. Einer schimpft über den „Kinderbuchautor“, der ihnen alles eingebrockt hat, Robert Habeck. Eine Frau sagt, es gebe „recht massive Angst“. Geht es denn wirklich am 1. Januar 2024 schon los? Tritt das Gesetz, das noch niemand ganz versteht, dann in Kraft? Was passiert, wenn man sich jetzt eine Öl- oder Gasheizung kauft, aber bis Januar keinen Handwerker gefunden hat, der sie einbaut?, fragt eine Frau. Die CDU-Politiker versichern, sie würden „die Sorgen mitnehmen“, in den Bundestag.






