Heizungen

Habecks „Wärmewende“: Man stelle sich vor, die Chinesen hätten Viessmann gekauft

Die deutsche Heizungsbranche war einst bei Öl- und Gasheizungen die Nummer eins in Europa. Jetzt kommt Habeck und will nur noch Wärmepumpen. Beginnt damit der Ausverkauf? Ein Kommentar.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Pressekonferenz zur Wachstumsprognose der Bundesregierung am 26. April
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Pressekonferenz zur Wachstumsprognose der Bundesregierung am 26. AprilMichael Kappeler/dpa

Der amerikanische Konzern Carrier Global übernimmt den Großteil des mittelständischen Heizungsherstellers Viessmann aus Allendorf, Hessen. Das hat Viessmann am Dienstagabend mitgeteilt, ohne auf die Gründe einzugehen. Man schaffe gemeinsam einen neuen globalen Champion für Klima- und Energielösungen, hieß es.

Die Nachricht hätte unter anderen Umständen vielleicht nicht für so viel Aufsehen gesorgt, wenn Viessmann nicht der deutsche Marktführer beim Bau von Wärmepumpen wäre. Mit dem von Wirtschaftsminister Robert Habeck geplanten Verbot für neue Öl- und Gasheizungen ab 2024 wird das Geschäft mit der Technik sehr lukrativ. Es verspricht Herstellern sagenhafte Profite, solange der Markt nicht gesättigt ist. Und das wird noch lange dauern. Denn Habeck will, dass bis 2030 mindestens sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland installiert sind. Bislang sind es gerade mal eine Million Geräte. Das Angebot kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten.

Viessmann-Verkauf: Habeck freut sich über „Investitionen“ in Wärmepumpen

Habeck will den Verkauf des deutschen Unternehmens an die Amerikaner erst mal überprüfen und das Gespräch mit dem Verkäufer und dem Käufer so führen, damit „das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient“, wie der Wirtschaftsminister am Mittwoch sagte.

Es könnte der falsche Eindruck entstehen, dass er von der Übernahme bis vor kurzem nichts gewusst habe oder dass dem Verkauf noch etwas im Wege stünde. Nur scheinen die Grünen mit den politischen Lobbyisten von Viessmann, vertreten durch Kai Roger Lobo, all zu gut vernetzt zu sein. Vor drei Tagen berichtete Lobo von einer mit den Grünen gemeinsamen Konferenz zur Wärmewende am 5. Mai, auf der Habeck eine Eröffnungsrede halten werde. Nur wird Habeck dann bei einem bald größtenteils amerikanischen Unternehmen sprechen.

Habeck spricht übrigens nicht von einer „Übernahme“, sondern freut sich über die „Investitionen“. Der geplante Verkauf des Geschäftsbereichs von Viessmann zeige, sagte Habeck am Mittwoch, dass deutsche Unternehmen weiter leistungsfähig seien und der Markt für Wärmepumpen so attraktiv sei, dass er Investitionen anziehe.

Würde Habeck aber genauso zuversichtlich auftreten, wenn nicht ein amerikanischer, sondern ein chinesischer Konzern den führenden Wärmepumpen-Hersteller Deutschlands übernommen hätte?

Nach Viessmann: Werden USA und China den deutschen Heizungsmarkt übernehmen?

Der Grünen-Wirtschaftsminister war der Erste im Bundeskabinett, der sich vehement gegen den Teilverkauf eines Terminals im Hamburger Hafen an das chinesische Unternehmen Cosco Ende November stellte und ein Veto gegen den „strategischen“ Anteil von 35 Prozent einlegte. Am Ende kamen für Cosco nur 24,9 Prozent heraus. Welchen Anteil Carrier Global an Viessmann erhält, ist noch unklar, aber es geht um eine strategische Mehrheit: Der Geschäftsbereich „Klimalösungen“ macht nach Angaben der Firma heute etwa 85 Prozent des Umsatzes aus.

Am Ende bleibt die traurige Realität. Noch vor kurzem war die deutsche Heizungsbranche technisch und technologisch die Nummer eins in Europa im Bereich Öl- und Gasheizungen. Mit der Wärmepumpen-Offensive der Ampelregierung werden die alten fossilen Technologien nicht mehr gefragt, und die neuen sind gegenüber den amerikanischen oder asiatischen Herstellern noch nicht wettbewerbsfähig.

Die deutschen Hersteller drohen daher langsam ausverkauft oder vom Heizungsmarkt hierzulande durch Importe verdrängt zu werden: im ersten Fall von den Amerikanern und im zweiten von den Chinesen. Die gute Nachricht: Wärmepumpen dürften dadurch schneller günstiger werden. Die schlechte: Deutschland würde im Technologiesektor keine Rolle mehr spielen. Na herzlichen Glückwunsch auch, Herr Habeck.

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