Eine wichtige Berliner U-Bahn-Strecke wird kürzer, für mehr als zwei Jahre. Heute ist die U6, die in Alt-Mariendorf beginnt, knapp 20 Kilometer lang. Doch ab Herbst werden es nur noch 15,5 Kilometer sein. Denn die Linie wird wegen Bauarbeiten nicht mehr wie bisher in Alt-Tegel, sondern schon im Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz enden. Eines der größten U-Bahn-Sanierungsprojekte beginnt – und wird bis ins Jahr 2025 gravierende Folgen für die Fahrgäste haben. Für sie gilt das Motto: Bus statt U-Bahn.
Das Team von U-Bahn-Chef Uwe Kutscher arbeitet auf Hochtouren. Noch ist einiges vorzubereiten, noch sind Zeitpläne festzuzurren, Details festzulegen. Doch klar sei: Der U-Bahn-Verkehr auf der U6 zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel wird eingestellt, sagte Kutscher. „Im Herbst 2022 wollen wir anfangen.“ Zuletzt war von November die Rede. Die Bauarbeiten werden bis zum Frühjahr 2025 dauern, bekräftigte der Bauingenieur. Solange müssen die Fahrgäste auf dem nördlichen Abschnitt der Nord-Süd-Linie den geplanten Schienenersatzverkehr (SEV) nutzen.
„Ein sehr großes Bauvorhaben mit sehr vielen Beteiligten“
Ursprünglich sollte die Sperrung rund 20 Monate dauern. „Das war Ende 2018 in einer früheren Planungsphase“, erklärte Jannes Schwentu, Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). In den Unterlagen fürs Planfeststellungsverfahren ist sogar von nur 18 Monaten die Rede. „Doch im Zuge der Ausschreibungen mussten die Leistungen noch einmal angepasst werden. Es ist ein sehr großes Bauvorhaben mit sehr vielen Beteiligten, die koordiniert werden müssen.“ Nun dauert es mehr als zwei Jahre.
Das Baupensum ist in der Tat umfangreich. Ein wichtiges Teilprojekt bezieht sich auf den sechs Meter hohen Damm aus dem Jahr 1958, auf dem die U6 zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Borsigwerke verläuft. „Während der Nutzung sind die Dammschultern brüchig geworden, sodass sich der beidseitig vorhandene Kabelkanal böschungsseitig verschoben hat“, so die BVG in den Planfeststellungsunterlagen. Als der Damm instandgesetzt wurde, stellt man Schäden an den Trogbauwerken der Gleisrampen fest. Auch sie müssten „grundhaft beseitigt“ werden. Das sei erforderlich, weil die nötige Dammsicherheit derzeit nicht nachgewiesen werden kann.
Straßen müssen gesperrt werden
Dann ist da noch die denkmalgeschützte Brücke über die Seidelstraße. „Die in den Jahren 1956 bis 1958 errichtete Brücke Seidelstraße gehört zu den ältesten Spannbetonbrücken Berlins und musste bereits mehrfach saniert und ertüchtigt werden“, erklärte das Landesunternehmen. Bereits zwei Jahrzehnte nach dem Bau traten erste Schäden auf. Seit Anfang der 1990er-Jahre gilt Tempo 30.
2012 gab es bei einer Prüfung die Note 2,7. Das heißt: noch ausreichender Bauwerkszustand. Gründe für die schlechte Bewertung waren Schäden, die auf eine nicht funktionierende Entwässerung schließen lassen, so die BVG. Genannt werden Betonabplatzungen, Risse und Roststellen. Die stählerne Bewehrung liegt teilweise frei, und in einigen Bereichen wurde zu wenig Beton verbaut. Ganz klar: Die Brücke muss abgerissen werden. Während des Abbruchs werden die Seidel- und Scharnweberstraße gesperrt. Die neue Brücke wird fast 1,70 Meter breiter als die heutige.
271 Bäume müssen gefällt werden
Ein weiteres Thema ist der U-Bahnhof Holzhauser Straße. Er wurde ebenfalls 1958 in Betrieb genommen, hat aber bis heute keinen Fahrstuhl. „Der barrierefreie Ausbau mit dem Einbau eines Aufzugs wird im Zuge dieser Baumaßnahme umgesetzt“, kündigt die BVG an. Auch der U-Bahnhof Borsigwerke bekommt einen Aufzug. Für die Stationen Otisstraße und Scharnweberstraße sind ebenfalls Instandsetzungen geplant. Auf dem gesamten Abschnitt werden die Gleise erneuert.
Es ist ein Projekt, das mit der Zeit immer komplexer wurde. Von dem Plan, im November 2020 anzufangen, war bald keine Rede mehr. Hinzu kam, dass ein Planfeststellungsverfahren als erforderlich angesehen wurde, das weitere zusätzliche Zeit in Anspruch nahm. Darin geht es auch um die Auswirkungen auf die Natur. 271 Bäume müssen gefällt werden. „Der Verlust von Gehölzen wird durch eine Ersatzzahlung ausgeglichen“, heißt es in den Unterlagen.
Nur noch ein Fahrstreifen auf der Autobahn nach Tegel
Dass die U6 im Frühjahr 2025 wieder verkehrt, ist vor allem aus einem Grund wichtig. Im selben Jahr will die Projektgesellschaft Deges damit beginnen, die Autobahn 111 von Charlottenburg nach Tegel und weiter zur Stadtgrenze zu sanieren. Zu dem 13,3 Kilometer langen Abschnitt auf Berliner Stadtgebiet gehören 264 Ingenieurbauwerke wie Brücken, Tunnel und andere Anlagen, die fast alle erneuert werden müssen. Voraussichtlich sieben Jahre lang wird auf großen Abschnitten nur ein Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung stehen. Da könnte es wichtig sein, dass die U-Bahn als Alternative dann wieder funktioniert.







