Serie: Schwangerschaftsabbruch

Beratung, Abbruchsmethoden, Kosten: Wie eine Schwangerschaft beendet werden kann

Noch dürfen Ärztinnen und Ärzte keine Infos zum Schwangerschaftsabbruch veröffentlichen. Also machen wir das. Die wichtigsten Schritte im Überblick.

Millionen Frauen kämpfen weltweit für mehr sexuelle Selbstbestimmung und einen sicheren, vor allem legalen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch.
Millionen Frauen kämpfen weltweit für mehr sexuelle Selbstbestimmung und einen sicheren, vor allem legalen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch.imago images

Berlin-Das Thema spaltet Gesellschaften und ganze Länder, Millionen Frauen kämpfen weltweit, wütend und verzweifelt, für Reformen und mehr sexuelle Selbstbestimmung – für einen legalen und sicheren Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch. Sie haben es seit jeher auch mit konservativen Strömungen aus Politik und Kirche sowie mit fundamentalistischen Pro-Life-Bewegungen zu tun, die versuchen, den Weg des Abbruchs zu verunmöglichen. Auch hierzulande werden die Kämpfe unerbittlich weitergeführt. Praktische Informationen über Abtreibungen sind rar. Die Streichung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch, der bisher die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ verbietet, soll noch in diesem Jahr erfolgen und das ändern. Dann dürfen auch Mediziner öffentlich über verschiedene Methoden des Schwangerschaftsabbruchs in ihrer Praxis informieren, ohne dafür eine Strafe fürchten zu müssen.

Beratungsstellen in Berlin

Grundsätzlich ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland bis heute rechtswidrig, unter bestimmten Bedingungen aber nicht strafbar. Eine Frau darf innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen abtreiben lassen, wenn sie sich beraten lässt und dem Mediziner, der den Abbruch durchführt, einen entsprechenden Schein vorlegt. Beratungsstellen werden auf der Seite familienplanung.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aufgelistet. Gefiltert werden kann etwa nach Konfession oder danach, ob ein Schein ausgestellt wird. In Berlin gibt es diesen zum Beispiel bei pro familia (Kalckreuthstr. 4, 10777), bei der Schwangerschaftsberatung Balance (Mauritiuskirchstraße 3, 10365) oder für Studierende und Provomierende an einer Berliner Universität oder Hochschule im Studierendenwerk Berlin (Franz-Mehring-Platz 2–3, 10243).

Hier lesen Sie weitere Texte unserer Serie:

Eine Abtreibung bleibt außerdem bei einer sogenannten medizinischen Indikation auch nach Ablauf der Drei-Monate-Frist straffrei, wenn für die Schwangere Lebensgefahr besteht oder ihr eine schwerwiegende körperliche oder seelische Beeinträchtigung droht. Auch bei einer kriminologischen Indikation bleibt die Abtreibung straffrei. Das bedeutet, dass die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt beruht – etwa wenn eine Frau durch eine Vergewaltigung schwanger geworden ist.

In Berlin wurden im Jahr 2020 nach Angaben des Statistischen Bundesamts 10.362 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, im Jahr 2021 waren es bis zum dritten Quartal 6633 Eingriffe. Mehr als 95 Prozent der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Es gibt grundsätzlich zwei unterschiedliche Möglichkeiten, eine Schwangerschaft zu beenden: den chirurgischen, also instrumentellen Abbruch oder den medikamentösen. Die Frau kann die Methode selbst auswählen, solange das medizinisch möglich ist. Sollte sie sich für eine Abtreibungspille entscheiden, willigt sie auch ein, den Schwangerschaftsabbruch aktiv mitzuerleben.

Chirurgischer Eingriff: Absaugmethode

Die meisten Frauen entscheiden sich für die Absaugmethode, auch bekannt als Vakuumaspiration. Überwiegend findet dieser instrumentelle Eingriff ambulant in gynäkologischen Praxen oder OP-Zentren oder in Krankenhäusern statt und ist bis zur 14. Schwangerschaftswoche (gerechnet ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung) möglich. Die Frau kann sich für eine örtliche Betäubung oder eine kurze Vollnarkose entscheiden.

Bei dieser Methode wird der Gebärmutterhals so weit aufgedehnt, dass ein dünnes Röhrchen, das mit einem Absauggerät verbunden ist, in die Gebärmutter eingeführt werden kann. Über dieses wird das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Der Eingriff dauert etwa zehn Minuten, etwa nach ein bis zwei Stunden kann die Patientin wieder nach Hause gehen. Nach dem Abbruch kann es zu periodenähnlichen Krämpfen kommen. Auch können Nachblutungen oder Entzündungen auftreten, die in der Regel nach einigen Tagen wieder abklingen oder zumindest gut behandelbar sind. Meist ist noch eine Nachuntersuchung nach einer bis zwei Wochen erforderlich.

Bei sehr frühen Eingriffen (bis zur fünften Woche nach Beginn der letzten Regelblutung) kann es sehr selten vorkommen, dass die Schwangerschaft weiterbesteht. Dann wird die Methode der Ausschabung angewandt, auch Kürettage genannt. Das Restgewebe wird mit einem löffelförmigen Instrument aus der Gebärmutter entfernt. Der Eingriff findet unter Vollnarkose statt und dauert etwa 15 Minuten.

Medikamentöser Abbruch: Mifepriston

Ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch ist nur in der frühen Schwangerschaft bis zur neunten Schwangerschaftswoche (gerechnet ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung) möglich. Mehrere Arztbesuche sind notwendig. In der Regel nimmt die Frau unter ärztlicher Aufsicht das Präparat Mifegyne ein. Es handelt sich um das künstliche Hormon Mifepriston, das dem natürlichen Gelbkörperhormon Progesteron ähnelt, das entscheidend beim Erhalt und der Entwicklung der Schwangerschaft beteiligt ist. Nach der Einnahme darf die Frau wieder nach Hause. Manchmal kommt es bereits am nächsten Tag zu starken Blutungen und zum Schwangerschaftsabbruch.

36 bis 48 Stunden nach Einnahme der Abtreibungspille muss zusätzlich Prostaglandine als Präparat, erneut unter ärztlicher Aufsicht, eingenommen oder als Zäpfchen vaginal eingeführt werden. Das Hormon erhöht die Wirksamkeit von Mifegyne und führt dazu, dass das Schwangerschaftsgewebe spätestens dann durch eine Blutung ausgestoßen wird. Die Abbruchsblutungen können starke Unterleibsschmerzen und Kreislaufprobleme verursachen. Prostaglandine kann außerdem Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auslösen. Bei einer Nachuntersuchung etwa zwei Wochen später wird überprüft, ob die Schwangerschaft tatsächlich abgebrochen wurde. Das ist zwischen 96 und 98 Prozent der Fall. Wenn nicht, wird zusätzlich ein instrumenteller Eingriff durchgeführt.

Zur Recherche
Diese Recherche ist Teil einer Kooperation der Berliner Zeitung mit der Plattform für Informationsfreiheit FragDenStaat und CORRECTIV.Lokal. Das Netzwerk setzt datengetriebene und investigative Recherchen gemeinsam mit Lokalredaktionen um.

Zusammen wurden mehr als 300 öffentliche Kliniken zu Abtreibungen befragt. Die Ergebnisse stehen in einer Datenbank mit weiteren Infos online unter correctiv.org/schwangerschaftsabbruch.

Die Berliner Zeitung hat daraus eine mehrwöchige Serie zum Thema Schwangerschaftsabbruch entwickelt.

Wer übernimmt die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs?

Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs werden bei einer medizinischen oder kriminologischen Indikation von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Private Krankenversicherungen übernehmen allerdings meist nur die Kosten für die medizinische Indikation. Im Fall einer kriminologischen Indikation muss mit der Privatversicherung die Kostenerstattung geklärt werden.

Wenn weder eine medizinische noch eine gesetzliche Indikation vorliegt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen zwar die ärztliche Beratung vor dem Abbruch, die ärztlichen Leistungen vor und nach dem Eingriff und die Versorgung von Arznei- und Verbandmitteln. Die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch selbst werden allerdings nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen – ihn müssen die Frauen selbst tragen. Bei einem ambulanten Abbruch liegen diese Kosten zwischen 350 und 600 Euro, heißt es auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Ein stationärer Schwangerschaftsabbruch koste mehr als 500 Euro.

Allerdings besteht ein Anspruch auf Kostenübernahme für den Schwangerschaftsabbruch, wenn eine Frau sozial bedürftig ist und ein geringes oder gar kein Einkommen hat. Die Kosten trägt dann nicht die Krankenkasse, sondern das Bundesland Berlin, also das Land, in dem die Frau ihren Wohnsitz hat. Die Kosten decken die Leistungen des Eingriffs plus Nachbehandlung. Der Antrag kann bei jeder gesetzlichen Krankenkasse gestellt werden – oft reicht ein Telefonat aus. Dabei ist es notwendig, dass die Betroffene Nachweise über ihre Einkommenssituation angibt.

Die Krankenkasse stellt dann eine Bescheinigung über die Kostenübernahme aus und übernimmt die finanzielle Abwicklung. Entscheidend ist dabei, dass die Kostenübernahme vor dem Schwangerschaftsabbruch bei einer gesetzlichen Krankenkasse beantragt wird. Denn rückwirkend werden keine Kosten mehr übernommen. Die Bescheinigung über die Kostenübernahme erhält dann die Praxis oder das Krankenhaus, bei der der Abbruch vorgenommen wird.