Gesundheit

Hoffnung für Patienten mit Long Covid und Fatigue: Wirkstoff BC 007 nimmt nächste Hürde

Berlin Cures darf eine klinische Phase-II-Studie mit Patienten starten. Erste Ergebnisse erwartet das Unternehmen im kommenden Jahr.

Eine Fatigue-Betroffene demonstriert im Bett liegend mit Augenschutz in Berlin.
Eine Fatigue-Betroffene demonstriert im Bett liegend mit Augenschutz in Berlin.Markus Wächter/Berliner Zeitung

Gute Nachrichten für Menschen, die an Long Covid und ME/CFS leiden. Das Unternehmen Berlin Cures hat die behördlichen Genehmigungen für den Start einer klinischen Phase-II-Studie mit dem Molekül BC 007 erhalten. Getestet wird an mehreren Einrichtungen in Europa.

Los gehe es in diesem Monat, teilt das Unternehmen mit. „Mit diesem wichtigen Meilenstein wird Berlin Cures in der Lage sein, belastbare Ergebnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von BC 007 bei Patienten mit Long Covid zu erhalten.“ Erste Ergebnisse werden demnach Anfang 2024 erwartet.

In der Phase II wird ein Medikament zum ersten Mal an Patienten getestet, die an jener Erkrankung leiden, für deren Behandlung ein Medikament entwickelt wird. Dabei geht es um die optimale Dosierung. Zusätzlich werden erste Daten zur Wirksamkeit erhoben. Solche Studien umfassen meist 100 bis 300 Teilnehmer. Die Phase III soll relativ präzise Auskunft über Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Arznei geben. In den allermeisten Fällen sind es Vergleichsstudien: Eine Gruppe von Patienten erhält die untersuchte Therapie, eine zweite Gruppe eine andere Behandlung.

Mit großer Hoffnung begleiten vor allem von Patienten mit ME/CFS die Erprobung von BC 007. Die Erkrankung, landläufig auch Fatigue-Syndrom genannt, kann durch Covid-19, aber auch andere Infektionskrankheiten ausgelöst werden. In Deutschland leiden Schätzungen zufolge an die halbe Million Menschen an Fatigue. Stark betroffen sind Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren. Bereits vor der Corona-Pandemie waren etwa 40.000 Kinder und Jugendliche an ME/CFS erkrankt. Durch die Pandemie dürfte sich die Zahl stark erhöht haben. Manche Schätzungen gehen von bis zu 150.000 Minderjährigen aus.

Fatigue führt oft zu Belastungsintoleranz

Zu den Symptomen gehört eine Belastungsintoleranz, aber auch Herzrasen, Luftnot, Zittern, Schwindel, Sehstörungen, Tinnitus oder Muskelschwäche. Nicht selten tritt POTS auf, das Posturales Tachykardie-Syndrom, ebenso wie Small-Fibre-Neuropathie und andere Komorbiditäten. Geschädigt werden Nerven und Blutgefäße.

Ein weiteres Therapieverfahren gegen Fatigue ist Immunadsorption. Dabei werden Autoantikörper aus dem Blut gewaschen. Es gilt als vielversprechend, doch mit rund 15.000 Euro pro Anwendung ist es sehr teuer. Kritiker fordern seit einiger Zeit ein stärkeres finanzielles Engagement der Politik bei der Entwicklung von Therapien.

Experten veranschlagen mindestens 20 bis 30 Millionen Euro für Studien zu Medikamenten gegen ME/CFS; zumindest jeweils eines für die beiden Mechanismen, die hinter dem Syndrom vermutet werden und die Blutgefäße oder das Immunsystem in Mitleidenschaft ziehen. 12,5 Millionen Euro hat Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) bislang genehmigt. Das Biotechnologieunternehmen Berlin Cures wiederum hat sich auf die Neutralisierung von funktionellen Antikörpern spezialisiert.