Wie viele Bohnensorten es gibt, ist den wenigsten Menschen bekannt. In unserer urbanisierten, schnelllebigen und prozessoptimierten Welt greift man automatisch zu den Lebensmitteln, die im Supermarktregal liegen: Das ist vor allem die langweilige Zucchini, die in Gemüsegärten wuchert und gedeiht, als sei sie eine Hydra mit tausend Köpfen.
Ansonsten liegen natürlich Fenchel im Trend, oder Babyspinat und Rucola, der gar nicht mehr bitter schmeckt, und natürlich Rispentomaten aus Holland, die wie Wasserbomben schmecken. Wenn es schnell gehen muss, greifen wir zu diesen Gemüsesorten. Sie sind unser ambitionsloser kleinster gemeinsamer Nenner geworden. Wer soll denn da noch über die ganzen tollen Bohnen nachdenken? Oder noch schlimmer: Cannellini-Bohnen über Nacht einweichen?

Dabei liegen die Leguminosen, auch Hülsenfrüchtler genannt, bei Köchen voll im Trend. Jeder, der total prozessoptimiert auf dem Laufband einen Food-Podcast hört oder in der Mittagspause Ernährungsblogs studiert, sollte das wissen. Die Entschleunigten, also diejenigen, die abseits des urbanen Troubles leben, die ihre Kinder mit dem Lastenrad in die Schule schicken und dann im Garten eine Papierzeitung lesen, die wissen das auch.
Dean & David, Beets & Roots: Ausdruck der grünen Sehnsucht
Und die wissen auch um die große Freude des Kochens mit frischen Bohnen aus dem Garten. Überhaupt, selber kochen ist doch im Alltag eines Großstädters kaum noch möglich. Mit Sicherheit ein Grund dafür, weshalb Restaurantkonzepte wie Dean & David, Beets & Roots oder die Frischetheken von Picadeli so erfolgreich sind.
Was die Bohnen angeht, sind in Deutschland vor allem die grünen Brechbohnen beliebt, aber auch die gelben Wachsbohnen und Ackerbohnen finden ihren Weg auf den Teller, und gelegentlich sogar die rot gesprenkelten Feuerbohnen. Letztere sind bei Hobbygärtnern auch wegen ihrer scharlachroten Blüten und wunderschönen Gartenzier beliebt.

Südlich der Alpen findet man noch Trockenbohnen in ihrer vollen Artenvielfalt im Supermarkt, aber auch hier hat die Industrie bereits interveniert und offeriert die fertig gegarten Früchte im Glas. Immerhin meist ohne Konservierungsstoffe und in solider Qualität. Es bleibt einem also erspart, die Bohnen über Nacht wässern und dann lange kochen zu müssen.
Kochen Sie Bohnen, nehmen Sie sich Zeit
Was stellt man aber nun an mit diesen eiweißreichen Hülsenfrüchten? Eines ist ja wohl klar, ein Kidneybohnen-Salat mit Dosenmais und süß-saurer Soße von Kühne soll es nicht werden. Unter den circa 700 Bohnensorten weltweit finden sich nämlich deutlich spannendere Sorten. Es reicht schon, sich auf einem Wochenmarkt oder in einem gut sortierten Supermarkt umzuschauen.
Übrigens, hätten Sie gedacht, dass von allen bekannten Saaten weltweit jeweils einige im Svalbard Global Seed Vault, dem weltweiten Saatentresor, aufbewahrt werden? Dieser Saatentresor nahm seine Arbeit 2007 auf, und bereits 2015 fragte man die Rückführung von Samenproben in die Region von Aleppo in Syrien an.
Ein Bohnensalat ist besser als das Humboldt-Forum
Die Investition von 10 Millionen Euro hat sich also gelohnt. Nur mal zum Vergleich, das neue Berliner Stadtschloss hat 644 Millionen Euro gekostet. Und es ist mindestens genauso hässlich geworden wie sein von den Roten gesprengter Vorgänger. Für diese Riesensumme hätte man eine Menge Bohnensalat machen können!
Der passt, anders als das hässliche Stadtschloss mit seiner sterilen LED-Beleuchtung, besonders gut in die warme Sommerzeit, denn Bohnen müssen nicht immer mit Speck umwickelt zu Rinderfilet serviert oder in der heißen Pfanne wie in einem Italowestern gebrutzelt werden. Ganz im Gengenteil, wie frisch und sommerlich das Ganze sein kann, zeigen Ihnen folgende zwei Rezepte. Eines zugegebenermaßen mit etwas Bacon, aber auch den soll es ja schon vegan geben. Also tun Sie sich keinen Zwang an. Einfach nachkochen!

Brechbohnensalat mit Cottage-Käse, Speck-Zwiebel-Vinaigrette und Kräutern
Zutaten (für 4 Personen): 200 g Brechbohnen/Keniabohnen, 150 g Cottage-Käse (1 Packung), 2 Scheiben Speck, 1/4 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, je ca. 1/3 Tasse Dill, Schnittlauch und Blattpetersilie, 50 ml Weißweinessig, 4-5 EL Olivenöl, Salz, Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung: Wie immer wird alles ganz wunderbar vorbereitet, auf Instagram bekämen Sie unzählige Likes, Ihr Post ginge einmal um die Welt viral! Die Bohnen werden also gewaschen und dann in salzigem Wasser gekocht, wer mag, schneidet noch die Enden vorher ab. Die gekochten Bohnen dann in Eiswasser abschrecken, wem das zu stressig ist, der lässt es eben.
Die Zwiebel schneiden wir in feine Würfel, den Knoblauch in sehr feine Scheiben. Für den Speck einen kleinen Küchentip: Vorher einfrieren, dann lässt er sich viel einfacher in winzige Würfelchen schneiden. Den Dill und die Blattpetersilie zupfen wir grob von den Stielen, den Schnittlauch schneiden wir in sehr feine Röhrchen. Mit einem sauscharfen Messer, ist doch klar.
Nun schwitzen wir mit zwei, drei Löffeln Olivenöl in einer Pfanne die Zwiebel und den Knoblauch an, bei mittlerer Hitze und mit ein wenig Aufmerksamkeit. Die Zwiebelstücken sollen glasig sein, dann kommen die feinen Speckwürfel dazu. Kurz anschwitzen und dann mit dem Essig ablöschen. Nun etwa um die Hälfte einkochen lassen, sodass alles etwas kompakter und dicklich wird.

Das restliche Olivenöl dazu, fertig ist unsere Vinaigrette. Die Bohnen geben wir dann mit der Vinaigrette in eine Schüssel, vermengen alles ordentlich, und dann kommt der Cottage-Käse hinzu. Alles gut vermengen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und dann die Kräuter hinzugeben. Am besten gut 30 Minuten ziehen lassen und bei Zimmertemperatur servieren.
Dazu geröstetes Brot, mit Öl und etwas Knoblauch eingerieben, vielleicht gekochte Eier. Voilá, ein spitzenmäßiger Sommerklassiker, zudem gut ein Glas Weißwein passt.
Weiße Bohnen mit Thunfisch und Sardellen-Salbei-Dressing
Zutaten (für 4 Personen): 2 Dosen weiße Riesenbohnen, 1/4 rote Zwiebel, 4-5 Stiele Salbei, 1 Zehe Knoblauch, 2-3 Sardellenfilets, Saft und Abrieb einer Zitrone, 3-4 EL Olivenöl, 150 g frischen Thunfisch (alternativ 1 Dose Thunfisch), Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer
Zubereitung: Die Bohnen geben wir ganz einfach mit der Flüssigkeit in eine Schale. Den Thunfisch schneiden wir in Würfel von etwa 1,5 bis 2 Zentimeter Seitenlänge (Dosenthunfisch zupfen wir grob) und tun ihn dazu. Die rote Zwiebel schneiden wir in dünne, lange Streifen, sogenannte Julienne, und geben sie ebenfalls dazu. Genauso den Abrieb der Zitrone. Den Knoblauch schneiden wir in feine Würfel, den Salbei zupfen wir von den Stielen.
In einer Pfanne mit Olivenöl backen wir die Salbeiblätter nun kross aus, anschließend auf etwas Küchenpapier legen. In dem restlichen Öl in der Pfanne dann die Sardellenfilets auflösen und den Knoblauch anschwitzen, mit dem Zitronensaft ablöschen und einmal kurz aufkochen lassen. Geben Sie ruhig noch einen kräftigen Schluck Olivenöl dazu.
Abschließend alles vermengen und mit Salz, Pfeffer und dem Cayenne abschmecken. Am besten natürlich etwas krossen Salbei als Topping aufbewahren. Das sieht nicht nur top aus, sondern ist auch schön knusprig.
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