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Der große Taco-Test: Wo man in Berlin fantastisches mexikanisches Essen bekommt

Tacos sind der Schlüssel zum Herzen der Mexikaner und ein Fenster zu ihrer Kultur, sagt unser mexikanischer Autor. Doch wie schneiden Berlins Taquerias ab?

In der Tortilleria Mexa in der Boxhagener Straße erfreuen die selbst gemachten Tortillas.
In der Tortilleria Mexa in der Boxhagener Straße erfreuen die selbst gemachten Tortillas.Berliner Zeitung/Ignacio Rosaslanda

Diesen Taco-Test finden Sie auch in voller Länge in der Printversion: in der Berliner Zeitung am Wochenende vom 5./6. November 2022. Jetzt am Kiosk zu erwerben oder als ePaper.

Für einen Mexikaner bedeutet eine Reise in ein Land mit einer so unterschiedlichen Kultur wie Deutschland, dass er etwas zu essen in seinen Koffer packen muss. Vor allem, wenn es sich um einen langen Aufenthalt handelt. In meinem Fall waren es zwei Kilo Mole (einer mexikanischen Würzsoße auf Chilibasis), eine Flasche Mezcal, Guaven, würzige Süßigkeiten und Nopales, das ist ein essbarer Kaktus. Ich weiß von anderen Menschen, die Chilis, Bohnen, Tortillas und Avocados mitgebracht haben. Vieles davon gibt es auch in Deutschland, aber es schmeckt einfach nicht wie daheim. Mexikaner bekommen sehr schnell Heimweh, und wenn unsere mitgebrachten Lebensmittel zur Neige gehen, beginnen wir sie vor Ort zu suchen. Ich bin sicher, dass der Taco so nach Berlin gekommen ist.

Sie müssen mir glauben: Tacos sind der Schlüssel zum Herzen jedes Mexikaners und ein Fenster zu unserer Kultur. Einer aktuellen Studie zufolge lebt heute niemand in Mexiko-Stadt weiter als 400 Meter von einer Taqueria entfernt. Tacos sind die Quintessenz des Streetfoods, und das nicht nur wegen ihres Geschmacks, sondern auch, weil sie sehr leicht zugänglich sind. Taquerias sind Treffpunkt für alle Gesellschaftsschichten und auch eine Art Demokratie, denn vor dem Taquero sind wir alle gleich.

Wenn zu Hause etwas auf dem Tisch nicht fehlen darf, dann sind es Tortillas, diese dünnen Maisfladen, die sich beim Erhitzen aufblähen und die Grundlage jedes Tacos bilden. Der Name stammt aus dem Nahuatl: „Thlaco“, was „halb“ oder „in der Mitte“ bedeutet, da das Essen in die Mitte der Tortilla gelegt wird. Solange man eine Tortilla verwendet, kann für uns alles ein Taco sein.

Hauptsache, man verwendet eine Tortilla: mexikanische Tacos auf Schiefer.
Hauptsache, man verwendet eine Tortilla: mexikanische Tacos auf Schiefer.Imago/Chromorange

Als ich durch Berlin radelte, war ich überrascht, dass es so viele Restaurants gibt, die mexikanisches Essen anbieten. Viele entsprechen jedoch dem Stereotyp, das die Vereinigten Staaten über Mexiko in der Welt verbreitet haben. Eine oberflächliche Sicht auf Mexikaner. Wenn Sie Margaritas, Nachos mit Käse, Burritos, leuchtende Farben und exotische Namen sehen, befinden Sie sich an einem Ort, der sich das mexikanische Image und die mexikanische Gastronomie aneignet, um sie zu verkaufen. Es ist nicht schlecht, an diesen Orten zu essen, aber Sie werden dort nicht den exquisiten Geschmack finden, der dazu geführt hat, dass die Unesco die mexikanische Küche 2010 als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt hat.

Wo kann man also authentisches mexikanisches Essen in Berlin finden und was zeichnet es aus? Ich beschloss, auf eine Art Schatzsuche zu gehen. Die Empfehlungen der mexikanischen Gemeinschaft bildeten die Basis für meine Taco-Tour durch Berlin.

Die Tortilla und der richtige Mix: Oh La Queca in Neukölln (Reuterstraße 36, 12047 Berlin)

Zunächst müssen wir über die Tortilla sprechen. Deshalb beginnt unsere Tour in der Tortilleria Mexa in der Boxhagener Straße 50 in Friedrichshain und bei Oh La Queca in der Reuterstraße 36 in Neukölln. Beide Lokale stellen die Tortillas in den Vordergrund und produzieren sie auch selbst.

Als ich mit Boris Gilsdorff sprach, einem der Inhaber von Oh La Queca, war ich überrascht, als er die Nixtamalisierung erwähnte – ein Verfahren, das auf einer traditionellen Mischung aus Mais, Branntkalk und Wasser basiert. Nach der Herstellung wird der Nixtamal in die Mühle gebracht, wo er zu Teig verarbeitet wird. Dadurch verändern sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Maises erheblich und seine ernährungsphysiologischen Eigenschaften werden verbessert.

Laut Gilsdorff werden die Tortillas von Hand hergestellt und dann mit einer breiten Palette landestypischer Gerichte serviert. Oh La Queca ist mehr als eine Taqueria, es ist ein Restaurant mit dem Flair einer mexikanischen Fonda, in der meist sehr aufwendig regionale Fast-Food-Gerichte gekocht werden. Vor dem Restaurant stehen ein paar Tische mit Plastiktischdecken, die mit einem für mexikanische Märkte typischen Blumenmuster bedruckt sind.

Familiäre Atmosphäre und tolle Tischdecken: das Oh La Queca in Neukölln.
Familiäre Atmosphäre und tolle Tischdecken: das Oh La Queca in Neukölln.Berliner Zeitung/Ignacio Rosaslanda

Die Atmosphäre ist familiär. Das Taco-Angebot besteht aus dem gebratenen Schweinefleisch-Klassiker Cochinita pibil von der Halbinsel Yucatán, dem Pulled-Pork-Gericht Carnitas und einer besonderen Variante namens Barbacoa, bei der das Fleisch langsam geschmort wird. Den Geschmack von mexikanischem Taco-Fleisch hinzubekommen, ist eine der schwierigsten Aufgaben, aber dieser Berliner Barbacoa-Taco ist gelungen.

Es ist nicht nur der Geschmack, sondern auch die Textur des Fleisches beim ersten Biss, die mich erfreut. Dazu können Sie ein mexikanisches Bier trinken. Ich empfehle Victoria, und zwar, wie wir es in Mexiko bestellen. Nämlich „bien muerta“, also „sehr kalt“. Aus der Küche ertönt Cumbia-Musik, man kann auf Spanisch ordern, und jeder gibt einem das Gefühl, zu Hause zu sein.

Tortilla im modernen Mexiko: Tortilleria Mexa in Friedrichshain (Boxhagener Str. 50, 10245 Berlin)

Die Tortilleria Mexa in der Boxhagener Straße wurde vor zwei Jahren eröffnet. Ihr Inhaber, der Mexikaner Marcelo Omar Reyes, der seit 18 Jahren in Deutschland lebt, hat in der Pandemie nicht aufgegeben. Er verkaufte seine Tacos wie auf den Straßen Mexikos: „Man bestellt sie und nimmt sie mit, isst sie auf der Straße, im Gehen, im Sitzen, wie auch immer“, sagt Reyes.

Er suchte gezielt nach einem Ort mit großen Fenstern, weil er den Leuten „die Königin des Geschäfts“ zeigen wollte, eine Maschine, die bis zu 30 Kilo Tortillas in vier Stunden produzieren kann. Die Nachfrage nach Tortillas war in Mexiko irgendwann so groß, dass die manuelle Herstellung nicht mehr ausreichte. Fausto Celorio erfand 1947 die erste Maschine zur Massenproduktion von Tortillas. Sie revolutionierte die mexikanische Küche.

Er setzt auf maschinelle Unterstützung: Marcelo Omar Reyes von der Tortilleria Mexa.
Er setzt auf maschinelle Unterstützung: Marcelo Omar Reyes von der Tortilleria Mexa.Berliner Zeitung/Ignacio Rosaslanda

Das Taco-Angebot im Friedrichshainer Lokal konzentriert sich auf Carnitas, Nopales und Chicken Tinga aus zerkleinertem Hühnchen. Die Gerichte werden in einem Bett aus Bohnen oder Käse, weißen Zwiebeln und Koriander zum Würzen des Fleisches sowie mit grüner oder roter Soße serviert. Sie müssen schnell verzehrt werden, da die Tortilla sonst brechen kann. Um dies zu vermeiden, werden die Tacos in Mexiko „con copia“ serviert, also mit doppelter Tortilla. Der Geschmack ist vertraut, aber mir fehlte etwas, um mich mit dem Aroma voll und ganz zu identifizieren. Ich habe im Mexa jedoch die besten Bohnen Berlins probiert, und der Nopales-Taco ist eine ausgezeichnete Option für Vegetarier.

Eine positive Überraschung: Ta’Cabrón (Skalitzer Str. 60, 10997 Berlin)

In der Skalitzer Straße 60 in Kreuzberg befindet sich das Ta’Cabrón. Der Name sagt mir, dass hinter diesem Projekt jemand steckt, der unsere Kultur gut kennt. „Ta’Cabrón“ ist ein Wortspiel, man könnte es mit „Mann, ist das geil“ übersetzen. Das mexikanische Restaurant ist eines der ältesten in Berlin und besteht seit 13 Jahren.

Vor kurzem haben zwei junge Mexikaner aus dem Bundesstaat Querétaro die Leitung übernommen. Sie möchten, dass das Restaurant den Geist der mexikanischen Küche vermittelt, sagt Diego, einer der beiden Chefs. Der Ort ist wahrhaft barock. Es gibt Jaguar-Masken, ein heiliges Tier in der vor-spanischen Welt, einen an die Decke gemalten Peyote-Kaktus, ein Fass, verziert mit einer Darstellung des Hirsch-Tanzes des Yaqui-Stammes, Masken von Ringkämpfern auf Manekineko-Katzen und in der Küche ein Bildnis der Jungfrau von Guadalupe. Alles harmoniert mit dem Rhythmus der Cumbia. Für uns Mexikaner gehen Musik und Essen Hand in Hand, und ich muss sagen, dass ich von allen Orten, die ich besucht habe, hier die beste Musik gehört habe.

Ta’Cabrón bietet eine große Auswahl an mexikanischen Speisen und Getränken und kocht mit einer hausgemachten Würze. Das Taco-Angebot besteht aus den typischen Tacos Picadillo, Huhn in Mole, Huhn mit Rajas und Sahne, Cochinita Pibil, Tinga und Chorizo. Man muss etwas Geduld mitbringen, aber das Warten lohnt sich.

Der Star unter den Tacos ist der Cochinita Pibil. Er ist sehr saftig, gut gewürzt und die eingelegte rote Zwiebel verleiht ihm einen authentischen Touch. Aber was mich wirklich am meisten überrascht hat, war die Tortilla. Sie war dick und weich, der Maisgeschmack sehr präsent, die Textur erinnerte an handgemachte Tortillas und, was sehr wichtig ist, sie brach nicht. Definitiv die beste Tortilla, die ich auf dieser Tour probiert habe. Die Soßen sind sehr schmackhaft, und wenn Sie es richtig scharf mögen, können Sie die „Salsa für Mexikaner“ probieren.

Die Suche nach dem Geschmack: Sabor a mi (Veteranenstraße 21, 10119 Berlin) und Taqueria el Oso (Schönhauser Allee 176C, 10119 Berlin)

Wer könnte den Dialog zwischen den Kulturen besser verstehen als ein Deutsch-Mexikaner, der zudem eine Taqueria in Berlin besitzt? Pablo Vázquez wurde in Berlin geboren, seine Mutter ist Deutsche, sein Vater Mexikaner. Er erinnert sich, dass er als Kind die Küche seines Vaters so sehr mochte, dass er sie mit der Welt teilen wollte. „Jedes Mal, wenn wir nach Mexiko fuhren, kaufte mein Vater kiloweise getrocknete Chilis auf den Märkten und brachte sie mit nach Deutschland. Das hat sich in den letzten zehn Jahren geändert, die Latino-Gemeinschaft ist stark gewachsen.“ Zutaten sind heute leichter erhältlich, auch in Berlin.

Der Taco hat eine wichtige historische und kulturelle Bedeutung, aber die Wahrheit ist, dass er auch einfach ein Objekt des Genusses ist. Ein kurzer Moment der Verzückung, in dem wir all unsere Probleme vergessen können. Dieser Moment lässt sich sowohl im Sabor a mi als auch in der Taqueria el Oso in der Markthalle Pfefferberg in Prenzlauer Berg finden. Beide Projekte sind quasi verwandt, denn in ihnen stecken der Geist und die Erfahrung von Vazquez, der weitgehend für ihren Erfolg verantwortlich ist.

Sabor a mi ist eine mobile Küche, die man jeden Donnerstag in der Kreuzberger Markthalle Neun findet (Eisenbahnstraße 42/43, 10997 Berlin). Der Name könnte mit „Geschmack von mir“ übersetzt werden und ist der Titel eines der bekanntesten mexikanischen Lieder in der Bolero-Tradition. Inhaltlich geht es um zwei Liebende, die schon so lange zusammen sind, dass nicht einmal der Tod ihnen die Lust aneinander nehmen kann.

Jeden Donnerstag in der Markthalle Neun: die mobile Küche von Sabor a mi.
Jeden Donnerstag in der Markthalle Neun: die mobile Küche von Sabor a mi.Berliner Zeitung/Ignacio Rosaslanda

„So lange haben wir diese Liebe genossen/ Unsere Seelen kamen sich so nahe/ Dass ich deinen Geschmack trage.“

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Tacos mit Liebe assoziiert werden. In Mexiko sagen wir, dass ein Taco pro Tag der Schlüssel zum Glück ist. Eigentlich habe ich noch nie jemanden in einer Taqueria gesehen, der traurig war. Die Tacos bei Sabor a mi haben ein Bett aus Bohnen, darauf ruhen Salat, Sauerrahm und Käse. Es gibt Tinga, Carnitas und Cochinita Pibil. Der Cochinita-Taco ist sehr saftig, so sehr, dass man sich beim Essen die Hände bekleckert, und so sollte es bei einem guten Taco sein, das ist Teil des Rituals und ein reines Vergnügen.

Der Stand wird von Pepe betrieben, einem Peruaner, der während seiner Arbeit hier die Taco-Kultur kennengelernt hat und dieses Wissen nun mit seinen Gästen teilt. Er bringt Kindern und Jugendlichen zum Beispiel bei, wie man sie richtig isst: Der Taco wird mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger gegriffen, die eine Zange bilden, Ring- und kleiner Finger bleiben leicht abgespreizt, der Ellbogen wird angehoben, um den Taco von der Seite zum Mund zu führen, niemals von vorne. Der Kopf ist leicht geneigt, fast wie in Gustav Klimts „Der Kuss“, nur mit einem Taco. Pepe weiß auch, welche Soßen man verwenden sollte: Grüne Soßen passen gut zu rotem Fleisch und rote Soßen passen sehr gut zu vegetarischen Tacos.

Der Lieblings-Taco der Mexikaner ist zweifellos der Taco al pastor, der vermutlich eine Abwandlung des arabischen Schawarma ist und dessen Idee libanesische Einwanderer nach Mexiko brachten. Uns läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn wir sehen, wie die Tacoschale in der Glut des Feuers erhitzt wird und der Taquero Fleischstücke vom Spieß schneidet, die er direkt in eine Tortilla fallen lässt. Mit demselben Messer schneidet er ein Stück Ananas, das auf die Fleischschale gelegt wird, dann fliegt die Ananas hoch und der Taquero fängt sie in der Luft mit dem Taco wieder auf, um sie schließlich mit Koriander und weißen Zwiebeln zu belegen. Die Taqueria el Oso in der Markthalle Pfefferberg an der Schönhauser Allee hat sich bemüht, diesen Geschmack zu bewahren, und es ist ihr gelungen: Er kommt in Berlin dem des Originals in den Straßen von Mexiko-Stadt am nächsten.

Fast wie das Original in Mexiko-Stadt: der Taco al pastor in der Prenzlauer Berger Taqueria el Oso.
Fast wie das Original in Mexiko-Stadt: der Taco al pastor in der Prenzlauer Berger Taqueria el Oso.Berliner Zeitung/Ignacio Rosaslanda

„Die Idee war, ein Produkt sowohl für Mexikaner als auch für Deutsche anzubieten“, sagt Pablo Vázquez. Das Schöne an der mexikanischen Küche sei, dass es viele Zubereitungsarten gebe. „Jeder fügt dem Rezept etwas anderes hinzu, jeder macht es nach seinem eigenen Stil.“

Die Taqueria el Oso ist ein Ort, an dem man sich amüsieren und anschließend mit vollem Magen in die Berliner Nacht ausschwärmen kann. Sonntags, wenn der traditionelle Eintopf Birria auf den Tisch kommt, wird sie zu einem Familienlokal. „Es ist schön, wenn Familien kommen und wir ihnen ein bisschen Mexiko bieten können“, sagt Vázquez.

Fazit: Die Geheimnisse des besten Tacos

In Mexiko sagt man, wenn jemand wütend kocht, wird die Soße schärfer. Das bedeutet, dass sich unsere Gefühle in den von uns zubereiteten Gerichten widerspiegeln. Um die besten Tacos zuzubereiten, muss man viel Sorgfalt, Respekt, Ehrlichkeit und Teamwork miteinander verbinden, man muss mit Liebe kochen. Wenn diese Elemente vorhanden sind, bleibt nichts anderes zu tun, als zu genießen.

Ich bin sehr zufrieden mit den Orten, die ich auf dieser Tour gefunden habe, und ich hoffe, dass die Leser ermutigt werden, ihre eigene Taco-Tour zu machen und mir zu sagen, welches Lokal ihr Favorit ist.

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