Das globale Wettrennen um Mikrochips nimmt weiter an Fahrt auf. In den USA konnte der Chiphersteller Nvidia seinen Umsatz im 2. Quartal im Jahresvergleich auf 13,5 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln, wie der Konzern am Donnerstag berichtet.
Der Unternehmensgewinn explodierte förmlich im selben Zeitraum von 656 Millionen Dollar auf rund 6,2 Milliarden Dollar um fast das Zehnfache. Nvidia stellt Mikrochips der neuesten Generation her, die für Systeme auf Basis Künstlicher Intelligenz benötigt werden. Der Konzern ist der erste Halbleiterhersteller, der an der New Yorker Börse mit mehr als einer Billion US-Dollar bewertet wurde. Ende Juni war Nvidia auf Basis der Marktkapitalisierung der sechstgrößte Konzern der Welt.
Chiphersteller Nvidia: Wegen Sanktionen der USA nicht konkurrenzfähig
Doch der rasante Anstieg könnte ausgerechnet von der amerikanischen Regierung gebremst werden. Washington hat ein umfassendes Exportverbot für Halbleiterhersteller nach China verhängt. Erklärtes Ziel der Biden-Administration ist es, den Aufstieg der Volksrepublik zur führenden Technologiemacht zu verhindern. Nvidia warnte am Donnerstag, dass die Ausweitung von Sanktionen amerikanischen Firmen dauerhaft schaden könnten. „Langfristig werden Beschränkungen, die den Verkauf unserer Rechenzentrums-GPUs (Grafikprozessoren, Anm. d. Red.) an China verbieten, wenn sie umgesetzt werden, dazu führen, dass die Industrie der USA dauerhaft ihre Chance verliert, auf einem der größten Märkte der Welt zu konkurrieren und eine Führungsrolle zu übernehmen“, sagte Nvidia-Finanzchefin Colette Kress.
Chinesische Unternehmen sind in einen regelrechten Kaufrausch verfallen. Sie decken sich mit Nvidia-Mikrochips ein, solange die amerikanische Regierung den Geschäften nicht endgültig einen Riegel vorschiebt. Die Internetkonzerne Baidu, ByteDance, Tencent und Alibaba haben Anfang August Aufträge im Wert von einer Milliarde US-Dollar für den Erwerb von rund 100.000 A800-Prozessoren des amerikanischen Chipherstellers erteilt, die noch in diesem Jahr ausgeliefert werden sollen. Die chinesischen Konzerne hätten außerdem Grafikprozessoren im Wert von weiteren vier Milliarden US-Dollar gekauft, die 2024 geliefert werden sollen, berichtete die Financial Times unter Verweis auf Mitarbeiter von Nvidia.
Der A800 ist eine abgeschwächte Version von Nvidias hochmoderner A100-GPU für Rechenzentren. Aufgrund der Exportbeschränkungen, die Washington letztes Jahr verhängt hat, um Pekings technologische Ambitionen zu drosseln, können chinesische Technologieunternehmen nur A800-Modelle kaufen, die langsamere Datenübertragungsraten als der Typ A100 haben.
China gibt so viel Geld für Mikrochips aus, wie der Rest der Welt zusammen
Um amerikanische Sanktionen umgehen zu können, greift der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei anscheinend zu einem Trick. Der Branchenverband der westlichen Chiphersteller (Semiconductor Industry Association, SIA) vermutet, dass Huawei eine Reihe von geheimen Halbleiterfabriken in China aufbaut. Der Handyproduzent und Netzausrüster, der im vergangenen Jahr in die Chipproduktion eingestiegen ist, habe mindestens zwei bestehende Werke erworben und baue mindestens drei weitere, hätten SIA-Vertreter nach Bloomberg-Angaben in einer Präsentation vor ihren Mitgliedern erklärt.
Das US-Handelsministerium hat Huawei 2019 auf seine Unternehmensliste gesetzt und ihm schließlich unter fast allen Umständen die Zusammenarbeit mit amerikanischen Unternehmen verboten. Wenn Huawei aber Anlagen unter dem Namen anderer Firmen baut und kauft, ohne seine Beteiligung offenzulegen, wie die SIA behauptet, könnte der Telekommunikationsriese diese Beschränkungen möglicherweise umgehen, um indirekt amerikanische Chipherstellungsausrüstung und andere Lieferungen zu kaufen, die sonst verboten wären.
China investiert riesige Summen in seine heimische Halbleiterindustrie. Die SIA schätzt, dass im Land mindestens 23 Fertigungsanlagen in Betrieb sind und bis 2030 Investitionen von mehr als 100 Milliarden US-Dollar geplant sind. Bis 2030 sei China auf dem besten Weg, über mehr als die Hälfte der weltweiten Industriekapazität für Halbleiter der älteren Generation (28 und 45 Nanometer) zu verfügen.




