Hanno Berger, der Architekt der illegalen Cum-Ex-Steuerdeals, muss ins Gefängnis. Das Landgericht Wiesbaden sprach ihn am Dienstag der schweren Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig. Hierfür soll der als „Mr. Cum-Ex“ bezeichnete Berger für acht Jahre und drei Monate in Haft. Es ist bereits das zweite Urteil in Deutschland gegen Berger: Das Landgericht Bonn hatte ihn im Dezember bereits zu acht Jahren Haft verurteilt.
Vom Prüfer zum „Optimierer“ – Berger wechselte die Seiten
Das Brisante an Berger war, dass er die Seiten wechselte. Berger war unter Finanzanwälten ein Star, hatte lange als Bankenprüfer in der hessischen Finanzverwaltung gearbeitet, bevor er bei global agierenden Steuerkanzleien anheuerte und reichen Kunden zur „Minimierung ihrer Steuerlast“ verhalf. Das Wissen, das er sich aus seiner Tätigkeit in den Finanzbehörden angeeignet hatte, war ihm dabei sichtlich nützlich. Berger hatte sich 2012 in die Schweiz abgesetzt. Erst neun Jahre später wurde er verhaftet und im Februar vergangenen Jahres nach Deutschland ausgeliefert.
Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin und her geschoben. Am Ende des Verwirrspiels erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Erst 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. Im Sommer 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind.
Experte: „Abschreckende Wirkung des Urteils ist wichtig“
Der Journalist Oliver Schröm, der die illegalen Cum-Ex-Machenschaften als erster aufgedeckt hatte und damit die Aufklärung ins Rollen brachte, sagte im Gespräch mit der Berliner Zeitung: „Weil die Wiesbadener Richter die höhere Strafe verhängt haben, dürfen sie auch das Höchstmaß verhängen. Acht Jahre und drei Monate aus Wiesbaden plus acht Jahre aus Bonn macht 16 Jahre und drei Monate. Die zulässige Höchststrafe beträgt allerdings nur 15 Jahre“, erklärt Schröm.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte in ihrem Plädoyer in Wiesbaden unter Einbeziehung des Bonner Urteils eine Gesamtstrafe von zehneinhalb Jahren gefordert. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Das Wiesbadener Gericht muss nun unter Einbeziehung des Bonner Urteils eine Gesamthöhe der Strafe festlegen. Für Schröm ist wichtig: „Das Urteil soll eine abschreckende Wirkung haben.“
Die Richter in Bonn und Wiesbaden verlangen insgesamt 13,7 Millionen Euro von Berger zurück. Schröm sagte der Berliner Zeitung, diese Summe entspreche nur einem Bruchteil von dem Geld, das Berger erbeutet haben dürfte. Schätzungen zufolge beläuft sich der Schaden für den deutschen Staat durch die illegalen Cum-Ex-Geschäfte auf einen zweistelligen Milliarden-Betrag.
Die deutschen Behörden fahndeten nach dem Geld, das sich „Mr. Cum-Ex“ mit seinen illegalen Geschäften angeeignet habe. „Berger hatte vor Gericht angegeben, er sei mittellos“, erklärte Schröm. „Das kann man glauben oder nicht, ich gehöre zu Letzteren. Wenn einer weiß, wie man Geld versteckt, dann Hanno Berger.“
Politik ist gefordert: Noch immer laufen illegale Geschäfte
Die juristische Aufarbeitung sei wichtig, so Schröm. „Es ist gut, dass Täter wie Hanno Berger dingfest gemacht und verurteilt werden. Aber immer noch werden illegale Geschäfte betrieben, die ähnlich strukturiert sind wie die Cum-Ex-Deals“, warnt der Investigativjournalist. Die Politik sei gefordert, diesen Geschäften einen Riegel vorzuschieben. „Sonst gehen uns jedes Jahr Milliarden Euro verloren.“




