Das größte Off-Shore-LNG-Terminal Europas als Ausgleich für russisches Pipelinegas soll vor der Insel Rügen entstehen: Damit haben die Bewohner der beliebten Ferieninsel wohl nicht gerechnet. Das spiegelt sich auch in ihrer Ablehnung für das Projekt des Wirtschaftsministeriums von Robert Habeck (Grüne) wider.
Das Terminal soll im Hafen Mukran, gleich neben Sassnitz, entstehen. Die Genehmigungen für die Gasanlagen in und um Mukran sollen durch die Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes im Eilverfahren bestätigt werden. Bewohner der Insel und Projektgegner wollen aber alles andere, als dass es schnell geht. Im Gegenteil: Sie protestieren vor Ort gegen das Flüssigerdgas-Terminal.
🩵 Wir demonstrieren heute auf Rügen gegen den Ausbau von LNG!Wir lassen nicht zu, dass weiterhin Geld in den Klimakiller Gas und die Ausbeutung von Menschen gesteckt werden.Wer 2023 in fossile Infrastruktur investiert, muss mit unserem Widerstand rechnen #AlleGegenLNG #Rueg2805 pic.twitter.com/OsjNzh5kVY
— Ende Gelände (@Ende__Gelaende) May 28, 2023
So wären nicht nur Eingriffe in Umwelt- und Naturzonen gravierende Folgen des Projekts – auch den Tourismus würde es treffen, meinte jüngst auch Marvin Müller, Landesvorsitzender der Jusos (SPD) Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied der Gemeindevertretung von Binz. Kann Geld diese Probleme etwa lösen?
Maßnahmenkatalog: Knapp eine Milliarde Euro – zu Recht?
Um mehr oder überhaupt Akzeptanz für das Projekt zu gewinnen, will Mecklenburg-Vorpommern nun beim Bund Millionen lockermachen, heißt es im vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog der Landesminister für Wirtschaft und für Umwelt, Reinhard Meyer und Till Backhaus (beide SPD). In dem gemeinsamen Schreiben an Habeck, das der Berliner Zeitung vorliegt, fordern sie vor allem eins: mehr Geld.
Für ein solches Projekt benötige die Politik „den Rückhalt durch die Bevölkerung, die Wirtschaft und die Gemeinden vor Ort“, schreiben sie in ihrem sechsseitigen Papier. Das funktioniere nur mit begleitenden Maßnahmen, „die einen konkreten Mehrwert für die Region beinhalten“. So solle knapp eine Milliarde Euro, finanziert aus Mitteln des Bundes, beigesteuert werden.
Forderungen der Landesregierung: Wofür das Geld sein soll
Und dafür wollen die Landesminister das Geld haben: zehn Millionen Euro für den Ausbau der touristischen Infrastruktur in den umliegenden Gemeinden; drei Millionen für anderthalb Kilometer Radweg bei Mukran; 620 Millionen für den Ausbau von Bahnstrecken – Forderungen der Landesregierung für den Landkreis Vorpommern-Rügen, die Modernisierung des Hafengeländes in Mukran sowie für Investitionen in Wasserstofftechnik und Infrastruktur auf der Insel Rügen.
Backhaus betonte, dass dies keine Ausgleichsleistungen für beispielsweise Umweltbeeinträchtigungen seien, denn über die müsse in einem Genehmigungsverfahren gesondert beschieden werden. Dennoch stoßen die finanziellen Forderungen, auf die die Bundesregierung bislang nicht reagierte, bei den Bewohnern und Projektgegnern auf zusätzlichen Widerstand.
Die Empörung über den Maßnahmenkatalog ist groß: „Wir lassen uns die Insel nicht kaputtmachen“, reagiert Karsten Schneider, Bürgermeister des Ostseebads Binz. Die Landesregierung sei offenbar bereit, das Tafelsilber der Insel – die Natur – zu verscherbeln. So entgegnet Schneider weiter: „Wir sind nicht käuflich.“


