Die Auseinandersetzung zwischen den USA und China überschattet den G20-Gipfel, der ab heute in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi stattfindet.
Washington ist bestrebt, den wachsenden Einfluss Pekings durch das globale Infrastrukturprojekt der Neuen-Seidenstraße-Initiative und die starke Rolle im Staatenbündnis Brics abzuschwächen. Dafür soll das Kreditvolumen der Weltbank massiv ausgeweitet werden. Die amerikanische Regierung hat das Vorhaben ganz oben auf die Tagesordnung des Gipfels setzen lassen.
US-Sicherheitsberater: Eine Alternative zu Chinas Finanzinstitutionen ist entscheidend
Der US-Plan würde die Kreditkapazität der Weltbank für Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen um 25 Milliarden US-Dollar erweitern, zitiert die Financial Times (FT) Vertreter der US-Regierung. Diese Zahl könnte auf mehr als 100 Milliarden US-Dollar steigen, wenn andere Nationen ähnliche Zusagen machen würden.
Auf eine Aufstockung des Budgets anderer Staaten will die US-Regierung den Angaben zufolge beim G20-Gipfel und in den kommenden Wochen intensiv hinwirken. „Wir arbeiten daran, sicherzustellen, dass andere Partner unserem Beispiel folgen“, sagte Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater der US im FT-Bericht. Sullivan bestand darauf, dass die Stärkung der Weltbank nicht „gegen China“ gerichtet sei. Er sagte aber auch, es sei „entscheidend“ für die Länder, Alternativen zu Pekings Neuen-Seidenstraße-Initiative zu haben.
Ökonom Flassbeck: So können die Brics erfolgreich gegen die USA bestehen
Für den Ökonomen Heiner Flassbeck ist die Ausweitung der Weltbank-Kredite keine gute Nachricht für die ärmeren Staaten der Welt. Flassbeck war lange Jahre als Chefökonom der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) tätig. Er kennt die Vorgehensweise der global agierenden Finanzinstitutionen sehr gut. „Das Problem ist, dass die Weltbank die Kredite zu den Konditionen vergibt, die der Internationale Währungsfonds (IWF) vergibt“, sagt Flassbeck im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Die Weltbank verfolge seit Jahrzehnten keine eigenständige Agenda mehr. Der letzte Weltbank-Chefvolkswirt, der einen eigenen Kurs verfolgt habe, sei der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz gewesen – Stiglitz war im Jahr 2000 wegen eines Streits um die Ausrichtung der Weltbank vom Amt zurückgetreten.
Der IWF schalte sich meistens dann ein, wenn Länder unter einer Währungskrise litten, erläutert Flassbeck. „Die betroffenen Länder werten ihre Währung völlig unkontrolliert ab und dann brauchen sie Dollar-Kredite, um ihre Währung zu stabilisieren.“ Dann folge das typische Mittel: Die Staaten erhöhten die Zinsen, um ausländische Investoren anzulocken. Durch die Zinserhöhungen werde jedoch der Binnenmarkt zerstört. Wirksame Lösungsansätze, wie Löhne und Einkommen zu steigern, seien für den IWF ein Tabu, kritisiert Flassbeck.
Der Wirtschaftsexperte ist überzeugt: Die Brics könnten nur erfolgreich bestehen, wenn es ihnen gelänge, einen Gegenentwurf zum neoliberalen westlichen Modell zu schaffen, wie die USA es vor allem vertreten. Doch davon sei bislang wenig zu erkennen, auch weil sich die Mitglieder der Brics untereinander oft uneinig seien.
G20-Gipfel: Indien versucht Interessen zwischen China und USA auszutarieren
G20-Gastgeber Indien steht beispielsweise wegen Grenzkonflikten in der Kaschmir-Region in Konkurrenz zu China. Premierminister Narendra Modi versucht seine Interessen mit dem Westen und China auszutarieren. So hat sich Indien einerseits dem Plan Washingtons angeschlossen, die Weltbank zu stärken. Indien habe die Anliegen und Prioritäten des globalen Südens einbezogen, sagte Modis Chefwirtschaftsberater V. Anantha Nageswaran.





