Union-Serie

Von Andersson bis Rönnow: Wikinger schlagen beim 1. FC Union Berlin gut ein

Kontinuierliche Arbeit hat Union bis in die Champions League geführt. Diese Protagonisten sind die Väter des Aufstiegs. Serie, Teil 4: die Skandinavier.

Torwart Frederik Rönnow hat sich beim 1. FC Union Berlin zu einem Leistungsträger entwickelt.
Torwart Frederik Rönnow hat sich beim 1. FC Union Berlin zu einem Leistungsträger entwickelt.Beautiful Sports/imago

Danish Dynamite kennt jeder. Populär ist dieser Begriff spätestens seit der EM-Endrunde 1992, als die ein wenig hemdsärmelige Truppe der Legende nach in Badeschlappen den Titel gewann. Aus dem Urlaub waren die Spieler um Trainer Richard Möller-Nielsen quasi gekommen, zumindest diejenigen, die im Ausland spielten. Die einheimischen waren sowieso im Kampfmodus, denn ihre Liga endete, mit einer Teilnahme hatte niemand rechnen können, erst drei Tage vor Turnierbeginn. Dann aber lud Lennart Johansson, Schwede und damals Präsident der Uefa, das qualifizierte Jugoslawien wegen des Krieges auf dem Balkan aus und die Dänen ein. Der Rest ist tatsächlich Legende.

Frederik Rönnow hat mittlerweile acht Länderspiel absolviert

Ein klein wenig Danish Dynamite steckt inzwischen auch im 1. FC Union Berlin, wenngleich nicht im Angriff wie damals mit den Stars Flemming Povlsen und Brian Laudrup. Dafür im Kasten mit Frederik Rönnow – als mittlerweile achtmaliger Nationaltorhüter so etwas wie ein Nachfolger des großen Peter Schmeichel, der bei Manchester United Geschichte schrieb, auch wenn dessen Sohn Kasper im dänischen A-Team seit Jahren die unangefochtene Nummer eins ist.

Trotzdem: Mit Rönnow haben die Eisernen einen tollen Griff gemacht, zumal er nicht nur auf der Linie bärenstark pariert, sondern Bärenruhe ausstrahlt. Für die Gegenspieler ist das fast schon aufreizend. In elf seiner 29 Saisoneinsätze in der Bundesliga hat der 30-Jährige seinen Kasten sauber gehalten. Diejenigen, die es in 13 (Freiburgs Mark Flekken) oder zwölf Partien (Wolfsburgs Koen Casteels) geschafft haben, waren in fünf Begegnungen mehr auf dem Platz. Damit hat Rönnow eine Reine-Weste-Bilanz von 38 Prozent. Mit einem Wort: sauber!

Ähnlich ruhig wie der Schlussmann gab sich auch dessen Landsmann Marcus Ingvartsen. In manchen Momenten hätte sich der Trainer Urs Fischer vom Offensivspieler ein wenig mehr Temperament gewünscht. Für enge Momente im Spiel, in denen es hart auf hart ging und der ganze Kerl auch mal in der Defensive gefragt war, hatte Ingvartsen dann doch ein wenig zu viel dieser nordischen Kühle. Da ging ihm die Drecksarbeit ziemlich sonst wo vorbei. Andererseits war und ist er nun bei Ligakonkurrent Mainz einer, der durchaus weiß, wo das Tor des Gegners steht. Und gerade in der zu Ende gegangenen Saison hätten sie in Köpenick jemanden wie Ingvartsen vor allem bei Elfmetern gebraucht. Die Eisernen haben von sieben nur drei verwandelt. Bei Ingvartsen haben alle vier, die er geschossen hat, gesessen. Einer davon, der bei Unions 2:1-Sieg am 19. Spieltag, sogar gegen Rönnow.

Der, der die Skandinavien-Dynastie in der Alten Försterei aufbauen half, ist Sebastian Andersson. Der damalige Torgarant aus Schweden ist einerseits derjenige, der als erster Eiserner in der Bundesliga die Zehn-Tore-Marke übertraf. Seine zwölf Treffer in Unions Premierensaison sind jedoch auch deshalb bemerkenswert, weil das Spiel auf den zentralen Mann im Angriffszentrum ausgerichtet hatte. Fischer ließ so etwas wie das typisch englische Kick-and-rush spielen: weite und hohe Schläge auf Andersson, der gewinnt dank seiner Kopfballstärke die meisten seiner Luftduelle, legt die Zuspiele auf seine Nebenleute ab – und dann drauf mit Karacho. So einfach kann Fußball sein und so schlicht Taktik.

Das aber ging nur in einem Team wie dem der Eisernen. Kaum hatte Andersson in Köln angeheuert, knüpfte er mit einem Tor gleich im ersten Spiel an seine Berliner Bilanz zwar an, in 41 weiteren Partien für die Geißböcke folgten jedoch nur noch fünf Buden. Dafür wurde der neunmalige Nationalspieler für die Tre Kronors umso mehr von Knieproblemen geplagt. Sein letztes Spiel datiert vom 1. April vorigen (!) Jahres. Es war, kurios genug, ein 0:1 in der Alten Försterei, aus der er sich so recht nicht einmal verabschiedet hatte, weil er in seinem letzten möglichen Einsatz für die Eisernen zum Saisonabschluss 2019/20 von einer Gelbsperre ausgebremst worden war. Wie es mit Andersson weitergeht, ob er nach auslaufendem Vertrag in Köln und mehreren Knieoperationen noch erstklassig wird spielen können, ist mit mehreren Fragezeichen versehen. In Köpenick jedoch hat er markante Spuren hinterlassen und bleibt auf ewig derjenige, der beim 1:1 in Augsburg das erste Bundesligator für die Rot-Weißen schoss.

Die Karriere von Julian Ryerson kam stotternd in Fahrt

Es ist insgesamt die Wucht der Wikinger, die an der Alten Försterei für viel Freude sorgt. Während Julian Ryerson zu den Aufstiegshelden zählt, kam seine Karriere hierzulande dennoch nur stotternd in Fahrt. Er war jung, erst am Anfang seiner Entwicklung und bei seinem Debüt in der Bundesliga, es war ein Kurzeinsatz im ersten Stadtderby, mit 20 Jahren und 250 Tagen der bis dahin jüngste Eiserne im deutschen Oberhaus. Als Ryerson in der jüngsten Winterpause über Nacht nach Dortmund ging, wechselten auch fünf Millionen Euro vom Borsigplatz nach Köpenick. Inzwischen hatte sich mit Morten Thorsby bereits ein anderer Norweger in die Herzen der Anhänger gespielt.

Nicht vergessen sollten die Fans auch Joel Pohjanpalo, den ein wenig von Verein zu Verein gereichten Finnen, seinerzeit von Bayer Leverkusen ausgeliehen. Er wird seit dem 24. April 2021 und dem 3:1 gegen Bremen in den Vereinsbüchern des Vereins für immer als der Mann mit Unions erstem Bundesliga-Hattrick stehen. Ein ganz schneller Dreierpack war’s zudem – in 17 Minuten hatte Pohjanpalo den Sieg auf den Weg gebracht.

Mit der jüngsten Verpflichtung von Mikkel Kaufmann, das 22-jährige dänische Sturmtalent kommt vom dortigen Rekordmeister FC Kopenhagen, soll die Wucht der Wikinger an der Wuhle in ein neues und erfolgreiches Kapitel münden.