Rückkehr am Sonnabend

Steven Skrzybski vor Gastspiel bei Union: „Ich muss zugeben, dass ...“

Am Sonnabend gastiert Steven Skrzybski mit Holstein Kiel beim 1. FC Union Berlin. Mit der Berliner Zeitung sprach er über die Rückkehr und unvergessene Momente.

Steven Skrzybski trug insgesamt 18 Jahre das Trikot des 1. FC Union Berlin, erst im Nachwuchs, dann als Profi.
Steven Skrzybski trug insgesamt 18 Jahre das Trikot des 1. FC Union Berlin, erst im Nachwuchs, dann als Profi.Bernd König/IMAGO

Hinter Steven Skrzybski lag eine sportliche Talsohle, als er vor ziemlich genau zwei Jahren bei Zweitligist Holstein Kiel anheuerte. Im hohen Norden benötigte er eine Saison, um sich zu akklimatisieren, dann startete er noch einmal richtig durch. 15 Tore erzielte der Angreifer in der abgelaufenen Spielzeit, nur Tim Kleindienst von Aufsteiger 1. FC Heidenheim und Hamburgs Robert Glatzel lagen in dieser Statistik noch vor ihm.

Am Sonnabend (15 Uhr) kehrt Skrzybski für ein Testspiel mit seiner Mannschaft ins Stadion An der Alten Försterei zurück. An den Ort also, wo er seine ersten Schritte als Profi machte. Insgesamt 18 Jahre trug er das Trikot des 1. FC Union Berlin, ehe er im Sommer 2018 zu seinem zweiten Herzensverein, dem FC Schalke 04, wechselte. In Köpenick trifft der 30-Jährige nicht nur auf seine ehemaligen Mitspieler Christopher Trimmel und Jakob Busk, sondern auch außerhalb des Platzes auf etliche Weggefährten von früher.

Testspiel hin oder her, es wird also ein besonderer Tag für den Torjäger. Vor der Rückkehr in sein altes Wohnzimmer unterhielt sich Skrzybski mit der Berliner Zeitung über die rasante Entwicklung der Köpenicker, Meilensteine seiner Karriere und die Zukunft, die ihn möglicherweise wieder zurück zu Union führen könnte. Und dann nicht bloß für ein einmaliges Gastspiel.

Berliner Zeitung: Herr Skrzybski, in den vergangenen Wochen wurden Sie immer wieder mit einem Vereinswechsel in Verbindung gebracht. Hertha BSC soll interessiert sein, Schalke an einer Rückholaktion arbeiten. Sind Sie am Sonnabend überhaupt noch Teil des Kieler Kaders?

Steven Skrzybski: Davon können wir mal ganz fest ausgehen. Ich bin bei dieser Thematik generell tiefenentspannt. In meiner Karriere habe ich es immer so gehandhabt, dass ich mich an Gerüchten oder Spekulationen nicht beteilige, weil man damit nur den Fokus auf die wesentlichen Dinge verliert. Ich möchte mich in erster Linie auf den Sport konzentrieren.

Erstaunlich ist es nicht, dass sich andere Vereine mit einer Verpflichtung beschäftigen. Sie haben vergangene Saison so oft getroffen wie nie zuvor.

Ich war endlich mal kontinuierlich fit und unser Trainer Marcel Rapp hat mir extrem viele Freiheiten im Spiel mit dem Ball gegeben, ohne es damit zu übertreiben oder mir gar ein Alleinstellungsmerkmal zu verpassen. Darüber hinaus sollte man nicht vergessen, dass man Tore nicht alleine schießt, sondern meine Mitspieler um mich herum einen großen Anteil hatten.

Bevor für Sie am 30. Juli die Zweitliga-Saison mit dem Spiel bei Eintracht Braunschweig beginnt, geht es am Sonnabend zur Generalprobe an die Alte Försterei. Kribbelt es schon?

Es ist zwar nur ein Testspiel, aber eine Rückkehr in die Alte Försterei ist und bleibt etwas Besonderes für mich. Ich liebe den Verein nach wie vor. Ich liebe die Fans und die Mitarbeiter. Der Kontakt ist über all die Jahre auch nie abgerissen und ich bin mir dessen bewusst, dass ich ohne Union nicht die Karriere gehabt hätte, die ich aktuell noch führe.

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Frank Molter/dpa
Zur Person
Die Liebe zum runden Leder hat Steven Skrzybski nicht erst beim 1. FC Union Berlin entdeckt. Seine Karriere begann in Kindertagen bei der SG Stern Kaulsdorf, bevor er in den Nachwuchs der Eisernen wechselte. Im Profi-Bereich angekommen, wurde er von den Fans 2017 und 2018 zum „Unioner des Jahres“ gekürt. In der Hauptstadt lebt noch immer der Großteil seiner Familie. Mit Ehefrau Anja und den beiden gemeinsamen Kindern wohnt der 30-Jährige am Ostufer der Kieler Förde, im beschaulichen Ostseebad Laboe. 

Mit wem ist der Austausch denn noch besonders intensiv?

Ich glaube, wenn man das auf einzelne Personen beschränkt, wäre das einigen anderen gegenüber unfair. Eine Ausnahme gibt es aber schon.

Erzählen Sie bitte.

Den intensivsten Kontakt habe ich zu André Hofschneider (Cheftrainer des Nachwuchsleistungszentrums beim 1. FC Union Berlin; Anm. d. Red.). Ohne ihn hätte ich nie durch die Tür in den Profi-Bereich gehen können. Er war ein riesiger Förderer, dem ich bis an mein Lebensende dankbar sein werde. Als ich damals zu den Profis kam, war er derjenige, der viel Freizeit geopfert hat, um mit mir Einzeltraining zu machen. Unser Verhältnis geht über die sportliche Vergangenheit hinaus, ist viel mehr eine Freundschaft.

Der 1. FC Union Berlin hat gerade die beste Saison der Vereinsgeschichte gespielt. Wie haben Sie das aus der Ferne verfolgt?

Mit riesiger Freude. Die Entwicklung dort ist großartig, aber ich muss zugeben, dass ich nicht alle Spiele geschaut habe. Wenn man zwei kleine Kinder zu Hause hat, ist es schwer zu vermitteln, dass neben meinem Beruf auch noch Fußball im Fernsehen laufen muss. Da liegen die Prioritäten dann anders.

Sie haben den Verein seinerzeit in dem Sommer verlassen, als Urs Fischer das Traineramt übernommen und den Klub Stück für Stück nach oben geführt hat. Bereuen Sie die Entscheidung von damals?

Nein. Nicht, weil ich diesen Gedanken bewusst ausblenden will, sondern weil ich damals eine Chance wahrnehmen wollte. Man darf nicht vergessen, auch wenn das heute schwer vorstellbar ist und sich die Vereine gegensätzlich entwickelt haben, dass Union in der 2. Bundesliga, Schalke in der Champions League gespielt hat. Für mich ging mit dem Wechsel ein Kindheitstraum in Erfüllung, weil Schalke auch immer in meinem Herzen war. Und wer weiß das schon, vielleicht wäre Union mit mir gar nicht aufgestiegen.

Gibt es ein Spiel, ein Tor, einen Moment, an den Sie sich besonders gerne erinnern, wenn es um Ihre Zeit beim 1. FC Union Berlin geht?

Es gab einige Meilensteine. Erst einmal die Tatsache, dass ich als Jugendspieler die Chance bekommen habe, den Sprung nach oben zu schaffen. Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Spiel beim FSV Frankfurt, mein erstes Tor damals in Bochum oder an unser Pokalspiel in Dortmund. Kurz vor Schluss wurde ich eingewechselt und habe das Tor zur Verlängerung erzielt.

In der nächsten Saison geht es für ihren Ex-Verein in der Champions League zur Sache. Hand aufs Herz: Kann Union dort sportlich überhaupt mithalten?

Sie haben definitiv eine Chance. Am Ende geht es im Fußball nicht darum, wer die besten Einzelspieler hat. Die Werte der Mannschaft müssen mit der Art und Weise des Fußballspielens übereinstimmen, und das ist bei Union, zumindest so, wie ich es aus der Ferne beurteilen kann, zu einhundert Prozent gegeben. Dazu ist das Verhältnis zwischen Fans und Mannschaft in dieser Ausprägung einmalig. Als Anhänger hätte ich es aber gerne gesehen, wenn die Heimspiele in der Alten Försterei stattgefunden hätten.

„Der Verein fährt gut damit, sich bescheidene Ziele zu setzen“

Nehmen wir an, dass am Mittwoch Real Madrid zu Gast ist, drei Tage später der 1. FC Heidenheim nach Berlin kommt: Besteht da nicht die Gefahr, die Bundesliga auf die leichte Schulter zu nehmen?

Ich denke, dass sich im Verein jeder dessen bewusst ist, dass die Champions League eine Riesensache, aber eben auch nur das i-Tüpfelchen auf der letzten Saison ist. Wenn man Real Madrid ist, ständig und seit vielen Jahren auf Top-Niveau spielt, kann es sicher vorkommen, dass dort ein Spieler die Liga am Wochenende etwas lockerer sieht. Bei Union dürfte das nicht passieren.

Das ausgegebene Ziel für die Bundesliga ist der Klassenverbleib. Etwas zu viel Understatement für einen Verein, der in der Königsklasse spielt. Finden Sie nicht?

Der Verein fährt sicher ganz gut damit, sich bescheidene Ziele zu setzen. Union hat sich in der Bundesliga etabliert und damit jedes Jahr von ganz allein neue Reize gesetzt. Ich finde die Herangehensweise löblich, und es heißt ja auch nicht, dass bei 40 eingefahrenen Punkten Schluss sein muss.

Sieht Ihre ganz persönliche Planung vor, in den nächsten Jahren nach Berlin zurückzukehren?

Wir fühlen uns als Familie hier in Kiel pudelwohl. Es kann aber trotzdem sein, dass wir nach dem Karriereende nach Berlin zurückzukehren. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, als Trainer im Jugendbereich zu arbeiten, da durfte ich bei Union schon vergangenen Winter reinschnuppern. Aber am Ende weiß man dann doch nie, was das Leben noch so mit einem vorhat.

Interview: Nils Malzahn