Kein Zutritt für unqualifiziertes Personal! Das ist auf einem von der Grafikabteilung des Klubs gestalteten Schild zu lesen. An einem Montagnachmittag im Februar dieses Jahres macht die Küchencrew um Küchenchef Björn Tesch, der am liebsten nur Björn genannt werden möchte, aber mal eine Ausnahme.
So ist es Fotograf und Reporter erlaubt, einen Blick in eine verborgene Arbeitswelt zu werfen. Zur Orientierung: Haupttribüne des Stadions An der Alten Försterei, erster Stock rechts, an der „Wuhle-Bar“ vorbei, hinten links. Da sind Björn und seine Kollegen zu finden.
Es ist eine große Küche, aber noch lang keine Großküche, wie der 48-Jährige betont. Aber jedenfalls eine, in der für sehr viele Menschen auf sehr hohem Niveau Essen zubereitet wird. Für etwa 150 Mitarbeiter des Klubs, die sich hier fünf Tage die Woche ab 12 Uhr zum Mittagessen einfinden. Für die bis zu 1800 Menschen, die an Spieltagen über den Kauf von Business-Tickets in den weiten Hallen der Haupttribüne einen Anspruch auf ein ansprechendes Catering haben. Aber auch – und darum soll es in dieser Geschichte zuvorderst gehen – für die Profis und für all diejenigen, die ganz eng an der Profimannschaft arbeiten.

„In der vergangenen Saison waren das inklusive der Spieler insgesamt 45 Personen, seit dieser Saison sind es 55. Und eigentlich brauchen sie täglich etwas zu essen von uns, während das früher nur an vier oder fünf Tagen der Fall war“, sagt Björn, der in Absprache mit Trainer Urs Fischer, Athletiktrainer Martin Krüger, Manager Oliver Ruhnert, vor allen Dingen aber mit der Ernährungsberaterin Karina Marcy für den wöchentlichen Menüplan verantwortlich ist.
Es zählt jeder Punkt, jede Kalorie
Der Anspruch sei hoch, sagt der Küchenchef, der seit 2020 im eisernen Fußball-Unternehmen ist, zuvor bei den Caterern von LPS und Kofler & Kompanie als Sous Chef tätig war. „Hier wird nichts aufgewärmt. Wir machen alles frisch, und das eigentlich sieben Tage die Woche“, sagt Björn. Und: „Wir wollen unseren Beitrag liefern, dass es den Profis gutgeht, mit einem abwechslungsreichen und guten Essen, also mit einem Wohlfühlessen. Wenn es hier nicht schmeckt, gehen sie raus und holen sich vielleicht einen Döner oder sonst irgendetwas.“
Klar, inzwischen hat man auch im Profifußball die Gewissheit erlangt, dass das Team nur so gut ist, wie das Team hinter dem Team, Köche inklusive. Und da die Unioner seit drei Jahren gleich in drei Wettbewerben reüssieren, viele englische Wochen zu bestreiten haben, muss eben noch mehr Wert auf die Professionalisierung des Drumherums gelegt werden. Jeder Punkt zählt und jede Kalorie. Die Körper der Berufsfußballer werden als Kapitalwert des Klubs betrachtet.

Er verspüre deshalb aber keinen besonderen Druck, gibt Björn zu verstehen. Denn: „Egal, ob wir für Fußballer oder Könige oder auch Normalsterbliche kochen – wir kochen für alle gleich. Das ist mein Credo. Mit viel Liebe, mit frischen Produkten. Und letztlich ist es doch so, wie es mal mein Lehrherr gesagt hat: So wie du fürs Personal kochst, kochst du auch für die Gäste.“ Das Einzige, was ihm ein bisschen Sorge bereitet, ist die Kapazität seiner Küche. 2013 wurde sie im Zuge des Baus der Haupttribüne für die Bedürfnisse eines Zweitligisten konzipiert, ist in Anbetracht des ständigen Wachstums des Klubs aber inzwischen doch etwas zu klein. Björn sagt: „Möglicherweise bekommen wir neue Räume hinzu, wenn das Stadion umgebaut wird. Außerdem wissen wir noch nicht, wie das neue Fan-House eines Tages bespielt werden soll.“
Vorliebe für gebratene Avocados
Fürs Profibekochen an sich ist Kamal Srour zuständig, ein Typ, der so offen und so herzlich ist, dass man zu keiner anderen Schlussfolgerung kommen kann: Das ist einer, der bei Trimmel & Co. nicht nur wegen seiner Kochkünste ganz hoch im Kurs steht. Jeden Tag ist er der Erste zwischen Pfanne und Schneidebrett, kommt gegen 8 Uhr, manchmal auch eine halbe Stunde früher, wenn „Eiertag“ ist, soll heißen, wenn das Frühstück für die Spieler um Spiegel- oder Rührei erweitert wird. Wobei das tägliche Frühstück im Klub keine Verpflichtung, sondern nur ein Angebot an die Spieler ist. Etwa die Hälfte der Spieler nehme dieses Angebot auch wahr, sagt Kamal, und berichtet von einer Vorliebe der Profis für gebratene Avocados. Und: „Das sind alle gute Esser.“
Er erzählt, dass er allein für die Lizenzspielermannschaft samt Staff tagtäglich zehn bis zwölf Kilo Fleisch, sieben bis acht Kilo Fisch und fünf bis sechs Kilo Gemüse verarbeite. Möglichst wenig Butter, sondern Öl, keine scharfen Gewürze, Zwiebeln in Maßen, weniger Zucker, Magerstufe statt volle Fettstufe, lautet die Maßgabe von Karina Marcy. Kamal kommt mit allen Wünschen klar, kocht auch schnell mal was nach, wenn die Spieler von einem Gericht nicht genug bekommen können.
Der 58-Jährige liebt seine Arbeit, man kann sich eine entsprechende Nachfrage in Anbetracht seiner guten Laune ersparen. Er schwärmt von Fischer, aber eigentlich von allen. Der gebürtige Libanese ist schon seit 23 Jahren in Deutschland, seit acht Jahren bei Union, hat in Beirut das Kochen gelernt und vor Union in der französischen und amerikanischen Botschaft gearbeitet. Man müsse ihn manchmal bremsen, sagt Björn, weil er „wirklich alles für den Klub, für die Spieler“ gibt, „was ja in Ordnung ist, aber als Küchenchef muss ich natürlich schauen, dass das nicht zu viel wird“.

Wie jeden Tag hat Kamal auch an diesem Montag drei Hauptgerichte zubereitet. Wie immer eins mit Fleisch, eins mit Fisch und ein vegetarisches. Wir entnehmen dem Speiseplan das hier. HG 1: Königsberger Klopse, Salzkartoffel, Karotte. HG 2: Garnelen, Paprika, Gemüse, Reis. HG 3 Vegan: Rote Beete, Maultasche. Wobei das mit der Roten Beete so eine Sache ist. Kommt nicht wirklich gut an, obschon sie doch so gesund ist. Morgen geht’s mit Hähnchencurry, Käsespätzle und vegetarischen Nuggets weiter. Die Vielfalt macht’s. Und alles ist möglich. Italienisch. Chinesisch. Japanisch. Österreichisch. Deutsch. Und so fort. Alles kein Problem für Björn, Kamal und die anderen Männer und Frauen vom Küchenteam.
Björn, der sich gern auch mal bei einem Restaurantbesuch inspirieren lässt, so wie neulich in einem japanischen in Prenzlauer Berg, und so ein Gericht dann auch mal für die Union-Gemeinde nachkocht, gebührt das Schlusswort. Erst neulich wäre er mal wieder bei den Profis in deren Essensraum im Kabinentrakt gewesen, habe alle beruhigt und dort einen seiner Lieblingssprüche zum Besten gegeben. Er lautet: „Wenn man den Koch kennt, muss man vor dem Essen nicht beten.“




