Der 1. FC Union Berlin hat am dritten Spieltag der Bundesligasaison 2023/24 seine Erfolgsserie gegen RB Leipzig nicht fortsetzen können, ging nach einem ungewohnt schwachen Vortrag vor heimischem Publikum sogar als Verlierer vom Platz. Und das zum ersten Mal seit Februar 2022, damals hieß der Gegner Borussia Dortmund.
Mit diesem nüchternen Einstieg lässt sich das, was sich am Sonntag vor 22.012 Zuschauern im Stadion An der Alten Försterei zugetragen hat, ganz gut auf den Punkt bringen. Am Ende stand für die Eisernen jedenfalls eine 0 auf der Anzeigetafel, für die Gäste eine 3. Wobei der Erfolg der Leipziger allemal als verdient bezeichnet werden darf - und das auch in dieser Höhe. Union hat in der Länderspielpause auf jeden Fall einiges aufzuarbeiten. Unter anderem die Frage, warum man schon zum zweiten Mal in Folge in Unterzahl geraten ist. Dieses Mal in Gestalt von Startelfdebütant Kevin Volland.
Alle Augen waren an diesem Fußballnachmittag natürlich auf Leonardo Bonucci gerichtet. Auf den Europameister, auf den Weltklasseverteidiger, der er auf jeden Fall über Jahre hinweg war und vielleicht ja immer noch ist. Das werden die kommenden Wochen und Monate zeigen, wenn er sich dahingehend im Trikot der Eisernen einem fortlaufenden Praxistest unterzieht.
In Eigenregie fit gehalten
Gegen Leipzig war der 36-Jährige zunächst einmal das, was er eigentlich nur zu Beginn seiner Karriere mal war, nämlich Ersatzspieler. Wenig überraschend hatte sich Urs Fischer gegen einen Startelfeinsatz des Italieners entschieden. Ja, auch ein Bonucci, der sich nach seiner Ausmusterung bei Juventus Turin in den vergangenen Wochen in Eigenregie fit gehalten hatte, muss sich die gewissen Automatismen erst mal erarbeiten.
Zudem gab es ja in der Abwehr der Eisernen keinen akuten Handlungsbedarf. Im Besonderen auch, weil Danilho Doekhi nur eine Woche nach einer Operation am gebrochenen Jochbein einen Einsatz wagte. Mit einer Maske, die ihn – wie sich zeigen sollte – keineswegs behinderte. Der Niederländer trug in Abwesenheit von Rani Khedira (verletzt) und aufgrund der Nichtberücksichtigung von Christopher Trimmel in der Startformation erneut die Spielführerbinde.
Die Fans der Eisernen schweigen wie ehedem
Was Bonucci ein wenig verwundert haben mag, war das Schweigen der Union-Fans in der ersten Viertelstunde. Es sei denn, einer aus dem Klub hatte ihm auf die Schnelle eine Einführung in die Thematik geliefert. Böses RB – und so. Kaum ein Muckser war da über 15 Minuten hinweg von Waldseite, Gegengerade und Haupttribüne zu hören – mit einer Ausnahme, denn in der 13. Minute hatte Volland nach Flanke von Alex Kral eine sehr, sehr gute Chance zur Führung.
Volland, der für den gesperrten Brenden Aaronson ran durfte, köpfte aus sieben Metern, allerdings nicht platziert genug, sodass RB-Keeper Janis Blaswich parieren konnte. Ja, das musste – Protest hin oder her – beklatscht werden.
So hatte sich das Fischer grundsätzlich vorgestellt: Etwas tiefer stehen als sonst, aggressiv wie ehedem gegen den Ball arbeiten, zweite Bälle sichern und dann flugs das Umschaltspiel in Gang bringen. Was folgte, war aber nicht das, was der Schweizer Fußballlehrer sehen wollte.
Es hapert in der Spielfortsetzung
Einen Tick zu tief stand seine Mannschaft, ging zu selten im Kollektiv ins Pressing, um die Leipziger noch öfter in Verlegenheit zu bringen. In der Spielfortsetzung haperte es zudem, was ein mitunter wildes Hin und Her im Mittelfeld zur Konsequenz hatte. Das alles war zwar intensiv, aber nicht das, was sein Team zu leisten imstande ist. Immerhin gelang es den Köpenickern, 45 Minuten lang Leipzigs Ausnahmespieler Dani Olmo zu neutralisieren.

Nach einer offenbar relativ kurzen Ansprache kam Fischer als Erster wieder von der Kabine zurück ins Stadion, setzte sich auf einen Stuhl – und war gespannt, inwieweit seine Worte Früchte tragen. Zu seinem Leidwesen änderte sich nach Wiederanpfiff aber gar nichts. Im Gegenteil.
In der 51. Minute gingen die Gäste sogar in Führung, nachdem Diogo Leite unsauber geklärt und Kral nicht handlungsschnell genug war, um Xavi Simons beim Torschuss zu stören. Frederik Rönnow flog vergebens, der Ball schlug im Torwinkel ein.
Vollands böser Tritt gegen Simakan
Aber damit nicht genug: Als die Eisernen drauf und dran waren, sich ein Übergewicht und damit auch die Aussicht auf mehr Torchancen zu erarbeiten, erlaubte sich Volland im Mittelfeld einen bösen Tritt gegen Mohamed Simakan. Der 31-Jährige wusste sofort, was er da angerichtet hatte, entschuldigte sich, doch Schiedsrichter Daniel Schlager konnte gar nicht anders, als ihn mit einer Roten Karte vom Feld zu schicken (64.). Simakan musste wenig später ausgewechselt werden. Die Pfiffe der Union-Fans gegen den Verteidiger waren also alles andere als angebracht.


