Nerviges Alltagsphänomen

Uni-Prof erklärt: Darum landen Fliegen so gern auf Menschen

Ärgern Sie sich auch immer, wenn eine Fliege Sie nicht in Ruhe lässt? Lesen Sie, warum das so ist und wie man sich am besten wehrt und schützt.

Fliegen nerven – vor allem, wenn sie auf uns landen.
Fliegen nerven – vor allem, wenn sie auf uns landen.Fotoillustration: Roshanak Amini/Berliner Zeitung. Bilder: Imago

Wir alle kennen es, wir alle hassen es: Wenn man morgens noch eine Runde länger dösen will oder am Wochenende endlich mal ausschlafen kann, gibt es diese eine Fliege, die immer wieder angeflogen kommt und sich auf uns setzt.

Zielsicher finden die summenden Plagegeister auch das kleinste Stückchen Haut, um auf uns herumzukrabbeln und zu nerven. Da hilft auch kein Wedeln. Warum nur ist das so? Und wie kann man verhindern, dass Fliegen einen ansteuern?

Die Berliner Zeitung hat dazu mit Prof. Dr. Thomas Fischer von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gesprochen. Dort ist der Wissenschaftler Leiter des Zentrallabors und zuständig für den forensischen Forschungsbereich, in dem es vor allem darum geht, sogenannte Leichenliegezeitbestimmung zu perfektionieren.

Denn viele Fliegenarten bevorzugen totes Gewebe – sowohl für die Nahrungsaufnahme als auch für die Eiablage. Anhand dessen lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie lange ein toter Mensch beispielsweise in seiner Wohnung lag, bevor er gefunden wurde. Aber das ist ein anderes Thema.

Warum landen Fliegen auf uns?

Hundertprozentig weiß die Wissenschaft noch nicht, was genau die Fliegen dazu veranlasst, auf uns zu landen. In der Diskussion stand lange die Überlegung, ob Fliegen auf unseren Atem reagieren. Aber das trifft vorrangig auf Mücken zu, die sich vom CO₂ angezogen fühlen. Grundsätzlich ist aber klar, so Fischer, „dass die Fliegen sich an Gerüchen und Wärme orientieren“. Welcher Faktor stärker ist, da sind sich die Fachleute noch nicht einig.

Fest steht aber: Wir wirken doppelt anziehend auf Fliegen. „Manchmal suchen sie nur einen Platz, um sich aufzuwärmen, aber ebenso gut kann es sein, dass sie in dem Moment Flüssigkeit und Nahrung von der Haut saugen möchten“, sagt der forensische Biologe. Wir sind also quasi ein warmes Büfett für die Fliegen!

Dafür sind die Insekten bestens ausgerüstet, haben fein justierte Sinnesorgane. „Dagegen, dass Fliegen unseren Geruch wahrnehmen, können wir nichts machen. Es sind Gerüche, die wir selbst nicht wahrnehmen und hat auch nichts mit mangelnder Hygiene zu tun, sondern mit unserer natürlichen Hautflora“, erklärt der Wissenschaftler.

Was erschwerend hinzukommt: Fliegen reagieren auf UV-Licht. Nachts schlafen sie, so wie wir. Wenn aber morgens die Sonne aufgeht und wir uns noch mal herumdrehen können, wird die Fliege wach und hat Hunger. Da es im Schlafzimmer – anders als in der Küche – keine Lebensmittel gibt, die sie ansteuern könnte, lässt sie sich von uns verführen …

Wie ernähren sich Fliegen?

„Fliegen haben keine Kauwerkzeuge, und sie können auch nicht stechen“, sagt Fischer. „Mitunter sondern sie etwas Speichel ab, um die Oberfläche ein wenig aufzulösen und saugen das dann ein.“

Sie ernähren sich von Küchenabfällen, lieben tatsächlich aber auch Fäkalien, beispielsweise Tierkot auf Wiesen oder am Straßenrand. Deshalb sollte man auch einen Apfel beispielsweise, auf dem eine Fliege saß, sicherheitshalber abspülen.

Können Fliegen Krankheiten übertragen?

„Fliegen sind an sich sehr reinliche Tiere. Das sieht man, wenn man sie beobachtet: Fliegen putzen sich häufig“, so Fischer. „Aber sie sind natürlich trotz dessen nie keimfrei. Deshalb kann es sein, dass sie Krankheitserreger übertragen können.“ In der Regel seien das Durchfallerkrankungen.

Aber: „Die übertragenen Keimmengen sind in aller Regel sehr gering, sodass im Normalfall keine Gefährdung zu erwarten ist, insbesondere nicht für gesunde Menschen. Jene mit Vorerkrankungen jedoch oder sofern jemand eine Chemotherapie bekommt, sollten vorsichtiger sein.“

Kurzum, wenn eine Fliege kurz auf dem Brot herumläuft oder auf unseren Lippen landet, ist das kein Problem. Unser Immunsystem sowie die Magensäure regeln das. Das gilt vor allem in Bezug auf die Stubenfliege. Das ist diejenige, die uns zu Hause so lästig ist. Sie ist kaum einen Zentimeter groß, gräulich bis schwarz und hat große, rötliche Facettenaugen.

Anders die Schmeißfliege. Die schillert grünlich, ist größer und dicker – und sie mag vor allem all das, was wir eklig finden: verwesendes Fleisch, beispielsweise von toten Schnecken, aber auch Tierkot und Abfälle. Sie steuert in aller Regel nicht uns an, landet aber gern auf Wurst und Fleisch. Decken Sie beim Grillen Ihr Fleisch also gut ab!

„Die Schmeißfliege wird von Zersetzungsprozessen angelockt, genauer gesagt vom Cadaverin, dem Fäulnisgeruch“, sagt der Experte. Wir Menschen nehmen solche Gerüche erst sehr spät wahr; Fliegen hingegen sozusagen schon ab dem Moment, in dem das Herz aufhört zu schlagen.

Kann man verhindern, dass Fliegen auf einem landen?

Der sicherste Schutz gegen Fliegen ist, sie gar nicht erst ankommen zu lassen. Das gilt sowohl für Lebensmittel und Abfälle, die man nicht offen stehen lassen sollte, aber ebenso für Räume. „Fliegengitter sind selbstverständlich ein effektiver Schutz“, weiß Fischer.

Effektiv, aber nicht schön sind Fliegenfänger, die von der Decke baumeln. Die Bänder sind klebrig und mit einem Lockstoff versehen. Sobald eine Fliege landen will, kommt sie nicht mehr weg und stirbt.

Und ansonsten bleibt Ihnen fast nur die Fliegenjagd: Entweder mit der klassischen Fliegenklatsche, einer Zeitung oder mittels Elektro-Fliegenklatsche. Die sieht aus wie ein Tennisschläger, gibt aber elektrische Impulse ab, sobald ein Insekt die engmaschigen Metallstreben berührt.

Seit einigen Jahren sehr beliebt sind auch Insektenvernichter, die mit blauem UV-Licht Insekten anlocken und mit Strom töten. Man schließt sie einfach an eine Steckdose an und kann sie überall aufstellen. Das Problem: Diese Geräte töten nicht nur Fliegen, sondern auch andere Kleintiere wie Nachtfalter oder Spinnen. Und Mücken fühlen sich vom Licht ohnehin nicht angezogen …

Zu guter Letzt: das Insektenspray. „Seit diesem Jahr gibt es eine neue EU-Biozidrichtlinie, weshalb Insektengift zum Sprühen nicht mehr einfach so verkauft werden darf“, erklärt Fischer. Die Raumsprays, mit denen man früher Räume vernebelte und danach alle Insekten tot waren, kriegt man nur noch nach einem Beratungsgespräch. Das Selbstbedienungsverbot soll sicherstellen, dass Mensch und Tier nicht leichtfertig gefährdet werden, denn Insektizide sind auch für uns und unsere Haustiere wie Hund und Katze gefährlich.

Was aber nach wie vor vollkommen legal und unbedenklich ist: Eisspray gegen Insekten. Das sind insektizidfreie Aerosolsprays, deren Sprühstrahl -42 Grad kalt ist. Dadurch schockgefrieren nicht nur Fliegen, sondern zum Beispiel auch Ameisen und Silberfische. Man muss sie halt nur erwischen. Danach kann man sie entsorgen, weil so ein Eisspray-Strahl „für die Fliege nicht gut ausgeht“, so der Experte.

Ansonsten bleibt Ihnen nur, auf den Lauf der Dinge zu hoffen: Eine Stubenfliege lebt im Schnitt vier Wochen, ohne Nahrung maximal 24 Stunden. Wenn sie keine Eier ablegt, könnten Sie morgen um diese Zeit schon fliegenfrei glücklich sein – theoretisch.