Brandenburg

In 60 Minuten am Urlaubsziel: Tagesausflug mit dem Deutschlandticket

Kein Geld und keine Zeit für einen großen Urlaub? Nicht schlimm, denn wie so oft liegt das Gute sehr nah. Rund um Berlin können Sie relaxen, staunen, aktiv sein.

Mit dem Regio in die Natur und ins Abenteuer: Dank Deutschlandticket kann man Neues erleben.
Mit dem Regio in die Natur und ins Abenteuer: Dank Deutschlandticket kann man Neues erleben.Fotoillustration: Roshanak Amini für Berliner Zeitung am Wochenende. Bilder: Imago

Zugegeben: Zwischen dem 9-Euro-Ticket aus dem Jahr 2022 und dem jetzigen Deutschlandticket liegen nicht nur drei Jahre, sondern vor allem auch eine ordentliche Verteuerung von knapp 50 Euro.

Dennoch ist der deutschlandweit gültige Fahrschein für den öffentlichen Nahverkehr günstiger als in den Jahren vor Corona. Und einfacher sowieso: Keine komplizierten Ticketsysteme verschiedener Verkehrsverbünde, keine Spezialbuchungen, keine Streckenbindung, sondern eine Fahrkarte für (fast) alle Busse und Bahnen.

Städtetrip oder Bade-Ausflug mit Deutschlandticket

Aktuell kostet das Deutschlandticket 58 Euro – rein rechnerisch sind das weniger als zwei Euro pro Tag. Nur im Abo ist es erhältlich, aber monatlich kündbar. Und weil alles komplett digitalisiert ist, muss man auch nicht auf eine Chipkarte oder einen Ausweis warten. Es ist jedoch nicht übertragbar, weil das Ticket durch Name und Geburtsdatum personalisiert ist.

Und anstatt sich zu ärgern, dass der Monatsfahrschein nicht mehr 9 oder wenigstens 29 Euro (läuft derzeit aus) kostet, kann man ja das Beste draus machen und schöne Ausflüge planen. Denn mit dem Deutschlandticket können Sie tolle Tagestouren unternehmen, wie der neue Ratgeber von einem kleinen Verlag aus der Hauptstadt zeigt (siehe unten).

Sie können bis an die Ostsee fahren, in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) auf Luthers Spuren wandeln, sich das wunderschöne Görlitz angucken oder einen Abstecher an die mecklenburgische Seenplatte machen. Städtetrip oder Bade-Ausflug, alles geht, wenn man weiß, wie …

Reisebuchautor und Verlags-Chef Klaus Scheddel war selbst unterwegs und hat viele Geheimtipps zusammengetragen. „Viele herrliche Ausflugsziele erreicht man in weniger als 60 Minuten, andere lohnen auch eine etwas längere Anfahrt“, schreibt er und verspricht: „Alle haben etwas ganz Besonderes.“

Das Schiffshebewerk Niederfinow: Heftige Aussicht übers Oderbruch

Es ist mit seinen 91 Jahren das älteste noch betriebene Schiffswerk Deutschlands, und „direkt daneben wurde am 4. Oktober 2022 das modernste Hebewerk Europas eingeweiht“, steht auf der Website des Schiffshebewerks Niederfinow.

Buchautor Scheddel schreibt: „Die gewaltigen, jeweils über 60 Meter hohen Anlagen dominieren die Landschaft schon von Weitem. Das alte Schiffshebewerk ist 94 Meter lang und 27 Meter breit. (…) Tonnenschwere Schiffe mitsamt dem sie umgebenden Wasser werden in einen gigantischen Aufzug geladen, um 36 Meter Höhenunterschied zu überwinden.“

Besuchende können sich das Spektakel von einer Galerie in 40 Metern Höhe ansehen und nebenbei eine fantastische Aussicht genießen. Die Schleusungen dauern immer rund 20 Minuten. Führungen zu den Hebewerken finden ganztägig und mehrere Male pro Stunde statt (Kosten: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro fürs historische Werk; 12 bzw. 8 Euro fürs neue Hebewerk). Zudem gibt es ein Besucherzentrum mit Ausstellung zur Baugeschichte sowie Cafés und Restaurants.

Ein besonderes Highlight: Auf der Weide am Parkplatz lebt eine Herde regionaler Wildpferde, die sogenannten Liebenthaler Wildlinge. Man kann eine Patenschaft für sie übernehmen. An jedem ersten Sonntag im Monat findet um 11 Uhr eine kostenlose Infoveranstaltung zu den Pferden statt.

Schiffshebewerk Niederfinow. Hebewerkstr. 70a, 16248 Niederfinow. Mo–So von 8 bis 19 Uhr. Anreise laut Reiseführer: Stündlich mit RE 3 bis Eberswalde, weiter mit RB 60; ca. eine Stunde ab Berlin-Hauptbahnhof.

Kanufahren im Spreewald: Urlaub für alle Sinne

Das Wasser plätschert, man hört Vögel zwitschern, der Wind streift durch das satte Grün der Natur – der Spreewald ist (nicht nur) auf einem der vielen Wasserwege besonders schön. Egal, ob man sich ein Kanu mietet und selbst loszieht oder sich in einem der große Kähne durch die Gegend staksen lässt.

Die berühmtesten Spreewald-Städte sind wohl Lübben (LDS) und Lübbenau (LOS), die eine Viertelstunde mit dem Auto voneinander getrennt liegen; zu Fuß geht’s auch, ebenso mit dem Rad – die 15 Kilometer sind mehr als die täglich empfohlenen 10.000 Schritte und hier an der frischen Luft sowie mitten in der Natur umso gesünder. Lübbenau hat rund 1500 Einwohner mehr und wirkt großstädtischer, in Lübben hingegen ist es ruhiger, aber nicht schnarchig. Beide Städte haben eine schöne Altstadt, durch die man fantastisch bummeln kann.

„Unbedingt einen Besuch wert ist die östlich der Innenstadt gelegene Schlossinsel. Hier laden fantasievoll angelegte Wanderwege und Erlebnisbereiche wie Labyrinth, Klanggarten oder Wasserspielplatz zum Spazieren und Verweilen ein“, schreibt Scheddel über Lübben und lobt das landschaftlich Reizvolle dieser Region, die „genau zwischen Ober- und Unterspreewald“ liegt und in der Regel nicht so überlaufen ist.

Tipp des Experten: Bootsverleih Gebauer. Gegenüber der Schlossinsel, Lindenstraße 18, 15907 Lübben. Kajaks, Canadier, Ruderboote, ab 20 Euro für zwei Stunden, Tagespreis ab 28 Euro, Wochenmiete ab 160 Euro. Kopfbedeckung und Mückenschutz nicht vergessen! Fr–Di 9 bis 18 Uhr. Anreise laut Reiseführer: Stündlich mit RE2 und RE7, eine gute Stunde ab Berlin-Hauptbahnhof.

Über Lübbenau schwärmt der Buchautor: „Nirgendwo ist der Spreewald so idyllisch wie rund um Lübbenau. (…) Bevor man sich auf den Kahn begibt, lohnt aber noch ein Blick auf das klassizistische Schloss unweit vom großen Hafen. Es ist von einem englischen Landschaftsgarten umgeben, in dem auch eine Orangerie steht. Heute ist im Schloss ein Hotel untergebracht.“

Richtig gut essen oder im Biergarten sitzen kann man im Gasthaus „Zum grünen Strand der Spree“, das seit mehr als 125 Jahren als Familienunternehmen geführt wird. Zu DDR-Zeiten war es an die HO verpachtet, und seit 2006 gehört das Traditionshaus dem Unternehmer Jörg Schwerdtner, der auch Kahnfahrten anbietet. Buchautor Scheddel empfiehlt die „spreewaldtypische Küche“.

Zum grünen Strand der Spree. Dammstraße 81, 03222 Lübbenau. Mi–Mo 11 bis 20 Uhr, Fr–So bis 21 Uhr. Anreise laut Reiseführer: Stündlich mit RE2 und RE7, etwas mehr als eine Stunde ab Berlin-Hauptbahnhof.

Wenn die Natur alles zurückerobert: Barfuß in Beelitz-Heilstätten

„Nur gut fünf Minuten Fußweg sind es vom Bahnhof Beelitz-Heilstätten bis zum Eingang des Geländes am Pförtnerhaus. Dort angekommen, empfängt einen gleich der Charme der von der Zeit und der Natur fast verschluckten Heilstättenanlage“ steht in dem Reiseführer.

Und weiter: „Vorbei an Gebäuden, die wie geheimnisvoll verfallene Schlösser wirken und einen ganz eigenen Zauber verströmen, läuft man durch eine weitläufige alte Parkanlage zu den Kassenschaltern bei den ehemaligen Liegehallen. Die ab 1898 errichteten Arbeiter-Lungenheilstätten bilden einen riesigen, heute denkmalgeschützten Krankenhauskomplex mit insgesamt 60 Gebäuden, die sich in dem waldparkähnlichen Gelände verteilen.“

Seit Jahrzehnten steht das Ensemble, in dem sogar Erich Honecker einst behandelt wurde, leer und ist ein Magnet für Lost-Place-Fans. Über all die Pracht hinweg führt ein Baumwipfelpfad, von dem aus man sowohl die historischen Gebäude als auch die wuchernde Natur bestaunen kann. In 24 Metern läuft man also quasi durch den Himmel – Höhenangst darf man da nicht haben.

„Wer lieber naturnah auf dem Boden bleiben möchte, dem sei der nahe Barfußpark mit drei Rundparcours empfohlen“, so Scheddel. „Auf dem 15 Hektar großen Gelände mitten im Wald kann man auf drei verschiedenen Pfaden über 70 Naturerlebnis-Stationen mit nackten Füßen erwandern. Dabei lernt man verschiedenste Untergründe von weich bis herausfordernd kennen wie Stroh, Schlamm, Lehm, Bucheckern, Steine, Tannenzapfen, Sand und sogar feine Glasscherben. Der Barfußpfad führt auch durch Wasser und Matsch, über Balancierklötze und Kletterstelzen. Am Ende bietet sich ein Picknick im Drachenzelt an.“

Baumkronenpfad und Barfußpark. Straße nach Fichtenwalde 13, 14547 Beelitz. Mo–So 10 bis 18 bzw. 19 Uhr. Eintritt Baumkronenpfad 17 Euro, ermäßigt 15 Euro, Barfußpark 9,50 Euro, ermäßigt 7,50 Euro. Anreise laut Reiseführer: Bis Bahnhof Beelitz-Heilstätten stündlich mit RE7, 42 Minuten ab Berlin-Hauptbahnhof.

Klaus Scheddel: Tagestouren mit dem Deutschlandticket. 32 Erlebnisausflüge für einen Tag. Via-Reise-Verlag, 144 Seiten, ca. 17 Euro. (Anmerkung: Auf dem Buchcover ist versehentlich angegeben, dass es 33 Touren wären. Richtig sind, dass es 32 Touren sind)