Jetzt geht es wieder los: Die Zeit der Infekte. Kinder schniefen, husten, rotzen, schleppen gefühlt jeden Keim aus Kita und Schule an. Nicht selten kommt es dann vor allem bei Kleinkindern zu Ohrenschmerzen. Was nun? Wie kann man seinem leidenden Kind Linderung verschaffen? Welche Hausmittel sind wirklich ratsam? Wann sollte man zu Medikamenten greifen? Dr. Sibylle Mottl-Link kennt diese Sorgen aus der Kinderarztpraxis und aus der Kinder-Notaufnahme und verrät, was Eltern tun können, damit es dem Kind schnell besser geht.
„Ohrenschmerzen sind wirklich sehr unangenehm, die kleinen Patienten werden sehr unleidlich“, sagt die Medizinerin. Darum ist die erste Maßnahme: Ruhe. Und Schmerzen lindern. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind sich entspannt. „Ein Saft oder ein Zäpfchen gegen die Schmerzen ist sinnvoll, wenn das Kind anhaltend klagt und sich nicht ablenken lässt“, so Dr. Mottl Link. „Wenn es fiebert, zögern Sie nicht, Ihrem Kind durch die Gabe von Paracetamol oder Ibuprofen zu helfen. Danach gemeinsam kuscheln, das ist die halbe Miete.“
Wie entstehen Ohrenschmerzen?
Meistens liegt ein Infekt zugrunde, der mit einem Schnupfen beginnt. Wenn das Sekret nicht richtig abfließen kann, verstopft es hinten im Rachen die Ohrzugänge. Diese heißen aufgrund ihrer Trichterform Trompeten.
Hals, Nase und Ohren sind miteinander verbunden, wie ein Labyrinth. Wenn die Trompeten verengt oder verschlossen sind, ist ein Druckausgleich am Trommelfell nicht mehr möglich. Das kann man ganz einfach testen: Erst tief einatmen, dann Mund verschließen und Nase zuhalten. „Wenn man dann versucht, auszuatmen, spürt man, wie etwas im Gehörgang passiert – das ist der Druckausgleich“, erklärt Dr. Mottl-Link. Wenn das nicht mehr geht, lässt das auf eine Entzündung im Ohr schließen.
Größere Kinder können diesen Selbsttest gut alleine durchführen. Bei Kindergartenkindern müssen die Eltern selbst Hand anlegen: Drücken Sie sanft auf den Tragus. Das ist jene kleine Knorpel-Stelle vor dem Ohr, die am Kiefergelenk sitzt, also dort wo die Ohrmuschel sich öffnet. „Wenn sich Kinder den Tragus nicht anfassen lassen, sollte man schleunigst einen Kinderarzt in den Gehörgang schauen lassen. Manchmal ist dann doch ein Antibiotikum notwendig“, sagt die Kinderärztin.

Wichtig: Geben Sie Ihrem Kind erst dann ein Schmerzmittel, wenn Sie den Tragus-Test gemacht haben. Andernfalls könnte die Arznei schon wirken und Ihr Kind spürt trotz akuter Erkrankung nichts.
Zwischen den einzelnen Arzneimittelgaben sollten sechs Stunden liegen. Sie können Paracetamol und Ibuprofen auch im Wechsel geben, wenn Ihr Kind hoch fiebert oder sehr starke Schmerzen hat. Dann können Sie im drei-Stunden-Wechsel ein Medikament geben, z.B. morgens um 8 Uhr Paracetamol, um 11 Uhr Ibuprofen, um 14 Uhr wieder Paracetamol und so weiter.
Sind Zwiebeln ein gutes Heilmittel?
„Ja, und zwar ein ziemlich gutes“, weiß Dr. Sibylle Mottl-Link. „Die ätherischen Öle der Zwiebel und Wärme haben entzündungshemmende Eigenschaften.“
Man kann sie kleinschneiden und in dünne Strümpfe oder ein Geschirrtuch füllen, dann aufs Ohr legen und mit einer Mütze oder einem Stirnband fixieren. „Viele Kinder mögen das aber gar nicht und wehren sich. Deshalb legen Sie das Zwiebelsäckchen am besten auf das schmerzende Ohr, wenn das Kind schläft“, rät die Expertin. Achten Sie aber darauf, dass das entzündete Ohr nach oben zur Decke zeigt, Ihr Kind also auf der Seite liegt. „So können die Wirkstoffe besser im Ohr arbeiten, der Schwerkraft sei Dank“, weiß Mottl-Link.
Alternativ können Sie auch eine Zwiebel halbieren und aufs Ohr halten. Das kriegen ältere Kinder sogar gut selbst hin. Die Zwiebel sollte warm sein. „Wärme ist bei Ohrenschmerzen das beste Heilmittel. Ein kleines Dinkelkissen reicht da auch schon. Machen Sie es nur nicht zu heiß“, so die Medizinerin. Vorsicht: Wenn die Zwiebel zu warm ist, können nicht nur die ätherischen Öle zerstört werden, sondern es kann aufgrund der enthaltenen Flüssigkeit zu Verbrennungen kommen. Überprüfen Sie das, bevor Sie Ihrem Kind die erwärmte Zwiebel aufs Ohr legen.
Welche Medikamente helfen bei Ohrenschmerzen?
„Es ist wichtig, dass der Gehörgang wieder frei wird, das Sekret abfließen kann“, erklärt Dr. Sibylle Mottl-Link. „Da eignen sich abschwellende Nasentropfen sehr gut. Diese sind in der Regel frei verkäuflich in der Apotheke.“ Legen Sie Ihr Kind dazu auf den Rücken, träufeln jeweils einen Tropfen in jedes Nasenloch. Lassen Sie Ihr Kind kurz liegen, damit die Flüssigkeit auch dorthin gelangt, wo sie hinsoll. Die Ärztin: „Sobald die Tropfen wirken, das Sekret sich löst, kann das Ohr auch wieder besser belüftet werden, der Druck nimmt ab und somit auch der Schmerz.“
Sollte das Kind nur einseitig Ohrenschmerzen haben, reicht es, die Nasentropfen nur auf der betroffenen Seite zu geben. Es gibt auch entsprechende Nasensprays. Schauen Sie, was Ihrem Kind angenehmer ist. Kündigen Sie Ihrem Kind an, was Sie tun werden und überfallen es nicht – das führt nur zu Geschrei und Angst.
Besser: Sagen Sie, dass Sie ihm etwas gegen die Schmerzen geben. Das verstehen auch kleine Kinder. Zählen Sie bis drei, und erst dann geben Sie das Medikament. So hat das Kind Zeit, sich darauf einzustellen und fühlt sich dem Prozedere nicht ohnmächtig ausgeliefert.
Falls die Ohrenschmerzen länger als drei Tage anhalten, gehen Sie zu Ihrem Kinderarzt oder der Kinderärztin. Möglicherweise hat Ihr Kind eine bakterielle Mittelohrentzündung. Dann ist ein Antibiotikum sinnvoll, aber das kann eben nur durch eine vernünftige Untersuchung abgeklärt werden.
Verzichten Sie darauf, Ihr Kind zu baden bzw. ihm die Haare zu waschen, wenn es Ohrenschmerzen hat. Wasser im Gehörgang kann die Symptome verstärken. Ebenso sollten Sie Ihr Kind nicht fernsehen lassen, das ist zu anstrengend. Lesen Sie ihm besser etwas vor oder lassen Sie es leise einem Hörbuch lauschen.
Und natürlich ist viel schlafen, kuscheln und ausreichend trinken immer eine gute Maßnahme, wenn man krank ist.







