Berlin - Schnupfen, Husten, Müdigkeit – momentan löst eine Erkältung die nächste ab. Vor allem bei kleinen Kindern weiß man teilweise gar nicht, ob das Kind immer noch oder schon wieder krank ist. Kinderärztinnen und Kinderärzte verwundert das nicht: Denn einmal davon abgesehen, dass die kalte Jahreszeit klassischerweise die Schnief-Saison ist, holen die Kinder jetzt jene Infekte nach, die ihnen (und uns!) im letzten Winter erspart geblieben sind: Durch die umfassenden Kontaktbeschränkungen, Masken, Abstand und Händehygiene konnten Bakterien und Viren sich nicht so stark ausbreiten wie sonst, weshalb viele Kinder nicht erkrankten.
Und das rächt sich jetzt. Schon seit dem Spätsommer sind die RS-Viren auf dem Vormarsch. Früher als sonst, aber für Fachleute auch nicht wahnsinnig überraschend: Das Respiratorische Synzytial-Virus gehört zur großen Familie der Erkältungsviren. Es gibt sie immer und überall; nur ist in der Regel eine gewisse Grundimmunität vorhanden, weil die meisten Kinder bis zum Ende des zweiten Lebensjahres eine erste RS-Virus-Infektion durchmachen. Da diese regelmäßigen RS-Infektionen durch die Kontaktbeschränkungen im letzten Herbst und Winter vielfach ausblieben, kam es dann ab dem Sommer diesen Jahres, als wir uns alle wieder frei bewegen durften und es praktisch keine Kontaktbeschränkungen mehr gab, zu vermehrten Ansteckungen.
„Eigentlich macht so ziemlich jedes Kindergartenkind einen RS-Infekt durch, die meisten bereits im ersten oder zweiten Kita-Jahr“, sagt die Ärztin Dr. Sibylle Mottl-Link. Die Symptome sind bei RSV im Prinzip die gleichen wie bei einer Grippe oder Erkältung. Neben Husten, Schnupfen, Heiserkeit kann das Kind auch unter Halsweh, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber leiden, aber auch eine Mittelohrentzündung und Pseudokrupp können auftreten.
Das Problem: Die RS-Viren können nicht nur die oberen, sondern auch die unteren Atemwege (Lunge, Bronchien) befallen, was bedeuten kann, dass der Krankheitsverlauf schwerer ist, als wenn nur Nase, Mund und Hals betroffen sind. Etwa zwei Prozent der RS-Virusinfektionen verlaufen so schwer, dass eine Krankenhausbehandlung notwendig wird. „Besonders gefährlich kann das für immungeschwächte Kinder und Babys sein“, so Dr. Sibylle Mottl-Link. „Nicht selten kommt es bei einer RS-Infektion zu einer Lungenentzündung, was vor allem bei Säuglingen auch zu Atemaussetzern führen kann.“
Eine Lungenentzündung ist jedoch in keinem Alter schön; auch Grundschulkinder können damit im Krankenhaus landen. „Vorwiegend werden Kinder unter sechs Monaten stationär überwacht“, so die Kinderärztin. „Sofern Ihr Kind bekannte Vorerkrankungen wie beispielsweise Asthma hat, es noch sehr klein ist oder das Fieber auf über 38,5 Grad steigt, sollten Sie ihr Kind beim Kinderarzt vorstellen.“
Die Symptome einer normalen saisonalen Influenza sind identisch mit jenen einer RSV-Infektion. „Da man nicht sicher sein kann, sollte man spätestens nach drei Tagen zum Kinderarzt gehen, sofern die Beschwerden sich nicht bessern“, sagt die Ärztin. „Sollte Ihr Kind hoch fiebern, das Trinken verweigern oder unter Atemnot leiden, machen Sie sich sofort auf den Weg. Und als Faustregel gilt: Je jünger das Kind, desto eher zum Arzt.“ Denn: Das Immunsystem von Säuglingen und Kleinkindern ist noch nicht so geübt. Für ältere Kinder und Erwachsene kann eine RS-Infektion sogar symptomlos verlaufen.
Den Unterschied zwischen normalem Infekt und einer RSV-Erkrankung kann man weder hören noch sehen – selbst Fachpersonal nicht. „Nur ein Schnelltest bringt da Gewissheit“, sagt Dr. Sibylle Mottl-Link. Die funktionieren ähnlich wie Corona-Schnelltests: Es wird also ein Rachenabstrich von geschultem Personal gemacht, das Ergebnis gibt es nach 15 Minuten. Ansonsten hilft zunächst nur Symptomlinderung.
Was kann ich tun, damit es meinem Kind besser geht?
Halsschmerzen: Schal um den Hals, weil Wärme gut tut. Und viel trinken, damit die Keime weg gespült werden. „Pressen Sie eine Zitrone aus, geben einen Esslöffel Honig hinzu und füllen das mit 200 ml warmem Wasser auf“, empfiehlt Dr. Sibylle Mottl-Link, die auch Bücher über Kinderkrankheiten geschrieben hat.* „Bewährt hat sich auch eine Salbei-Kamillentee-Mischung. Einfach beide Beutel gleichzeitig aufgießen und über den Tag trinken.“
Husten: Spitzwegerich und Thymian wirken beruhigend, lassen den Hustenreiz abklingen. Beide sind in klassischen Hustentees enthalten. „Sie können den Tee auch mit etwas Honig süßen“, sagt die Medizinerin. „Aber Kinder unter einem Jahr dürfen keinen Honig erhalten, weil er als Naturprodukt Keime enthalten kann, die Vergiftungserscheinungen hervorrufen könnten.“ Für größere Kinder ist das kein Problem, weil deren Immunsystem voll ausgereift ist.
Schnupfen: Nasenduschen sorgen für ein Abspülen der Erreger und wirken zugleich abschwellend, sodass man besser Luft bekommt. Mit normalen Nasendusch-Geräten kommen Kinder meistens nicht zurecht. „Darum dürfen Sie erfinderisch werden“, rät Dr. Sibylle Mottl-Link. „Lösen Sie eine Prise Salz – nicht zu viel! – in einer Tasse lauwarmem Wasser auf. Träufeln Sie davon etwas in die Handfläche Ihres Kindes, das die kleine Pfütze dann mit der Nase hochziehen soll.“ Hände waschen vorher nicht vergessen! Und: Immer die Nase gut eincremen, damit sie nicht wund wird.
Fieber: Trinken ist das allerwichtigste! Und Zucker, weil das Fieber zu einem erhöhten Energieverbrauch führt. Ab 38,5 Grad können Sie Zäpfchen oder Fiebersaft geben (alle sechs Stunden). „Zum Senken der Temperatur können Sie Wadenwickel machen“, erklärt die Ärztin. „Dazu feuchten Sie ein Baumwolltuch mit lauwarmem – aber keinesfalls kaltem – Wasser an, wickeln die Waden ein, legen trockene Tücher herum und wärmen Ihr Kind mit einer Decke. Wadenwickel sollten aber nur eingesetzt werden, wenn das Kind nicht bereits kalte Hände oder Füße hat oder wenn das Kind die Wandenwickel als angenehm empfindet.“






