Grundschule

Streng zu sein ist okay. Wie erkenne ich einen guten Lehrer?

Woran erkenne ich, ob der Unterricht gut ist? Welche Verhaltensweisen einer Lehrkraft sollten alarmieren? Wie müssen Eltern an sich arbeiten? Ein Ratgeber.

Die meisten Lehrkräfte machen einen guten Job, zu Konflikten mit Eltern kommt es trotzdem.
Die meisten Lehrkräfte machen einen guten Job, zu Konflikten mit Eltern kommt es trotzdem.imago/Maskot

Nach dem Schuljahr ist vor dem Schuljahr, und die alle halbe Jahre vergebenen Zeugnisse geben Auskunft darüber, wie gut ein Kind gelernt hat, mitarbeitet und welche Fortschritte es gemacht hat. Für Eltern sind diese Momente aber oftmals auch Anlass, einmal nachzudenken, wie gut die Lehrkräfte eigentlich sind. Der Blick aufs Kind ist nicht immer deckungsgleich, was verunsichernd sein kann. Ebenso überlegen Eltern, deren Kind eingeschult wird, wie das wohl sein wird: Ist die Lehrerin nett? Woran erkenne ich, ob der Lehrer gut ist?

Fragen dieser Art beschäftigen Familien immer mal wieder, die einen mehr, die anderen weniger, und meistens abhängig von konkreten Situationen. Schule ist eben ganz anders als Kita, wo man mit den Pädagoginnen und Erziehern immer mal wieder einen Plausch halten kann und erfährt, was das Kind so treibt, wie es sich in der Gruppe verhält.

Der Austausch zwischen Eltern und Fachpersonal ist im Kindergarten viel unmittelbarer als in der Schule. Und das muss auch so sein, denn Ihr Kind wird groß und eigenständig. Manchmal ist es schwer, loszulassen und die Verantwortung an der Schultür wirklich abzugeben. Wie das gelingt und was Eltern unbedingt beachten sollten, erklärt Eva-Maria Osterhues-Bruns, selbst stellvertretende Schulleiterin an einer Grundschule in der Nähe von Cuxhaven (Niedersachsen) und Fachreferentin für Pädagogische Praxis beim Grundschulverband.

Was macht einen guten Lehrer aus?

Früher oder später stellen sich alle Eltern diese Frage – meistens dann, wenn es nicht so gut läuft. Aber ob ein Lehrer beziehungsweise eine Lehrerin gut ist, lässt sich objektiv mitunter schwer beurteilen. Eva-Maria Osterhues-Bruns ist seit 1998 Lehrerin und weiß: „Eine gute Lehrkraft zeichnet sich durch verschiedene Eigenschaften aus und verbindet fachliche, pädagogische, methodische und fachdidaktische Kompetenzen. Didaktische und methodische Kompetenzen erkennen Sie beispielsweise daran: Ist der Unterricht, sind die Einheiten gut aufeinander aufgebaut? Sind die Aufgabenstellungen transparent?“

Überprüfen können Sie das anhand der Unterrichtsmaterialien. Falls Ihr Kind diese nicht von allein mit nach Hause bringt, bitten Sie die Lehrkraft, Ihr Kind daran zu erinnern, sie am Freitag fürs Wochenende in den Ranzen zu legen. Nehmen Sie sich dann die Zeit, Bücher und Hefte durchzublättern, am besten zusammen mit Ihrem Kind. Fragen Sie nach, was gemacht wurde und testen Sie so, ob Ihr Kind alles verstanden hat, ob es Schwierigkeiten gibt.

Sollten Sie merken, dass Ihr Kind Probleme hat, fragen Sie es, woran es liegt. „Die Kommunikation sollte zuerst zwischen Eltern und Kind stattfinden. Vielfach lässt sich vieles so erkennen und sogar beheben“, sagt Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Fragen Sie ruhig auch, wie Ihr Kind das Verhältnis zur Lehrkraft einschätzt, ob es gern zur Schule geht, warum oder warum nicht. Fühlt es sich ernstgenommen und gewertschätzt? Darf es eigenständige Entscheidungen im Schulalltag treffen?“

Unabhängig von der fachlichen Kompetenz können Sie auch auf das Drumherum an der Schule schauen: Gibt es Elternsprechtage? Wie oft? Wann finden Elternabende statt? Gibt es Klassenausflüge? Wie sind die gestaltet? Dürfen oder sollen Eltern diese begleiten? Werden die Kinder nach ihrer Meinung gefragt, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, beispielsweise das Ziel eines Wandertages? Werden die individuellen Stärken, Schwächen und Interessen des Kindes berücksichtigt?

Manche Lehrerinnen und Lehrer schaffen es sogar, regelmäßig Mails zu verschicken, in denen steht, was zuletzt gemeinschaftlich in der Klasse erarbeitet und gemacht wurde. Das schafft Transparenz. „Und das ist immer ein gutes Zeichen“, resümiert Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Bei individuellem Gesprächsbedarf ist es lösungsorientierter, wenn man einen Gesprächstermin vereinbart.“

Wichtig: „Machen Sie die Bewertung einer Lehrkraft nicht nur an einem Ereignis fest, sondern weiten Sie Ihren Blick“, rät Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Es kann auch hilfreich sein, sich mit anderen Eltern auszutauschen, um über den Tellerrand zu schauen, sich neue Perspektiven und Eindrücke zu holen.“

Ein konkretes Beispiel: Lassen Sie sich von Ihrem Kind die Matheaufgaben erklären. Wie rechnet es? „Natürlich gibt es immer mehrere Varianten, zur Lösung zu kommen“, so die Lehrerin. „Versuchen Sie zunächst, Empfehlungen aus der eigenen Schulzeit zu vermeiden. Vieles hat sich im Hinblick auf die didaktisch-methodische Vermittlung der Unterrichtsinhalte gewandelt. Sie könnten sonst das Vertrauen des Kindes in die Kompetenz des Lehrers schwächen. Vielmehr sollten Sie schauen, wie die konkrete Lernstrategie aussieht.“ Wichtig ist, dass Ihr Kind den Lernweg verstanden hat.

An der Grundschule von Eva-Maria Osterhues-Bruns gibt es zwei Mal pro Jahr sogenannte Lerngespräche, zu denen Lehrkraft, Kind und Eltern zusammenfinden und besprechen, was gut läuft, was gelernt wurde, wo Unterstützung nötig wäre. „Wir schauen kompetenzorientiert, was der nächste Schritt für das Kind sein sollte und binden es in die Entscheidungsfindung ein. Das motiviert, weil wir nicht über das Kind sprechen, sondern mit ihm“, berichtet die Lehrerin.

Was sind Verhaltensweisen, die Eltern alarmieren sollten?

Abwertende, und vor allem wiederkehrende, Formulierungen durch Pädagoginnen oder Pädagogen sind für Kinder demotivierend und können ihnen die Freude an der Schule nehmen. Das ist vor allem in der Grundschule verheerend.

Sätze wie „War ja klar, dass du wieder schludrig arbeitest“ oder „Das wäre jetzt aber eine Sechs“ sind untragbar. „Das Kind weiß damit zunächst gar nicht umzugehen und fühlt sich abgewertet“, weiß Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Auch als Erwachsener fühlt man sich schlecht, weil solche oder ähnliche Aussagen einem das Gefühl geben, nicht gut oder gut genug zu sein.“

Stattdessen sollten Lehrkräfte auf die Stärken eines Kindes gucken, findet die Grundschulverbands-Expertin: „Wir können Kinder nur zu starken Persönlichkeiten erziehen, wenn sie Wertschätzung erfahren. Und da macht es schon einen Unterschied, ob ich lächele, genervt bin oder böse gucke und wie ich Kritik formuliere, ob vor versammelter Mannschaft oder im Einzelgespräch, welche Worte ich wähle.“

Streng zu sein ist okay, immerhin müssen die Kinder durchaus lernen, konzentriert zu arbeiten und in bestimmten Situationen diszipliniert zu sein. „Regeln und Rituale, wie etwa ein Morgenkreis, sind für Kinder wichtig, weil sie Orientierung und Sicherheit im Unterrichtsalltag geben und ihn strukturieren. Aber diese Regeln müssen eben auch eingehalten werden“, sagt Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Die Erfahrung zeigt, dass Kinder besser lernen, wenn sie das Gefühl haben, es interessiert jemanden. Wenn also die Lehrerin oder der Lehrer die Hausaufgaben kontrolliert und für das Einhalten von Regeln lobt, ist das für die Kinder durchaus motivierend.“

Wie spreche ich Probleme mit dem Lehrer am besten an?

Eva-Maria Osterhues-Bruns sagt ganz klar: „Warten Sie nicht zu lange, wenn Ihnen etwas auf dem Herzen liegt. Suchen Sie das Gespräch mit der Klassen- oder Fachlehrkraft, aber versuchen Sie, Ihr Anliegen möglichst sachlich zu formulieren und Vorwürfe zu vermeiden. Ob Sie eine Mail schreiben oder eventuell das Sekretariat bitten, Ihnen den Gesprächswunsch weiterzuleiten, ist Ihnen überlassen.“

Wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung ist es ratsam, mit Bedacht zu formulieren und Ich-Botschaften zu senden. Sagen Sie also nicht: „Sie schimpfen ständig mit meinem Kind, es hat nun Angst vor Ihnen.“ Die allzu menschliche Reaktion darauf wird im Zweifel Gegenwehr sein. So kann ein konstruktives, lösungsorientiertes Gespräch kaum mehr gelingen.

Besser wäre es also, wenn sie sagten: „Ich habe das Gefühl, dass mein Kind gerade nicht so gern zur Schule kommt. Sehen Sie das auch? Woran könnte das liegen?“ Auf diese Art kommen Sie in den Dialog, und möglicherweise hat die Lehrerin oder der Lehrer eine ganz andere Wahrnehmung als Sie oder Ihr Kind. Bleiben Sie offen! Stellen Sie viele Fragen und versuchen Sie, die Lehrkraft in ihrer Vorgehensweise zu verstehen.

Idealerweise arbeiten Eltern und Lehrkraft gemeinsam an Problemen, die das Kind betreffen. „Überlegen Sie zusammen, was das beste für Ihr Kind wäre und wägen Sie gemeinsam ab“, empfiehlt Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Dazu gehört auch, dass Sie Ihr Kind in keinen Gewissenskonflikt bringen, indem Sie Ihren Unmut über die Lehrerin oder den Lehrer kundtun. Bleiben Sie sachlich, sagen Sie, dass Sie das Problem klären werden, aber bewerten Sie es nicht zu sehr.“

Natürlich sollten Sie Ihr Kind mit seinen Sorgen nicht allein lassen. Sie könnten sagen: „Es stimmt nicht, dass du alles falsch gemacht hast. Einiges war richtig. Und davon abgesehen, kann niemand immer alles richtig machen. Wir alle machen Fehler, und das ist vollkommen in Ordnung.“ Was hingegen kontraproduktiv wäre, sind Sätze wie: „Was hat die gesagt? Sowas musst du dir nicht gefallen lassen. Das ist ja eine Frechheit.“

Wenn Sie sich aufregen, regt das auch Ihr Kind auf. Bewahren Sie also einen kühlen Kopf, schlafen eine Nacht drüber und versuchen das Thema danach zu reflektieren und möglichst sachlich anzugehen. Wenn es Ihnen möglich ist, nehmen Sie einmal die Perspektive Ihres Gegenübers ein und überlegen, ob es mehr als nur eine (also: Ihre) Sichtweise auf den Vorfall geben könnte. Gehen Sie nicht mit Wut in das Gespräch, denn so werden Sie zu keiner Lösung kommen, die Ihrem Kind dient.

Welche Fehler machen Eltern?

Auch wenn es schwer sein mag: Vertrauen Sie den Lehrern und Lehrerinnen. Und vergleichen Sie die Situation vielleicht einmal mit anderen Lebensumständen und Jobs. Kämen Sie auf die Idee, anderen Fachkräften – Friseur, Verkäuferin, Maurer, Ärztin – ihre Arbeit zu erklären? Da vertrauen Sie in der Regel ja auch, dass diese wissen, was sie tun. Bei Lehrpersonal fällt das oft schwerer. Klar, man vertraut ihnen ja auch das geliebte Kind an.

Deshalb gilt: Im Klassenraum hat der Lehrer, die Lehrerin das Sagen. Er oder sie müssen rund zwei Dutzend Kinder mit ihren verschiedenen Charakteren sehen, bändigen, unterrichten, trösten, lenken. Das ist eine Mammutaufgabe, die nicht leichter wird, wenn jedes Elternteil seine Befindlichkeit mit in den Klassenraum trägt.

Natürlich: Wenn etwas schiefläuft, muss man dringend darüber sprechen. Aber Kleinigkeiten – Wer hat wem was weggenommen? Der hat die geschubst! – sollten Sie nicht überbewerten. „Das ist die Aufgabe von uns Lehrern“, stellt Eva-Maria Osterhues-Bruns klar. Überlegen Sie auch, ob eigene Erfahrungen aus der Schulzeit eine Rolle spielen könnte. Vielfach fühlt man sich getriggert und überträgt das aufs Kind beziehungsweise auf die aktuelle Situation.

Warum Ihr Kind beispielsweise umgesetzt wurde, kann es ihnen selbst erzählen. „Da ist kein Elterngespräch nötig, weil das eine alltägliche pädagogische Entscheidung ist“, so Eva-Maria Osterhues-Bruns. „Gehen Sie davon aus, dass sich die Lehrkraft bei Ihnen meldet, sobald es etwas wichtiges zu besprechen gibt.“

Lösen Sie sich von dem Gedanken, alles wissen oder vielleicht gar kontrollieren zu müssen. Schule bedeutet für Eltern vor allem eines: Loslassen. Ihr Kind muss die Eigenständigkeit lernen, im Hinblick aufs Lernen und Organisieren, aber auch in puncto Durchsetzungskraft und Frustrationstoleranz. All das sind Kompetenzen, die es in seinem weiteren Leben brauchen wird – und zwar ohne Ihre ständige Unterstützung.

Zwei Kinder haben Streit. Soll ich die anderen Eltern kontaktieren?

Ob man sich bei einem Konflikt zwischen Kindern einmischen sollte, ist eine diffizile Frage. Grundsätzlich sollten Kinder ihre Probleme miteinander regeln oder es zumindest lernen. Das kann gelingen, wenn man zu Hause mit seinem Sohn oder der Tochter spricht und Konfliktlösungsstrategien aufzeigt. Zudem ist es ratsam, seinem Kind mit auf den Weg zu geben, dass es sich im Ernstfall immer an eine Lehrkraft oder jemanden aus dem Erzieher-Team wenden kann.

Die anderen Eltern zu kontaktieren, kann schnell nach hinten losgehen, denn niemand hört gern, dass das eigene Kind sich unmöglich verhalten hat. Rufen Sie auf keinen Fall an, wenn Sie wütend sind. „Je nach Situation ist es sinnvoller, zunächst den Klassenlehrer oder die Klassenlehrerin zu kontaktieren und auf das Problem hinzuweisen“, sagt Osterhues-Bruns. „Wir Lehrkräfte haben einen anderen Überblick, sehen das gesamte soziale Gefüge in der Klasse und können das Problem dann gezielt angehen, ein Auge darauf haben.“

Die Lehrkraft entscheidet je nach Vorfall, ob sie die Eltern mit einbindet. Bei fortlaufenden Hänseleien oder Körperlichkeiten ist das sogar wichtig, damit zu Hause mit den Kindern gesprochen werden kann und man gemeinsam an einem Strang zieht. „Besonders in der Grundschule ist die enge Zusammenarbeit mit den Eltern elementar, wenn es um die Regeln des Miteinanders geht“, so die Grundschulverbands-Expertin. In schwierigen Fällen kann man schulische oder externe Beratungskräfte hinzuziehen, etwa Schulpsychologen.

Dann sollte aber jede und jeder in der Runde bereit sein, seine eigenen Gewissheiten infrage zu stellen und einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Eva-Maria Osterhues-Bruns: „Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen, kein Kind ist immer nur lieb. Wenn man mit einem gewissen Wohlwollen und ohne Unterstellungen aufeinander zugeht, findet man sicher einen zufriedenstellenden Kompromiss.“