Am Morgen des 24. April 1974 kommt im beschaulichen Villenviertel von Bad Godesberg in Bonn ein politischer Tsunami ins Rollen. Auf dem Bürgersteig vor dem unscheinbaren dreigeschossigen Wohnhaus Ubierstraße 107 unweit des Rheins parken fünf Blaulicht werfende Polizeifahrzeuge, anbei stehen zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite finden sich Schaulustige ein.
Es ist 6.32 Uhr, als vier Beamte der „Sicherungsgruppe Bonn“ an der Wohnungstür im ersten Stock rechts klingeln. Kurz darauf öffnet ein Mann im Bademantel die Tür. Einer der Beamten fragt: „Sind Sie Herr Günter Guillaume?“ Und sagt, ohne eine Antwort abzuwarten: „Wir haben einen Haftbefehl des Generalbundesanwalts.“ Schon drängen die unerwarteten Besucher den verdutzten Günter Guillaume, 47, rückwärts in den Flur.
Während die Beamten damit beginnen, die Wohnung auf den Kopf zu stellen – sie durchwühlen Wäsche, demontieren Schränke, zerteilen Seife mit einem Messer, drücken Zahnpasta aus der Tube –, versuchen Günter Guillaume und seine Frau Christel, 46, ihren aus dem Schlaf geschreckten Sohn Pierre, 17, zu beruhigen: Alles werde gut.

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