Talkshow

Habeck bei Will: Einhaltung der Klimaziele durch Heizungsgesetz unsicherer geworden

Der grüne Wirtschaftsminister wird in der Sendung erst mal im Einzelgespräch gefragt. Er zieht bittere Folgerungen aus dem Koalitionsstreit.

Immer schön ruhig bleiben: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Sonntagabend in der Talkshow „Anne Will“
Immer schön ruhig bleiben: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Sonntagabend in der Talkshow „Anne Will“imago

Was einmal schiefgegangen ist, kann man hinterher nicht mehr schönreden. Und wenn man es doch versucht, dann sieht das so aus wie am Sonntagabend in der Talkshow bei Anne Will. Dort saß als zunächst einziger Gast Wirtschaftsminister Robert Habeck. Es geht natürlich vor allem ums Gebäudeenergiegesetz. Erst später stoßen zwei Wissenschaftler dazu, tragen aber kaum noch zur Erhellung bei.

Habeck wirkte braun gebrannt, aber übernächtigt, saß mit kleinen Augen auf der Kante des Sessels und hatte sich vor allem vorgenommen, sich nicht mehr aufzuregen. Zurück zum alten Habeck, der erklärt, wenn auch ein bisschen kompliziert, und der zuhört und versucht, mit Argumenten zu überzeugen.

Die Einzelbefragung ist sonst eigentlich das Privileg des Kanzlers. Hier war sie für den Gast offenbar das Mittel zur Aufarbeitung – um dann endlich über die verkorksten letzten Wochen hinwegzukommen. Wenn man einmal richtig Rede und Antwort steht, dann kann man hinterher auch sagen, es reicht jetzt mal wieder, Leute. Habeck war daher auch bereit, so selbstkritisch wie nötig bei der Sache mitzumachen.

Das führte dann zu Dialogen wie diesem: Anne Will: „Sie haben ein Gesetz vorgelegt, das so schlecht war, dass es nur Streit provozierte und nun allenfalls verwässert verabschiedet wird. Damit haben Sie sowohl dem Ansehen der Regierung und dem Klimaschutz geschadet - kommt das hin?“ Robert Habeck: „Zur Hälfte.“ So etwas würden Christian Lindner und Olaf Scholz nie und nimmer sagen, und die Frage ist jetzt: Ist das gut oder schlecht, was Habeck da gerade macht?

Sein Kalkül ist dabei offensichtlich: trotz unangenehmer Wahrheiten wieder die Deutungshoheit über das Heizungsgesetz und überhaupt über die Klimaschutzgesetze zurückzugewinnen. Dabei räumt er Fehler ein, lässt sich aber nicht alle überhelfen. Der größte Fehler, gibt Habeck zu, sei wohl der gewesen, dass man sich selbst zu sehr unter Zeitdruck gesetzt habe. „Wir haben uns nicht den Moment gegönnt, mal kurz innezuhalten“, sagt er. „Aber ich hatte wirklich Bedenken, dass wir nicht genug Gas im Winter haben.“

Aus dieser Befürchtung heraus sei die Beschleunigung beim Heizungsgesetz zustande gekommen. Man habe sich in der Pflicht gesehen, schon deswegen möglichst schnell wegzukommen von den Gasheizungen, weil Russland „uns das Gas abgeklemmt hat“. Das hat es zwar nicht, aber richtig ist schon, dass die Sanktionen – also andersherum – zum Gasmangel in Deutschland führten.

Der Diskussionsstand im Oktober 2021 – als es um den Koalitionsvertrag ging – sei der gewesen, dass man ab 2025 keine neuen fossilen Heizungen mehr zulassen wollte. „Das wurde dann vorgezogen unter der Bedingung, dass Gas uns ausgeht“, so Habeck. Doch weil man gut durch den Winter gekommen war, sei die Welt zu Ostern eine andere gewesen.

Das ist plausibel, erklärt aber nicht die furchtbaren Kommunikationspannen und Fehleinschätzungen, nachdem der erste Gesetzentwurf durchgestochen worden war. Anne Will erspart dem Gast nichts. In Schleswig-Holstein habe er erklärtermaßen immer so agiert, dass man aus Betroffenen Beteiligte mache. „Warum ist Ihnen das verloren gegangen, Herr Habeck?“ Der windet sich ein wenig und unwillkürlich windet man sich zu Hause auf dem Sofa mit. Will man das jetzt wirklich wissen?

Habeck bleibt tapfer und antwortet, dass ihn das auch umtreibe. „Meine Erklärung ist, wir haben zu lange weitergemacht wie im Jahr 2022.“ Er meint damit die Zeit, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Ministeriums – und nicht nur die – in Decken gehüllt an ihren Schreibtischen saßen, weil nur noch maximal auf 19 Grad geheizt wurde.

Doch jetzt ist es draußen schwül und die Menschen erkennen, dass es richtig Geld kosten wird, wenn die Wärmewende im Gebäudesektor gelingen soll. Ihr eigenes, privates Geld. Da ist natürlich Schluss mit lustig – zumal auch beim neuen Gesetzentwurf noch immer nicht klar ist, wer welche Förderung bekommt.

Habeck bei Anne Will: „Wir haben den sozialen Ausgleich beim Heizungsgesetz immer mitgedacht“

Hier präsentiert sich Habeck schwach. „Den sozialen Ausgleich haben wir immer mitgedacht“, sagt er und auch, dass er immer erklärt habe, „dass das üppig ausfinanziert werden muss“. Das Geld stehe dafür auch bereit. „Die Förderung wird auskömmlich sein“, versichert Habeck. Da soll man ihm jetzt wieder genau den Vertrauensvorschuss geben, den er eigentlich gerade verspielt hat.

Zum Schluss noch eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Die Ampel ist jetzt wieder auf gutem Wege, sagt Habeck und lässt sich auch nicht von dem Einspieler provozieren, in dem Scholz und Lindner bei der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises der SPD launige Sprüche über Wärmepumpe und das Ruckeln in der Regierung machen.

Die schlechte Nachricht aber lautet: „Durch das neue Gebäudeenergiegesetz wird es erst mal unwahrscheinlicher, dass wir die Klimaschutzziele einhalten“, so der Klimaminister. Das sei die bittere Konsequenz des Koalitionsstreits. Und so hat die FDP dann doch noch ihr Fett abbekommen.