Bundesregierung

Entscheidung über Fluthilfe verzögert: Ist das die Rache der Grünen an der FDP?

Weil die FDP Habecks Gesetz gestoppt hat, blockieren die Grünen die Katastrophenhilfe – das behauptet eine FDP-Abgeordnete. Eine Grüne wirft ihr Lügen vor.

Durch eine Novelle im Baugesetzbuch soll künftig schneller auf Katastrophen wie 2021 im rheinland-pfälzischen Altenahr reagiert werden können.
Durch eine Novelle im Baugesetzbuch soll künftig schneller auf Katastrophen wie 2021 im rheinland-pfälzischen Altenahr reagiert werden können.Boris Roessler/dpa

Der Streit in der Ampel-Koalition über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) setzt sich nicht nur fort, er erweitert sich auch auf andere Pläne der Bundesregierung. Wieder sind es die Grünen und die FDP, die in aller Öffentlichkeit heftig aneinandergeraten.

Das Thema diesmal: eine Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB), durch die auch der Wiederaufbau nach Katastrophen wie 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen beschleunigt werden soll. Damals hatten Überschwemmungen ganze Orte verwüstet, mehr als hundert Menschen getötet, unter anderem im Ahrtal verloren Tausende ihr Zuhause.

In einem Tweet wirft die FDP-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen und Bauen, Sandra Weeser, den Grünen eine Blockade des Vorhabens vor. „Die Grünen blockieren als Retourkutsche das bereits fertige Gesetz zur Erleichterung des Wiederaufbaus im Ahrtal. Nur weil das GEG nicht schon diese Woche in den Bundestag kommt.“

Grünen-Politikerin: „Ganz explizit gelogen“

Über das GEG, das in der Öffentlichkeit als Heizungsgesetz diskutiert wird, streiten Grünen und FDP seit Wochen. Ein Entwurf von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grünen) sowie Bauministerin Klara Geywitz (SPD) stößt vor allem bei den Liberalen auf Widerstand. Nach langem Hin und Her wird der Gesetzentwurf nun doch nicht in dieser Woche in den Bundestag eingebracht.

Auf Nachfrage der Berliner Zeitung verweist Weeser darauf, dass die Tagesordnung fürs Parlament größtenteils auf Arbeitsebene der Fraktionen abgestimmt werde. SPD und FDP seien sich einig gewesen: Ein Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren, an das die BauGB-Novelle angehängt worden wäre, hätte noch in dieser Woche auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen, damit der Gesetzgebungsprozess in zweiter und dritter Lesung abgeschlossen werden könne.

Es ist nicht unüblich, dass an ein Gesetz weitere Änderungen – in diesem Fall die Novelle des Baugesetzbuches – angehängt und im Bundestag mitbeschlossen werden.

Allerdings habe die Fraktion der Grünen nicht zugestimmt, so Weeser weiter. Dabei sei das Gesetz fertig ausverhandelt, es hätte problemlos auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Die FDP-Politikerin meint: Nach Aussagen aus der Grünen-Fraktion sei die Blockade auf die fehlende Einigung in der Diskussion über das GEG zurückzuführen.

„Seit der Flutwasserkatastrophe im Sommer 2021 habe ich das Ahrtal bereits mehrmals besucht und mich mit den Menschen vor Ort ausgetauscht“, sagt Weeser der Berliner Zeitung. „Dass die Menschen nach zwei Jahren immer noch im Unklaren gelassen werden, hat mich zutiefst betroffen gemacht.“ Sie hätten „endlich einen Lichtblick“ verdient, dazu gehöre auch die Erleichterung im Baugesetz, um den Wiederaufbau zu erleichtern und zu beschleunigen. „Deshalb hätte ich mir sehr gewünscht, dass das Trägergesetz zur Wiederaufbauklausel Ahrtal diese Woche auf die Tagesordnung gekommen wäre.“

Auf den Tweet der FDP-Politikerin hatte unter anderem die Grünen-Abgeordnete Christina-Johanne Schröder reagiert, auch sie ist Mitglied im Bau-Ausschuss. Sie schrieb wiederum, die FDP habe „der Aufsetzung im Ausschuss widersprochen und das kann ich belegen“. Zu den Anschuldigung der Liberalen erwiderte sie, das sei „ganz explizit gelogen“.

Auf Nachfrage der Berliner Zeitung sagt Schröder: „Wir als Ampel haben Ende letzter Woche eine schöne, kleine Baugesetzbuch-Novelle fertig erarbeitet.“ Neben der Digitalisierung der Bauleitplanung und anderen Vorhaben wolle die Koalition „den Wiederaufbau in den Flutkatastrophengebieten erleichtern“.

Laut Schröder hat die Ausschussvorsitzende Weeser diesen Punkt „mit großem Engagement“ und gemeinsam mit den Abgeordneten Claudia Tausend (SPD) und Anja Liebert (Grüne) vorangebracht. „Gestern war ein anstrengender Tag für die Ampel“, sagt Schröder zum Streit über das Heizungsgesetz. „Damit das nicht so weitergeht, haben Frau Weeser und ich vereinbart, einen Kaffee zu trinken und alles Weitere zu klären. Wichtig ist: Den Bundesrat am 16.6. können wir mit dem Gesetz erreichen.“

Schröder geht also davon aus, dass die Baugesetzbuch-Novelle noch vor der Sommerpause im Parlament beschlossen werden kann. Inwiefern sie belegen könnte, dass die FDP der „Aufsetzung im Ausschuss widersprochen“ hat, dazu sagt die Grünen-Abgeordnete nichts.

Bundeskabinett hatte sich auf BauGB-Novell geeinigt

Eigentlich hatte sich die Ampel-Regierung bereits geeinigt: Ende März verkündete das Bauministerium, dass das Bundeskabinett „zahlreiche Verbesserungen im Baugesetzbuch beschlossen“ habe. Darunter sei auch die Aufnahme der sogenannten Wiederaufbauklausel. Ein Formulierungsvorschlag solle dauerhaft in das BauGB übernommen werden.

„Die Landesregierungen sollen die Möglichkeit erhalten, bei künftigen Katastrophenfällen bauplanungsrechtliche Sonderregelungen zu aktivieren, um schneller als bisher reagieren zu können“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.

Dass das Gesetz seit vergangenem Freitag inhaltlich fertig sei, sagt auch der FDP-Angeordnete Daniel Föst, der ebenfalls im Bau-Ausschuss sitzt. „Es sollte diese Woche aufgesetzt werden, damit es im Juni auch im Bundesrat beschlossen werden kann. Die Grünen haben der Aufsetzung widersprochen.“

Somit steht Aussage gegen Aussage, Vorwurf gegen Vorwurf. Die Koalitionspartner beschuldigen sich gegenseitig, das Vorhaben zu verzögern. Nur geht es diesmal nicht um den Einbau von Heizungen ab dem Jahr 2024. Es geht um die Nöte der Menschen im Ahrtal und anderen von der Flut betroffenen Regionen.

Über die Beweggründe der Grünen wolle er nicht spekulieren, sagt Föst der Berliner Zeitung. Seiner Fraktion lägen keine neuen inhaltlichen Änderungswünsche vor. „Das Gesetz ist besonders wichtig für die Menschen im Ahrtal. Seit zwei Jahren kommt der Wiederaufbau nur schleppend voran, weil die Planungsverfahren zu lange dauern. Hier müssen wir dringend Abhilfe schaffen“, so der Liberale. „Wir sollten dieses Gesetz nicht grundlos verzögern.“