Heute im Bundestag

Nach vielen SPD-Tricks beim Sondervermögen hat die Union keine Lust mehr

CDU und CSU wollen den 100 Milliarden für die Bundeswehr nicht zustimmen. Sie haben drei Bedingungen, doch wie bei den Waffenlieferungen schlägt Scholz Haken.

Kampfhelme und Nachtsichtgeräte fehlen den Bundeswehrsoldaten ebenso wie Munition und andere technische Ausrüstung. Das neue Sondervermögen soll Abhilfe schaffen.
Kampfhelme und Nachtsichtgeräte fehlen den Bundeswehrsoldaten ebenso wie Munition und andere technische Ausrüstung. Das neue Sondervermögen soll Abhilfe schaffen.www.imago-images.de

Die Diskussionen um Waffenlieferungen für die Ukraine haben das Sondervermögen der Bundeswehr in den vergangenen Tagen in den Hintergrund treten lassen. Dabei war das der Kern der Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). In der Sondersitzung des Bundestages Ende Februar hatte er zur Überraschung der übrigen Fraktionen, inklusive der meisten Koalitionspartner, angekündigt, dass die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ausgestattet werden solle.

Die Union klatschte damals geradezu frenetisch Beifall, während sich die Euphorie bei einem Großteil der SPD-Fraktion in Grenzen hielt. Doch auch bei der Union ist die Begeisterung mittlerweile stark abgeflaut. Dabei braucht Scholz die Zustimmung aus der CDU/CSU-Fraktion, denn das Sondervermögen soll auch im Grundgesetz festgeschrieben werden, das bekanntlich nur mit einer Zweidrittelmehrheit zu ändern ist.

Heute Nachmittag steht im Bundestag die erste Lesung des Bundeswehrsondervermögensgesetzes an, dessen Abkürzung BwSVermG sicherlich nur absolute Insider verwenden werden. Ebenfalls mitberaten wird die entsprechende Grundgesetzänderung, für die im Artikel 87a ein neuer Absatz eingefügt werden soll. Darin wird festgelegt, dass der Bund ein Sondervermögen Bundeswehr mit bis zu 100 Milliarden Euro errichten kann, das nicht unter die Schuldenbremse fällt.

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26.04.2022

Die Union aber will dem nicht zustimmen. Das versichern ihre Abgeordneten seit Mitte April, als die beiden Gesetzentwürfe vorgelegt wurden. Am Dienstag bekräftigte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei, die Ablehnung. „Beide Gesetzentwürfe bleiben weit hinter dem zurück, was der Kanzler in seiner Zeitenwende-Rede angekündigt hat“, so Frei. „Was auf dem Tisch liegt, sind Haushaltstricks und sonst nichts.“ Der Ampelkoalition gehe es mit dem Sondervermögen ausschließlich um eine weitere Ausnahme von der Schuldenbremse.

Die Union kritisiert im Wesentlichen drei Punkte. So gebe es keinen Tilgungsplan für die Milliarden, obwohl sie ausschließlich durch Kredite finanziert werden sollen. Das Sondervermögen, so lästert man in der Fraktion, sei eigentlich ein Synonym für Sonderschulden. Die Union würde das aber noch durchgehen lassen, wenn sie denn komplett der Bundeswehr zugute kämen. Das aber, argwöhnt man zumindest bei CDU und CSU, sei längst nicht mehr sicher. Das Gesetz trägt zwar den Namen der Bundeswehr, das Geld soll aber sehr viel allgemeiner der „Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ zugute kommen. Und das kann sehr viel mehr sein, als nur neue Waffen für die Bundeswehr.

Erbost ist man in der Opposition aber auch darüber, dass die Erhöhung des Verteidigungsetats, die Scholz ebenfalls in seiner Zeitenwende-Rede angekündigt hat, nun mit dem Sondervermögen verrechnet wird. Scholz hatte erklärt, dass der Verteidigungshaushalt künftig mindestens zwei Prozent des Bruttosozialprodukts umfassen soll – das ist das offizielle Nato-Ziel, das Deutschland trotz aller Versprechen bisher nicht erfüllt. Wie sich das mit den 100 Milliarden ausgeht, hat der Kanzler in seiner Rede allerdings unklar formuliert – vermutlich mit voller Absicht. Die Union will ihm dieses Hintertürchen nun schließen und droht, die Zustimmung zu verweigern, wenn nicht klar geregelt wird, dass das Zwei-Prozent-Ziel auf Dauer angelegt ist – auch dann, wenn das Sondervermögen dafür aufgebraucht ist. Dagegen hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich schon in der Generaldebatte zum Haushalt klar ausgesprochen.

Bei Regierung und Opposition gibt man sich aber dennoch zuversichtlich, die Differenzen auszuräumen. Die endgültige Beratung der Gesetze wird erst im Juni stattfinden. Aber reicht die Zeit, um zu einer Einigung zu gelangen?