Parteitag

Die CDU trifft sich erstmals wieder live – Bewährungsprobe für Merz

Für den Parteivorsitzenden Friedrich Merz ist der Parteitag in Hannover der erste Stimmungstest bei der Partei. Es drohen einige Fallen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz attackiert die Ampel-Politik in der Generaldebatte im Bundestag. Der Applaus der Fraktion war frenetisch. Ab Freitag muss Merz die Delegierten seiner Partei von sich überzeugen. 
Unionsfraktionschef Friedrich Merz attackiert die Ampel-Politik in der Generaldebatte im Bundestag. Der Applaus der Fraktion war frenetisch. Ab Freitag muss Merz die Delegierten seiner Partei von sich überzeugen. dpa/Kay Nietfeld

Friedrich Merz ist – wenn auch mit langer Pause – seit Jahrzehnten in der Politik, aber das wird für ihn eine Premiere sein: Am Freitag trifft er erstmals als Vorsitzender auf seine Partei, so richtig live und in echt. Die beiden vergangenen Parteitage, auf denen er sich zur Wahl stellte, wurden ja nur online abgehalten. Seine Bewerbungsreden hat Merz im Januar 2021 und exakt ein Jahr später noch mal in eine Kamera gesprochen. Live-Applaus gab es nur spärlichen vom Parteitagspräsidium im Studio. Immerhin klappte es im damals dritten Anlauf: Am 31. Januar wurde er zum Parteichef erwählt, sogar im ersten Wahlgang schon.

In der Zwischenzeit hat er auch den Fraktionsvorsitz der Unionsfraktion übernommen und ist unangefochtener Oppositionsführer. Im Bundestag ist der Politikrückkehrer also bereits angekommen, ob das auch für die Partei gilt, weiß Merz, wenn er seine Rede am Freitagnachmittag hinter sich hat.

Zwei Tage, am Freitag und Samstag, finden sich die 1001 Delegierten in der Messe Hannover zusammen. Auch für sie wird es zum ersten Mal seit drei Jahren wieder ein Parteitag in Live-Atmosphäre sein. Gute Ausgangsvoraussetzungen also für mächtig Stimmung im Saal. Doch Merz wird hier ganz anders gefordert sein als bei seinen Reden im Bundestag.

Auf dem Parteitag stehen keine Wahlen an, außer der der Baden-Württemberger Bundestagsabgeordneten Christina Stumpp zur stellvertretenden Generalsekretärin. Für den neu geschaffenen Posten muss eine Satzungsänderung erfolgen, die ein Online-Parteitag aber nicht beschließen durfte. Ansonsten geht es um die Partei – inhaltlich und in ihrer Außendarstellung.

Die könnte besser sein. Die Union steht in den Umfragen zwar vorn, aber deutlich unter 30 Prozent. Im Saarland ging eine Landtagswahl mit Pauken und Trompeten verloren. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hat die CDU gewonnen, doch dort haben die beiden selbstbewussten Landeschefs Daniel Günther und Hendrik Wüst die Erfolge jeweils für sich selbst vereinnahmt.

Jetzt steht die Wahl in Niedersachsen an, weshalb man praktischerweise in Hannover tagt und dem CDU-Spitzenkandidaten Bernd Althusmann das Parteitagspräsidium überlässt. Für ihn zählt jeder Rückenwind aus der Partei, denn beim Urnengang am 9. Oktober gilt er nicht als Favorit. Die Umfragen sagen im Gegenteil das Ende der großen Koalition voraus – und eine rot-grüne unter dem bisherigen SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil.

Merz Partei-Konkurrenten aus den Ländern halten sich ziemlich bedeckt, was bundespolitische Ambitionen anbetrifft. Aber es genügt ja ein Blick aufs Alter. Daniel Günther ist 59, Hendrik Wüst erst 47. Friedrich Merz wird im November 67 Jahre alt. In vier Jahren ist die nächste turnusgemäße Bundestagswahl, da darf man schon die Frage stellen, ob Merz der Kandidat für die Zukunft ist. Er selbst sagt dazu nichts. Er hat aber erst kürzlich in ein jugendlicheres Brillenmodell investiert.

Auf dem CDU-Parteitag soll es zunächst aber erst mal um inhaltliche Entscheidungen gehen. Es ist viel liegen geblieben in den unruhigen Jahren mit wechselnden Vorsitzenden und der Bundestagswahlschlappe für die Union. Da ist zum Beispiel die Frauenquote. Lange geplant und kontrovers diskutiert, nimmt sie sich mittlerweile wie ein lästiges Übel aus, das jetzt schnell mit erledigt werden soll. Dennoch wird sie ein Stimmungsbarometer für den Vorsitzenden sein, nachdem er sich nach langem Zögern dafür ausgesprochen hat. Geteilt sind die Meinungen auch beim sozialen Pflichtjahr für Schulabgänger. Ob das nach Corona die richtige Ansprache für die Jugend ist, bezweifelt nicht nur die Junge Union.