Berlin-Noch mehr Politiker, noch mehr Parteien. Am Donnerstagabend haben sich ZDF und ARD noch mal dem Wahlkampf gewidmet. Diesmal sind die Spitzenpolitiker aller im Bundestag vertretenen Parteien dabei und nicht nur die drei Kanzlerkandidaten. „Wahl 2021 – Die Schlussrunde“ heißt die Sendung, deren Titel fast wie ein Stoßseufzer klingt.
So richtig Lust hat an diesem Abend kurz vor der Wahl offenbar keiner der Anwesenden. Entsprechend gallig gehen sie sich an, wenn die strenge Moderation von Tina Hassel und Theo Koll das zufällig mal erlaubt. CSU-Chef Markus Söder behält bis zum Schluss eine geradezu bärbeißige Miene bei. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Armin Laschet direkt neben ihm platziert wurde. Söder sitzt rechts von Laschet, weswegen sich dieser anfangs betont nach links zu den Moderatoren dreht. Söder wiederum nutzt jede Gelegenheit zu sehr ausführlichen Antworten, beschwert sich nach einer halben Stunde, dass er nicht genug reden darf und verweist darauf, dass die anderen ja schon „sehr schöne Trielle“ hatten. Prompt darf er mehr sagen.
Die Sendung beginnt mit dem Mord in Idar-Oberstein, wo ein Maskenverweigerer einen jungen Tankstellenkassierer erschossen hat, weil dieser ihn auf die Coronaregel hingewiesen hatte. Die erste Frage geht an Laschet. Er soll beantworten, warum die Regierung es nicht geschafft hat, das geplante Wehrhafte-Demokratie-Gesetz auf den Weg zu bringen. Laschet macht es aber, wie er es immer macht. Er erzählt erst mal die Geschichte nach, damit er nichts Konkretes sagen muss. Dass lässt ihm Tina Hassel nicht durchgehen und fragt nochmal nach dem Gesetz. „Dieser Hass lässt sich auch durch so ein Gesetz nicht vertreiben“, erklärt Laschet kurzerhand. Es klingt ein bisschen wie das, was er nach der Flutkatastrophe gesagt hat: Weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die ganze Politik.
Schlimmer macht es nur noch Alice Weidel. Sie hält nichts von „Stigmatisierung von Protestbewegungen“. Kein Wort zu dem Opfer von Idar-Oberstein, aber viel Gejammer, dass die Teile der Bevölkerung verurteilt würden, die völlig zu Recht die Corona-Maßnahmen verurteilten.
Den schwersten Stand hat Annalena Baerbock. Als sie das Enteignungsvolksbegehren in Berlin verteidigt, ätzt Lindner: „Ist sie jetzt auch Staatsrechtlerin?“ Markus Söder wiederum erklärt der Grünen-Kandidatin, dass sie die erfolgreiche Außenpolitik der Kanzlerin völlig zu Unrecht kritisiere und außerdem nicht dazwischenreden soll. Da geht es bereits um die Politik gegenüber China. Es ist also endlich mal die Außenpolitik an der Reihe. Die Meinungen dazu überraschen aber kaum.
Die Grünen, so Söder, hätten da eine „unreife Einstellung zur Welt“, die Deutschland Millionen Arbeitsplätze kosten könne. Baerbock verweist auf den Bund der deutschen Industrie, der auch der Meinung sei, dass Produkte aus Lagern mit Zwangsarbeit nicht auf den europäischen Markt gehören. Ihr Problem sind weniger die Argumente als vielmehr die Tatsache, dass sie bei Gegenwind aus der Runde automatisch schneller spricht und ihre Stimme hebt, die dann schriller klingt.
Aber die Moderatoren wollen jetzt von den anderen wissen, was sie zur China-Politik sagen. Olaf Scholz ist zu diesem Zeitpunkt irgendwie raus aus der Runde. Aber er antwortet auch immer so lange, dass jede Frage an ihn sendetechnisch ein Risiko ist. Er kann dennoch seine Keywords unterbringen („Es ist mir gelungen“, „Da haben wir etwas richtig gemacht“).
Weiter geht’s mit der Bundeswehr und der Nato. Da muss natürlich Janine Wissler von den Linken ran, die bekanntlich aus der Nato aussteigen wollen. „Mehr Rüstung macht die Welt nicht sicherer, das Geld kann man gut auch woanders brauchen“, sagt sie und erklärt gleich weiter, dass das Desaster in Afghanistan die These beweise. Aber da muss Tina Hassel eingreifen, die ihr erklärt, man habe sie länger reden lassen, weil ihr Redekonto „sehr weit runter“ gewesen sei. Das ist es jetzt aber offenbar nicht mehr, weswegen die Schnellfragerunde ansteht.




