Arrow 3 aus Israel

Schutz gegen Atomraketen: Das kann Deutschlands neues Abwehrsystem Arrow 3

Die USA machen den Weg frei: Deutschland bekommt das israelische Flugabwehrsystem Arrow 3. Damit ist die Bundesrepublik in der Lage, Raketen in großer Höhe abzufangen.

Eine Arrow-3-Abfangrakete, die am Morgen des 3. Januar 2014 von einem israelischen Militärstützpunkt an einem ungenannten Ort an der Mittelmeerküste startet. 
Eine Arrow-3-Abfangrakete, die am Morgen des 3. Januar 2014 von einem israelischen Militärstützpunkt an einem ungenannten Ort an der Mittelmeerküste startet. ISRAELI MINISTRY OF DEFENSE

Die USA geben grünes Licht: Deutschland darf das Luftverteidigungssystem Arrow 3 von Israel kaufen. Die Zustimmung der USA war notwendig, weil die Entwicklung des Arrow-Systems in Kooperation mit dem US-Luftfahrtkonzerns Boeing entstanden war.

Arrow 3 versetzt die deutschen Streitkräfte erstmals in die Lage, anfliegende Raketen mit enormer Reichweite in einer Höhe von bis zu 100 Kilometern abzufangen – lange bevor sie ihr Ziel erreichen. Theoretisch ist Arrow 3 sogar in der Lage, Satelliten in erdnaher Umlaufbahn zu bekämpfen. Die Fähigkeit zur Bekämpfung von Raketen in großer Höhe gilt bei Experten auch als eine Grundvoraussetzung für die Abwehr von Atomraketen, denn wenn Raketen mit radioaktiven Material zu niedrig abgefangen werden, besteht die Gefahr, dass Landstriche großflächig verseucht werden. Durch den rund vier Milliarden Euro schweren Rüstungsdeal sollen Lücken in der deutschen Luftverteidigung geschlossen werden.

Arrow 3 kann auch Nachbarländer schützen

„Ein Vorteil der Arrow 3 ist, dass sie auch Nachbarländer, wie Polen, vor Angriffen schützen kann. Das wäre zentral für das Vorankommen eines europäischen Schutzschildes“, sagt der Bundestagsabgeordnete Philip Krämer, der für die Grünen im Verteidigungsausschuss sitzt. „In einem ersten Schritt sollen Mittel in Höhe von 600 Millionen Euro gezahlt werden. Dafür garantiert Israel Deutschland den Preis für die Arrow 3 sowie die schnellstmögliche Produktion“, so Krämer. Entscheidet ist für Krämer eine schnelle Integration des Flugabwehrsystems in die vorhandenen Strukturen der Nato.

Bisher wird von der Bundeswehr zur Bekämpfung von ballistischen Raketen vor allem das Luftverteidigungssystem „Patriot“ eingesetzt, welches jedoch nur eine Reichweite von 68 Kilometern und 30 Kilometern Höhe aufweist. 

Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschuss, Henning Otte (CDU), ist von den Fähigkeiten der Arrow 3 überzeugt. „Arrow 3 versetzt die Bundeswehr in die Lage, Raketen wie die russische Kinschal frühzeitig und in großer Höhe abzufangen. Gerade in der Ukraine zeigt sich, dass herumfliegende Trümmerteile, die entstehen, wenn Raketen erst spät abgefangen werden, für Zivilisten ein hohes Risiko darstellen“, sagte er der Berliner Zeitung.

„Hiermit wird eine Fähigkeitslücke zur Abwehr von Mittel- und Langstreckenraketen geschlossen. Allerdings fordere ich zusätzlich auch eine verbesserte Abwehr im Nah- und Nächstbereich zur Abwehr von Drohnen und Drohnenschwärmen“, so Otte weiter. 

Der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, sagte der BILD: „Unser Patriot-System in der neuesten Konfiguration kann schon recht viel, aber ballistische Raketen, die aus dem Weltall kommen, das können wir ebenso noch nicht abwehren. Deswegen war der Vorschlag der Luftwaffe, Arrow 3 zu beschaffen“, sagte der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, der Bild-Zeitung. 

Bis Ende 2023 wollen Deutschland und Israel einen verbindlichen Vertrag zur Lieferung des Systems schließen. Ab 2025 soll das System zuerst auf dem Fliegerhorst Holzdorf/Schönewalde an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg einsatzfähig gemacht werden. Je ein weiterer Standort sollen in Bayern und Schleswig-Holstein gefunden werden, um das gesamte Bundesgebiet zu schützen. 

Erst im Juni hatten der Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestags für den Kauf gestimmt. Laut Angaben Israels betragen die Kosten um die vier Milliarden Euro und sollen aus den 100 Milliarden Euro Sondervermögen der Bundeswehr finanziert werden.

Dem Rüstungsdeal vorausgegangen waren zahlreiche Konsultationen zwischen Israel und Deutschland. Darauf wies auch Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hin, der die politischen Bemühungen um den Kauf des Arrow-3-Systems federführend begleitete. „Ein Geschäft dieser Größenordnung wäre ohne intensive diplomatische Bemühungen nicht möglich gewesen“, sagte Prosor der Berliner Zeitung. 

Israel leistet Beitrag für Deutschlands Sicherheit

Für Prosor hat der Rüstungsdeal auch eine historische Dimension: „Als Israels Botschafter in Deutschland bin ich stolz darauf, dass der Nationalstaat des jüdischen Volkes 75 Jahre nach seiner Gründung einen Beitrag zum Schutz Deutschlands und Europas leistet.“

In Israel selbst war die Entwicklung des Arrow-Systems lange Zeit umstritten. Die israelische Luftwaffe (Israeli Airforce, IAF) lehnte eine israelische Eigenentwicklung bei der Raketenabwehr ab. Die Planer der IAF befürchteten, dass die Beschaffung und Entwicklung der kostspieligen Raketen die für offensive Projekte wie Kampfflugzeuge bereitgestellten Ressourcen schmälern würde. Ein fundamentales Umdenken fand schließlich während des Zweiten Golfkriegs von 1991 statt, als der irakische Machthaber Saddam Hussein israelisches Staatsgebiet mit ballistischen Mittelstreckenraketen unter Beschuss nahm.