Koalitionsverhandlungen

Schwarz-Rot in Berlin: Jetzt geht es dem Tempelhofer Feld an den Rand!

Die mutmaßliche neue Berliner Landesregierung aus CDU und SPD will das ehemalige Flughafengelände bebauen. Am Ende soll das Volk darüber abstimmen.

Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegner (CDU)
Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegner (CDU)Annette Riedl/dpa

Berlins Landesregierung in spe aus CDU und SPD möchte das Tempelhofer Feld am Rand bebauen. Das bestätigten die Verhandlungsführer beider Seiten, ehe sie sich zu abschließenden Beratungen zurückzogen. Gleichzeitig wurde klar, dass in dieser Legislaturperiode allenfalls Vorbereitungsarbeiten vorgenommen werden können. An deren Ende soll das Volk über eine Bebauung des Feldes entscheiden. Das könne frühestens am Termin der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2026 geschehen. 

„Wir wollen einen internationalen städtebaulichen Wettbewerb auf den Weg bringen“, sagte am Freitag die noch amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die für die SPD eine der Chefinnen in der Verhandlungsgruppe ist. Die Wettbewerbsergebnisse könnten Grundlage für eine Abstimmung sein. Wäre sie erfolgreich, solle sie nach Vorstellung von CDU und SPD einen Volksentscheid aus dem Jahr 2014 aushebeln, der sich für eine komplette Freihaltung des 355 Hektar großen Areals in der Innenstadt aussprach.  

Bemerkenswert dabei die Rolle von Raed Saleh. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD bekannte bei der Tempelhof-Frage öffentlich, dass er an seiner Skepsis und Kritik an einer möglichen Bebauung festhalte. „Ich bin da in meiner Partei in der Minderheit“, sagte Saleh am Freitag bei der Präsentation der Pläne. Dennoch wolle er  sich jetzt für den Wettbewerb stark machen. Auf dessen Grundlage solle ein Konzept erarbeitet werden, das man dann den Bürgern zur Abstimmung vorlegen wolle. 

Ein solches Konzept müsse zweierlei berücksichtigen: eine „behutsame Bebauung“ am Rand und eine „Ewigkeitsgarantie“ für das verbleibende freie Feld in der Mitte. Zur behutsamen Bebauung sollten neben (bezahlbaren) Wohnungen auch eine soziale Infrastruktur aus Studentenheimen, Seniorenunterkünften, Behinderteneinrichtungen und Reha-Kliniken gehören. Das Tempelhofer Feld sei ein Platz für alle – und solle das auch bleiben.

Waren Maßnahmen wie ein bis zu zehn Milliarden Euro schweres Sondervermögens für „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“, die Weiterführung und Verstetigung eines Landesmindestlohns oder die Einführung eines Wahlpflichtfaches Religion/Weltanschauung bereits bekannt, ging es in den vergangenen Tagen vor allem um die Bereiche Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung. 

Über die Bewegung auf dem Tempelhofer Feld hinaus haben sich CDU und SPD auf ein Schnelles-Bauen-Gesetz verständigt, wie der designierte künftige Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte. Dafür wolle man die Landesbauordnung verändern und Genehmigungsverfahren beschleunigen.

Dazu passt, dass der Wohnungsbestand bei den landeseigenen Gesellschaften von derzeit knapp 400.000 auf 500.000 Wohnungen angehoben werden soll. Dies soll vor allem durch Neubau geschehen, doch auch auf den milliardenschweren Aufkauf von 15.000 Wohnungen von privaten Eigentümern habe man sich geeinigt. Bereits existierende Instrumente wie die Senatskommission für Wohnungsbau, die Hürden bei Bauvorhaben ausräumen soll, sollen weiterbestehen.

Berlin denkt um: Eigentum fördern, Genossenschaften sollen öffentliche Flächen kaufen dürfen

Neu ist, dass Genossenschaften jetzt auch öffentliche Flächen kaufen können. Ebenso ist daran gedacht, Familien mit geringem oder mittleren Einkommen beim Kauf von Eigentumswohnungen zu fördern.

Neben dem Neubau ist nach Worten der Verhandler auch der Mieterschutz elementar. Man wolle den Mieterschutz stärken, so Wegner und eine Ombudsstelle einrichten, bei der Mieter Verstöße gegen die Mietpreisbremse melden könnten. Dazu gehöre aber auch ein Wohnungskataster, um überhaupt Überblick über den Bestand zu bekommen.  

Bis in die Nacht zu Sonnabend wollten sich die Finanzfachleute der beiden Partner noch  über die Vereinbarungen beugen und so manches streichen. Das Wochenende ist für die Textarbeit vorgesehen. Am Montag soll der 130-seitige Vertrag präsentiert werden.