„Coming soon“, steht an den bunt zugeklebten Fensterscheiben – noch scheint nicht klar, wann genau Europas erstes Freizeitcenter von Mattel eröffnen wird. In den neuen Arkaden am Potsdamer Platz will der Spielzeughersteller bald auf 4000 Quadratmetern seine Warenwelt mit Entertainmentangeboten verknüpfen; vorgestellt werden dann Markenprodukte wie die Plastikbauklötze Mega Bloks, die Spielzeugautos Hot Wheels – und natürlich: Barbie.
Ein Spieleparadies rund um die berühmteste Puppe der Welt? Das hatte es in Berlin doch schon einmal gegeben – allerdings konnte der Hersteller aus den USA damit nicht nur Begeisterung hervorrufen. Wir erinnern uns: Als 2013 in der Nähe des Alexanderplatzes das „Barbie Dreamhouse“ eröffnet wurde – ein temporärer Plastikbau, in dem kleine Mädchen und hoffentlich auch ein paar Jungs Modenschauen veranstalteten, Cupcakes buken und mit Puppen spielten –, gab es hysterische Proteste.
Barbusige Femen-Aktivistinnen mit Blumenkränzen auf den Köpfen rückten vor dem Traumhaus an, mit Protestplakaten und brennenden Fackeln. Die zeitweise recht radikal auftretende feministische Gruppe, die letztlich im Geiste eines exklusiven schwarzerschen 68er-Feminismus agiert, wollte auf die starren Geschlechterrollen aufmerksam machen, die auch im Fundament von Barbies Dreamhouse zementiert worden seien.

Außerdem kritisierten sie irrwitzige Körperbilder, die Mattel mit seinen Puppen tatsächlich erschafft – was ein bisschen ironisch war, weil sie, die Femen-Aktivistinnen, ja selbst oft für ihre Körperpolitik kritisiert wurden. Denn wer ging im Namen der Gruppe hüllenlos auf die Straßen? Genau: Fast ausnahmslos schlanke Aktivistinnen, „normschöne“ Frauen, mit denen sich offenbar einfacher Aufmerksamkeit und Sympathie für wichtige Gesellschaftsthemen generieren lassen.
In erster Linie der Fantasie und nicht der Realität verpflichtet
Das ist mehr als zehn Jahre her. Die Gruppe Femen hat kaum noch Bedeutung. Und auch die Sichtweise auf die blonde Puppe hat sich stark verändert – gerade in modernen feministischen Kreisen, die ihresgleichen eben nicht mehr nur in der lila Latzhose, sondern auch im pinkfarbenen Kleid erkennen können. Eine Sichtweise, die gestützt wird von Greta Gerwigs Film „Barbie“, der vor wenigen Wochen in die deutschen Kinos gekommen und als emanzipatorische Utopie geschrieben ist.
Im Film wird die Welt der Puppe als Matriarchat dargestellt, in dem Barbie alles, ihr trotteliger Begleiter Ken hingegen gar nichts ist. Eine Idee, die sich – wohlwollend betrachtet – weitgehend deckt mit dem Angebot, das der Spielzeughersteller Mattel seinen kindlichen Adressatinnen macht: Hatte es zuvor ausschließlich Baby-Puppen gegeben, die vor allem dazu animierten, sich in der Mutterrolle möglichst früh zu üben, bot Barbie als Erste ein anderes Spiel. Das der Karrierefrau nämlich: Barbie als Ärztin oder als Astronautin, als Pilotin und Politikerin, als Präsidentin sogar – das alles hat es seit der Markteinführung der Puppe im Jahr 1959 schon gegeben.

Was es unterdessen erst seit 2016 gibt: Eine „curvy“ Barbie, eine Puppe mit Kurven also, die mitnichten dick, aber immerhin ein bisschen realitätsnaher gestaltet ist als das Original mit extrem schmaler Taille, langen Beinen, festen Brüsten.
Dass eine echte Frau mit den Proportionen einer klassischen Barbiepuppe nicht überlebensfähig wäre – ihre Organe fänden im dürren Oberkörper keinen Platz, sie könnte schlichtweg nicht atmen –, wurde schon oft beschrieben. Genauso wie die These, das Plastikvorbild könne schon kleinste Mädchen dazu bringen, sich zu dick zu fühlen, gar Essstörungen fördern; eine Vermutung, die in diversen, mehr oder minder repräsentativen Studien mal bestätigt, mal entkräftet wurde.




