Vorwürfe

Rammstein-Konzert in Berlin: Grüne wollen „juristische Möglichkeiten prüfen“

Die Münchner Grünen wollen die Row Zero bei der Rammstein-Show verbieten. Auch in Berlin denkt die Partei über Konsequenzen nach den Vorwürfen gegen Lindemann nach.

Wird es bei Rammstein-Konzerten keine Backstage-Partys mehr geben?
Wird es bei Rammstein-Konzerten keine Backstage-Partys mehr geben?Matteo Chinellato/imago

Die Münchner Grünen fordern Konsequenzen aus den Vorwürfen rund um Rammstein-Frontsänger Till Landemann. Bei den Konzerten der Berliner Rockband in der bayerischen Landeshauptstadt soll es, wenn es nach den Grünen ginge, vor der Bühne keinen abgetrennten Bereich mehr geben: Üblicherweise soll hier bei vergangenen Auftritten der Band die sogenannte Row Zero nur exklusiven Gästen vorbehalten gewesen sein.

Aktuell stehen Vorwürfe im Raum, die Row Zero diene der Rekrutierung junger weiblicher Fans für ausschweifende Partys im Rahmen der Konzerte, bei denen es nach Darstellung mehrerer Frauen zu Übergriffen gekommen sein soll. Die Grünen wollen gemeinsam mit der Linkspartei und der ÖDP einen Antrag im Münchner Stadtrat einbringen. Das Kreisverwaltungsreferat solle prüfen, „ob und bei welchen Konzerten als Auflage eine sogenannte Reihe Zero aus Sicherheitsgründen zu untersagen ist“. Zuerst berichtete die Süddeutsche Zeitung.

App und Safe Space statt Backstage-Party?

Zudem soll geprüft werden, ob Awareness-Teams sowie die App „SafeNow“ verpflichtend vorgeschrieben werden können. Über die App können Personen oder die Polizei alarmiert werden. Auch die Einführung von Safe Spaces soll bei Konzerten möglich gemacht werden. Die Kosten für die Sicherheitsstrategien sollen laut Grünen die Veranstalter übernehmen.

„So wie die Unschuldsvermutung für den mutmaßlichen Täter gilt, müssen ebenso die Anschuldigungen der betroffenen Frauen gehört und ernst genommen werden“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Münchner Stadtrat, Mona Fuchs. Die Grünenpolitikerin sieht Handlungsbedarf für die Musikbranche. Demnach müsse die Politik Strukturen schaffen, die sexualisierte Übergriffe verhindern und eine schnelle Hilfe für Betroffene ermöglichen.

Auch die grüne Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus äußert sich auf Anfrage der Berliner Zeitung zur Causa Rammstein. „Wir verurteilen das frauenfeindliche System der Row Zero und erwarten von den professionellen Veranstaltern, dass sie darauf vorbereitet sind und geschultes Personal – beispielsweise so genannte Awareness-Teams – einsetzen, um solche Fälle zukünftig vollständig zu unterbinden“, erklärt Bahar Haghanipour. Die Sprecherin für Frauenpolitik und Gleichstellung sagt, MeToo sei auch in der Musikbranche weit verbreitet.

Auch Daniela Billig, Grünen-Sprecherin für Kultur in Berlin fordert, Crew-Mitglieder und Musiker zu einem Verhaltenskodex auf. „Insbesondere beim anstehenden Rammstein-Konzert ist die Sorge absolut berechtigt“, sagt Billig. Die Grünen werden die Vorgänge rund um die Konzerte aufmerksam beobachten. „Wir befinden uns derzeit noch in der Prüfung aller juristischen Möglichkeiten, um dagegen vorzugehen“, teilt Billig auf Anfrage der Berliner Zeitung mit. 

Brisante Recherchen zu Till Lindemann und Co.

Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung sorgten in der vergangenen Woche für großen Aufruhr; mehrere Frauen erhoben schwere Vorwürfe gegen Till Lindemann. Systematisch sollen junge Frauen im Backstage-Bereich unter Alkohol und Drogen gesetzt worden sein, hieß es in den Berichten von NDR und SZ. Die Frauen behaupteten, sie seien gezielt rekrutiert worden, um mit dem Rammstein-Sänger Sex zu haben.

Zudem berichten zwei Frauen laut NDR und Süddeutscher Zeitung von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten. In die sogenannte Reihe null sollen nach Darstellung der Befragten bisher Frauen gelassen worden sein, die vor und nach den Konzerten Sänger Till Lindemann zugeführt worden seien.

Am vergangenen Wochenende äußerte sich auch die Band selbst erstmals ausführlich auf ihrem Instagram-Kanal. „Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt – vor und hinter der Bühne“, heißt es im Statement. An die Rammstein-Fans gerichtet folgt die Bitte: „Beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge.“ Aber auch die Band verwahrt sich gegen Vorverurteilungen. „Wir, die Band, haben aber auch ein Recht – nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.“

Am 7., 8., 10. und 11. Juli finden in der bayerischen Landeshauptstadt vier Rammstein-Konzerte statt; es werden bis zu 240.000 Rockfans erwartet. Auch im Berliner Olympiastadion finden mehrere Konzerte der Band statt. Am 15., 16. und 18. Juli machen Rammstein auf ihrer Europa-Stadiontour halt.

Eine Anfrage durch die Berliner Zeitung an die Münchner Veranstalter, ob und welche Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der aktuellen Nachrichtenlage geplant sind, blieb bis zum Montagmittag (5. Juni) zunächst unbeantwortet. Auch das Olympiastadion Berlin möchte sich auf Anfrage der Berliner Zeitung an den „öffentlichen Diskussion zu Rammstein generell nicht beteiligen“.