Sommer

Politiker in den Ferien: Wenn das Urlaubsfoto die Karriere zerstört

Scharping, Spiegel, Schmidt: Einst aufstrebende Persönlichkeiten in der deutschen Politik sind tief gefallen. Denn sie machten Urlaub.

Lachend zeigt der frühere FDP-Abgeordnete Hans-Joachim Otto (r.) am 28. August 2001 seinen Fraktionskollegen einen Bericht der Illustrierten Bunte, der über den Urlaub von Ex-Verteidigungsminister Scharping und dessen Lebensgefährtin Gräfin Pilati berichtet. 
Lachend zeigt der frühere FDP-Abgeordnete Hans-Joachim Otto (r.) am 28. August 2001 seinen Fraktionskollegen einen Bericht der Illustrierten Bunte, der über den Urlaub von Ex-Verteidigungsminister Scharping und dessen Lebensgefährtin Gräfin Pilati berichtet. Bernd Settnik/dpa

Der Traumurlaub kann schnell zum Albtraum werden, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Das musste schon eine Reihe von Politikern erfahren. Erst kam die Reise, dann der Karriereknick. Wir lassen die größten Eklats, die auf Politiker-Ferien folgten, Revue passieren. 

1. Die Mallorca-Affäre

Unvergessen sind die Bilder vom Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping und seiner Lebensgefährtin Gräfin Pilati auf Mallorca. Das Paar planschte verliebt im Pool, während ein Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien unmittelbar bevorstand. Dass Scharping sich so von der Bunten ablichten ließ, sorgte für Lästereien nicht nur bei der Bundeswehr. Für den Rücktritt des glücklosen Ministers waren auch andere Gründe ausschlaggebend, die Liebelei samt Homestory war jedoch mindestens ein mittelgroßer Stolperstein. 

Das Cover der Zeitschrift Bunte, Ausgabe Nr. 35 vom 23.8.2001, zeigt Verteidigungsminister Rudolf Scharping im Urlaub mit seiner zukünftigen Frau, Kristina Gräfin Pilati-Borggreve.
Das Cover der Zeitschrift Bunte, Ausgabe Nr. 35 vom 23.8.2001, zeigt Verteidigungsminister Rudolf Scharping im Urlaub mit seiner zukünftigen Frau, Kristina Gräfin Pilati-Borggreve.dpa

2. Nach der Flut

Das politische Geschäft ist hart. So hart, dass manche dem Druck nicht standhalten. Anne Spiegel gehört dazu. Die Ex-Familienministerin machte Urlaub – zehn Tage nach der Flutkatstrophe im Ahrtal. Ihre Abwesenheit als rheinland-pfälzische Umweltministerin in dieser so dramatischen Lage und die mangelhafte Kommunikation ihrer Behörde während der Flut flogen Spiegel um die Ohren.

Die Aufarbeitung der Flutkatastrophe wurde der Ministerin zum beruflichen Verhängnis. Sie rechtfertigte ihren vierwöchigen Urlaub später mit persönlicher Überlastung. Aufgrund einer Erkrankung ihres Mannes sowie der Strapazen während der Corona-Pandemie für ihre Kinder sei die Erholung dringend nötig gewesen.

3. Im Helikopter nach Sylt

Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte es nicht leicht. Die Bundeswehr musste reformiert werden. Lambrecht stand mehr als einmal im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit. Ihre Medientauglichkeit wurde angezweifelt. Nicht aber die ihres Sohnes auf Social Media. Der postete ein Foto, das Lambrecht von ihm gemacht hatte. Das Bild zeigte den Spross in einem Helikopter, der Mutter und Sohn nach einem Truppenbesuch in Schleswig-Holstein zu einem Kurzurlaub nach Sylt brachte. Zurücktreten musste sie wenige Monate später nach einer mehr als misslungenen Silvester-Ansprache.

4. Ab nach Alicante!

Als Bundesgesundheitsministerin hat Ulla Schmidt (SPD) viel bewegt. So gestaltete sie in den 2000er-Jahren maßgeblich das „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ mit. Doch 2009 verzichtete sie auf eine Mitgliedschaft im „Kompetenzteam der SPD“ für die Bundestagswahl. Sie war – ganz klassisch – über eine Dienstwagenaffäre gestolpert. Das Auto war in Spanien in der Nähe ihres Urlaubsortes bei Alicante gestohlen worden. Die Ministerin verband ihre Ferien mit dienstlichen Terminen.

Schmidts Verhalten zog Häme nach sich: „Da die Amtszeit von Gesundheitsministerin Schmidt ohnehin abgelaufen ist, erübrigt sich die Forderung nach ihrem Rücktritt. Aber dass sie sich so einen dicken Klops leistet, zeigt: Sie ist die falsche Frau im Bundeskabinett“, ätzte beispielsweise der CDU-Haushaltsexperte Georg Schirmbeck.

5. „Formfehler“ Kroatien

Es geht auch eine Nummer kleiner: Auf Landesebene können Ferien ebenso gefährlich für die Karrieren von Politikern sein wie auf Bundesebene. So geriet beispielsweise Berlins Ex-Wirtschaftssenatorin Ramona Pop Ende 2019 in die Bredouille, als eine Senatssitzung wegen Urlaubs ausfiel. Pop sollte die Sitzung eigentlich leiten. Die Grünen-Politikerin verspätete sich auf ihrem Rückweg von Kroatien über Venedig nach Berlin – der Bus zum Anschlussflug soll überbucht gewesen sein.

Pikantes Detail: Sie hatte den verkürzten Urlaub offenbar nicht gemeldet. „Das war ein formaler Fehler“, entschuldigte sie sich anschließend. Zurücktreten musste Pop nicht. Bei der nächsten Wahl kehrte sie allerdings auch nicht ins Abgeordnetenhaus zurück. Die 45-Jährige macht jetzt Karriere beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

6. Italien bringt den Minister ins Schwitzen

Der Bundesgesundheitsminister sitzt fest im Sattel. Viele haben vor allem während der Corona-Pandemie seinen Rücktritt gefordert. Doch Karl Lauterbach (SPD) konnte das nicht erschüttern. Hitze scheint nun sein neues großes Thema zu sein. So twitterte er aus dem heißen Italien, dass „die Hitzewelle“ dort „spektakulär“ sei. „Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben.“ Als er dann die Toskana besuchte, die Stadt Siena besichtigte und die mittelalterlichen Kirchen bewunderte, kam Lauterbach eine Idee, die er ebenfalls auf Twitter verbreitete: „Die Kirchen sollten in Hitzewellen als Kälteräume tagsüber offen sein und Schutz bieten.“ Der Vorschlag zog breite Empörung nach sich. 

„Egal ob es um Corona oder Klima geht, Karl Lauterbach wählt stets den alarmistischen Ton, um maximale Aufmerksamkeit zu erhalten“, sagte beispielsweise Tino Sorge, der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, der Berliner Zeitung. Lauterbach nutze die Situation, um für seine kürzlich vorgestellten Hitzeschutzmaßnahmen zu werben. „Und dann schreibt er auf Twitter ganz Südeuropa als künftiges Urlaubsziel langfristig ab“, so Sorge. Die Idee missfiel nicht nur der Opposition. Auch Lauterbachs Gastgeberland wirkte erbost. So ließ beispielsweise Giuseppe Ciminnisi, der Präsident des Tourismusverbandes Fiavet, die Frankfurter Allgemeine Zeitung wissen, dass Lauterbachs These „schwer objektiv zu beweisen“ sei. Keine gute Publicity.