Mein Magen knurrt, er tut das bereits seit mehr als einem Jahr. Im Oktober 2022 unterzog ich mich in Costa Rica einer Gastroskopie und erhielt die Diagnose Gastritis und Ösophagitis, als Sahnehäubchen obendrauf noch eine Hiatushernie. „Herr Becchi, Sie haben die Gesundheit eines Neunzigjährigen“, sagte mir der Arzt, Dr. Martínez.
Mit Protonenpumpenhemmern sollte alles wieder normal werden. Leider war es nicht so einfach. Tage, Wochen, Monate vergingen.
Ich stellte meine Ernährung um: kein Alkohol, keine Gluten, kein Kaffee, keine Schokolade, keine zuckerhaltigen Getränke, keine frittierten Gerichte. Mir blieben Gemüse, Fisch, Fleisch und Reis. Trotzdem löste das meine Probleme nicht. Das Sodbrennen begleitete mich wie ein treuer Hund, sowohl tags als auch nachts. So konnte es nicht weitergehen. Deshalb versuchte ich, einen Arzttermin in Berlin zu bekommen – vergebens. Der nächstmögliche Termin war erst in zwei Monaten verfügbar.
Dank einer Heilpraktikerin konnte ich einige Tests auf eigene Kosten durchführen lassen, die meine Leiden bestätigten. Wofür ist eigentlich die deutsche Krankenkasse gut, für die ich jeden Monat etwa 15 Prozent meines Gehalts zahle? Wochen vergingen, die Situation blieb unverändert. Abgesehen davon, dass meine Brieftasche leichter wurde, zeigte die Behandlung durch die Heilpraktikerin kaum Wirkung.
In der Zwischenzeit bekam ich einen Termin im Zentrum für Allgemeinmedizin in der Kreuzberger Bergmannstraße. Ich musste etwa drei Wochen warten. Endlich kam der große Tag, ich würde zum ersten Mal einen Arzt in Berlin sehen. Als ich am Empfangstresen stand, erklärte mir die Dame, dass sie in ihrem System keinen Termin unter meinem Namen finden könne. „Wenn Sie noch eine halbe Stunde warten, ist die Akutsprechstunde. Dann können Sie von einem Arzt untersucht werden.“ Die dreißig Minuten vergingen, und ich war an der Reihe.
Doch nun gab es Probleme mit meiner Krankenkassenkarte, das Lesegerät konnte sie einfach nicht erfassen. Nach 20 Minuten in der Warteschleife der AOK erhielt ich schließlich einen Nachweis meiner Mitgliedschaft. Nun stand meiner Behandlung nichts mehr im Weg. Ich würde endlich erfahren, was mit mir nicht stimmte. Dachte ich jedenfalls. Doch es kam anders.
Am Ende eines langen Flurs wartete der Arzt auf mich. Unter dem Schreibtisch wippt er mit dem Fuß auf und ab. „Also, was fehlt Ihnen?“, fragt er. Ich ziehe meine dicke Krankenakte aus dem Rucksack, in der Hoffnung, dass er sich darin einen Überblick über meinen Gesundheitszustand verschafft. Er schaut mich mit einem mahnenden Blick an: „Wissen Sie, dass jetzt Akutsprechstunde ist?“, sagt er verärgert. Ich stehe auf und bin praktisch auf dem Weg nach draußen.
Schluchzend erkläre ich, dass ich seit Monaten versuche, mit einem Arzt zu sprechen, und dass ich einen Termin vereinbart hatte, der aber irgendwie nicht im System gespeichert wurde. Der Hausarzt wirft einen schnellen Blick auf meine Unterlagen und vergibt einen neuen Termin für die nächste Woche. Er meint, dass er mich dann gründlicher untersuchen könne. Vorher soll ich noch zur Blutentnahme erscheinen, die im Zentrum gemacht wird. So ist es dann auch gekommen.
Eine Woche verging, und der neue Termin stand an. Im weißen Kittel betrat der Arzt das Zimmer: „Na, geht es Ihnen besser?“ Was für eine frustrierende Frage, denke ich. „Nein“, antwortete ich mit einem bitteren Lächeln. Zumindest würde ich jetzt herausfinden, ob ich laktose- oder fruktoseintolerant bin, denn dazu wurde mir einige Tage zuvor Blut abgenommen. „Da ist etwas mit Ihrer Blutanalyse schiefgelaufen“, sagt der Doktor. Was ist jetzt schon wieder los, dachte ich erschöpft.
Mein Blut – irgendwo in Berlin verschollen?
Der Arzt sprach von Problemen im Labor. Ich sollte erneut zur Blutentnahme kommen. So etwas war mir noch nie passiert, aber egal, ich krempelte den Ärmel meines Hemdes hoch und warte auf die Nadel. Danach nahm mich der Arzt ganz und gar nicht so gründlich in Augenschein, wie er es eine Woche davor versprochen hatte. Er starrte einfach auf seinen Bildschirm und verschrieb mir Protonenpumpenhemmer, die ich einmal abends vor dem Schlafengehen einnehmen sollte: Das kam mir irgendwie bekannt vor. Am Ende entschuldigte sich der Arzt dafür, dass mein Blut auf mysteriöse Weise verschwunden war, und meinte, dass ich die Ergebnisse bequem per E-Mail erhalten würde.
Er stellte mir eine Überweisung für einen Gastroenterologen aus und gab mir die Telefonnummer einer Praxis, bei der ich anrief. Doch zu einem Termin kam es nicht, man sei voll, ich solle es woanders probieren. Auch der Arzt, der die Überweisung ausgestellt hatte, war keine Hilfe: „Es ist schwierig, einen Gastroenterologen zu finden“, hieß es. Ich solle in ganz Berlin suchen.
Heute müssen Daten vor uns selbst geschützt werden
Ich frage, ob ich zumindest die Ergebnisse meiner Blutanalyse bekommen könne. „Die können Sie gerne persönlich abholen“, erhielt ich zur Auskunft. Aus Datenschutzgründen könne man die Ergebnisse nicht per E-Mail versenden. Lächerlich, dachte ich. Meine Blutprobe könnte irgendwo auf dem Schwarzmarkt gelandet oder von Vampiren gestohlen worden sein, aber natürlich geht Datenschutz vor. Es handelt sich immerhin um meine eigenen Daten, aber anscheinend müssen sie jetzt sogar vor mir selbst geschützt werden. Ich war müde, gestresst und frustriert.
Ich erklärte dem freundlichen Praxisteam, dass der Arzt selbst gesagt hatte, dass ich die Ergebnisse per E-Mail erhalten würde. „Ich wollte Ihnen die Ergebnisse per E-Mail zukommen lassen ...“, begann die x-te E-Mail, die ich erhielt. Nein, ich konnte es nicht mehr ertragen. „Die Ergebnisse sind noch nicht fertig“, ich müsse noch warten. Gut, ich wünschte einen angenehmen Abend und schaltete meinen Laptop aus.
Es vergehen weitere elf Tage, mein Posteingang bleibt weiterhin leer. Jetzt reicht es. Ich schreibe, dass ich Journalist bin und meine Erfahrung mit der Praxis in einem Artikel beschreiben werde. Was ich daraufhin erhielt, hatte ich wirklich nicht erwartet. Ich hatte auf eine Entschuldigung gehofft oder auf die Ergebnisse meiner Blutanalyse. Von wegen.
Die Praxis habe versucht, mich telefonisch zu erreichen. „Da wir etwa 4000 Patient:innen betreuen, haben wir nicht die Zeit, Sie so oft anzurufen, bis Sie ans Telefon gehen“, lese ich mit Verblüffung. Immerhin wurde gendergerecht formuliert, wer weiß, ob ich mich sonst ausreichend respektiert gefühlt hätte. „Da wir uns viel Zeit für Gespräche und Blutentnahmen genommen haben, können wir Ihre Kritik nur bedingt nachvollziehen. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Praxisteam.“ Ich war empört.
Zur Behandlung nach Italien:nicht wie eine Nummer behandelt
Anrufe hatte ich nie erhalten. Ob ich nun eine Laktose- oder Fruktoseintoleranz habe, habe ich letztendlich nicht erfahren. Zumindest nicht in Deutschland. Als ich jedoch nach Italien in den Urlaub fuhr, ließ ich mich dort behandeln. Meine Blutuntersuchungsergebnisse erhielt ich als PDF-Datei, zwei Wochen, nachdem die Tests durchgeführt worden waren. Es gelang mir sogar, einen Termin bei einer Gastroenterologin zu bekommen. Die antwortete mir per WhatsApp, obwohl sie im Urlaub war.





