Die Ausgangsfrage war betont familiär gestellt. „Ist unser Rundfunk reformfähig?“ lautete der Titel der Sondersendung „RBB-spezial“, in der man kontrovers über die Enthüllungen der sogenannten Schlesinger-Affäre beim Berlin-brandenburgischen Sender RBB sprechen und beinahe flehentlich in eine gesicherte Zukunft schauen wollte.
Unterstützung kam denn auch prompt vom eigentlich für die Rolle des unerbittlichen Widersachers vorgesehenen Gastes von der privatwirtschaftlichen Konkurrenz, dem Welt-Chefradakteur Ulf Poschardt. Er zollte insbesondere dem RBB-Kollegen René Alterhammer, der in den letzten Wochen die schwierige Aufgabe einer Art Binnenrevision übernommen hatte, Respekt für seine unerschrockene Aufklärungsarbeit. Also alles wieder gut?
Vertauschte Rollen. Das Nein zum gefälligen Abwiegeln kam denn sogleich vom RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus. Das Bild, das der Sender in den letzten Wochen abgegeben habe, sei schlimm. Zum besseren Verständnis der Zerknirschtheit folgte sogleich eine Vokabelkette der Beschämung: Boni, Jahresprämien, variable Gehaltsanteile. Und als Zugabe noch eine paar erniedrigende Zitate von den Kollegen: Bananensender (taz), Systemversagen (FAZ). Wer in den vergangenen Tagen nicht jeden Tag begierig die neuesten Nachrichten über den Absturz einer Institution des deutschen Nachrichtenwesen aufgesogen hat, war an dieser Stelle verloren – nicht zum letzten Mal.
Bloß nicht langweilen
„Ist unser Rundfunk reformfähig?“ Das Darstellungsformat „RBB-Spezial“ versuchte dieser Frage schon dadurch gerecht zu werden, indem der Bildschirm geteilt und die sprechenden Köpfe flankiert wurden durch sich permanent wiederholende Zusatzinformationen sowie Tortendiagrammen über so spannende Dinge wie die Verteilung der Gebühren auf die öffentlich-rechtlichen Sender. „Bloß nicht langweilen“, der längst ironisch-vertrackte Slogan des RBB wurde im Modus multimedialer Dauer-Überforderung präsentiert.
Der Moderator Volker Wieprecht, über viele Jahre eine beliebte Berliner Radiostimme, war derart rasant unterwegs, um locker und problemorientiert zugleich beim Zuschauer anzukommen, dass man sich selbst beim Zuschauen gedrängt sah, auf die Uhr zu schauen.
Aber was kam unter dem Strich dabei heraus? Es gab und gibt guten Journalismus im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der die Gebühren, die er kassiert, auch wert ist. Ulf Poschardt war an der Stelle allerdings der Meinung, dass es auch ein bisschen weniger sein dürfe und führte die vielen Mehrfachstrukturen zur Begründung an. Die Sender produzieren nicht alle das gleiche, aber Ähnliches.
Bettina Schmieding vom ebenfalls öffentlich-rechtlichen Deutschlandfunk ließ nicht locker, auf jene Probleme hinzuweisen, die ein ausschließlich marktgetriebener Journalismus mit sich bringe, und René Althammer erhofft sich für eine gute Zukunft mehr Demut, also das, was der stigmatisierten Kollegin Schlesinger so rasant abhandengekommen zu sein scheint. Zwischendurch fiel der Satz: Wir sind in der Verantwortung zu zeigen, was wir können. Es wird tatsächlich etwas mehr sein müssen als das, was Hagen Brandstäter, der Interimschef des gebeutelten Hauses zur Erklärung der prekären Lage beizusteuern hatte. Das Apparathafte jedenfalls, das die öffentlich-rechtlichen Sender wie eine Monstranz mit sich herumschleppen, konnte auch diese Sendung im Dienste der Selbstaufklärung nicht abschütteln.



