303.000 Euro Jahresgrundgehalt ohne die noch immer geheimen Bonuszahlungen – diese Zahl wird derzeit gern herangezogen, um die Maßlosigkeit der erst zurückgetretenen, nun entlassenen RBB-Intendantin zu illustrieren. Dabei liegt bzw. lag Patricia Schlesinger damit nur im Mittelfeld ihrer ARD-Kollegen. Das zeigt ein Blick in die Tabelle, die gerade so angeregt und aufgeregt studiert wird wie sonst nur die Tabelle der Fußball-Bundesliga.
Unangefochtener Spitzenreiter ist seit Jahren WDR-Intendant Tom Buhrow, der gerade den ARD-Vorsitz von Schlesinger übernommen hat, sich „enttäuscht und wütend“ über deren Fehlverhalten gibt und gern Reformen im Senderverbund anmahnt. Er liegt mit seinen 413.000 Euro Jahresgrundgehalt so weit vorn wie sonst Bayern München in der Tabelle. Erst mit einigem Abstand folgen Kai Gniffke vom SWR mit 361.000 Euro, Joachim Knuth vom NDR mit 346.000 Euro und Katja Wildermuth vom Bayrischen Rundfunk mit 340.000 Euro.
Die Gehälter bei der ARD unterscheiden sich
Die öffentlich-rechtlichen Sender breiten nicht etwa freiwillig die Gehälter ihrer Führungen aus – sie wurden durch nervende Journalisten, Vorgaben von Gerichten und neue Rundfunkverträge zu einer gewissen Transparenz gezwungen. So weist der ARD-Verbund erst seit 2017 die Bezüge von Intendanten, Direktoren und Programmchefs aus. So bekommen die Direktoren in der ARD zwischen 15.000 und 20.000 Euro monatlich, Programmchefs zwischen 10.000 und 14.000 Euro.
Begründet werden die gravierenden Unterschiede innerhalb der ARD mit den Etats der Sender. So bekamen der WDR und der SWR 2020 jeweils über eine Milliarde Euro aus dem Rundfunkbeitrag zugewiesen, Norddeutscher Rundfunk und Bayrischer Rundfunk lagen knapp unter eine Milliarde – das sind auch die vier Sender mit den höchsten Intendantengehältern. Fast doppelt so hohe Anteile aus dem Rundfunkbetrag erhält das ZDF überwiesen – Intendant Norbert Himmler bezieht deswegen aber nicht das doppelte Gehalt der ARD-Kollegen, sondern rangiert bei 372.000 Euro.
Die Akzeptanz des RBB-Fernsehens sank
Für den RBB wurden 2020 Erträge von 418 Millionen Euro ausgewiesen – etwas weniger als beim Hessischen Rundfunk. Doch dort gibt sich der neue, deutlich jüngere Intendant Florian Hager mit 255.000 Euro zufrieden. Weniger als Patricia Schlesinger bekommt auch MDR-Kollegin Karola Wille – obwohl deren Etat weitaus höher ist als beim RBB in Berlin-Brandenburg. Nachdem Willes Gehalt viele Jahre bei 275.000 Euro eingefroren worden war, wurde es zuletzt auf 295.000 Euro erhöht.
Der Blick in die Tabellen seit 2017 zeigt aber auch: Nirgendwo gab es einen so starken Gehaltssprung wie bei der RBB-Spitze. Während die neuen Intendanten bei NDR, HR und BR weniger Gehalt bekamen als ihre Vorgänger, man hier also einen Sparwillen konstatieren darf, genehmigte der RBB-Verwaltungsrat der damaligen Intendantin einen Sprung um satte 16 Prozent. Hinzu kommt das nur beim RBB eingeführte System von Bonuszahlungen, dessen Ausmaß und Konstrukt erst im Zuge der aktuellen Recherchen immer deutlicher werden und das der kompletten Senderführung satte Extra-Zahlungen bescherte. Gleichzeitig sank die Akzeptanz des RBB-Fernsehens deutlich – in der Quotentabelle aller Dritten fiel das RBB-Angebot 2021 nach Einsparungen und Umstellungen im Programm abgeschlagen auf den letzten Platz zurück.
Betriebliche Altersvorsorge ist teuer
Ein weitaus größere Belastung für den Gebührenzahler aber sind die Pensionsansprüche aller langjährigen Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die nicht rückgängig gemacht werden können, die Senderetats erheblich belasten und nicht dem Programm zugute kommen.
Laut aktuellem Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten fließen über acht Prozent der Beitragsaufkommens in die betriebliche Altersvorsorge – das sind von 2021 bis 2024 insgesamt über 2,6 Milliarden Euro. MDR-Intendantin Karola Wille rechnete schon freimütig 2017 vor, dass sie mit dem damaligen Gehalt eine Pension von über 17.000 Euro bekäme – 75 Prozent des letzten Gehalts. Bei Patricia Schlesinger summieren sich die Ansprüche auf über 15.000 Euro monatlich. Diese Bezüge werden ihr wohl nur schwer zu nehmen sein.
Transparenzhinweis: In einer vorherigen Version hat der Text Thomas Bellut als Intendanten des ZDF genannt. Das ist inkorrekt. ZDF-Intendant ist Norbert Himmler. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.







