Während sich seit Wochen die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann – und zuletzt auch gegen dessen Bandkollegen – häufen, hat sich der Musiker selbst bisher kaum zu den Anschuldigungen geäußert. Laut Lindemanns Anwaltskanzlei Schertz Bergmann ist man inzwischen jedoch gerichtlich gegen die als „Verdachtsberichtserstattung“ empfundenen Enthüllungen vorgegangen. Gegen das Nachrichtenmagazin Der Spiegel habe man nun eine einstweilige Verfügung erwirkt. Das Landgericht Hamburg habe dem Spiegel Teile der Berichterstattung untersagt.
Unter dem Titel „Sex, Macht, Alkohol – was die jungen Frauen aus der ‚Row Zero‘ berichten“ hatte der Spiegel Anfang Juni eine umfassende Recherche zu den Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegen Lindemann veröffentlicht. In dem Artikel kommen mehrere Frauen zu Wort, die von traumatisierenden Erfahrungen mit dem Sänger und dessen Entourage berichten. Neben einvernehmlichen – und möglicherweise dennoch missbräuchlichen – Handlungen soll es auf den privaten After-Show-Partys des Sängers auch zu handfesten sexuellen Übergriffen gekommen sein. Till Lindemann lässt alle Vorwürfe über einen Anwalt als unwahr zurückweisen.
Lindemann erwirkt Verbot: Spiegel muss Textstellen streichen
Der wohl schwerwiegendste Vorwurf – Lindemann habe Frauen auf seinen Partys „mithilfe von K.O.-Tropfen/Drogen/Alkohol betäubt oder betäuben lassen“ – darf vom Spiegel nun allerdings nicht mehr benannt werden. Das erklärten Lindemanns Anwälte in einer Pressemitteilung vom Montag, die inzwischen auch auf dem offiziellen Instagram-Profil der Band veröffentlicht wurde. Laut einer Verfügung des Landgerichts Hamburg musste der Spiegel insgesamt 18 Passagen, beziehungsweise deren Kombination, aus dem Text streichen. Für die schweren Vorwürfe gebe es bislang keine Beweise.
Auf der Website des Spiegels ist inzwischen der Hinweis zu lesen: „Aus rechtlichen Gründen wurde der Text nachträglich geändert.“
Spiegel-Journalistin Juliane Löffler, die als erste Autorin des Enthüllungstexts aufgeführt wird, veröffentlichte infolge des Medienechos am Donnerstagabend bei Twitter eine Antwort auf die Mitteilung der Anwaltskanzlei. Tatsächlich sei das Landgericht Hamburg der Rechtsauffassung des Spiegels „in entscheidenden Fragen gefolgt“, so Löffler. Man habe in weiten Teilen zugunsten der Journalisten entschieden.
„Der Kern unserer Berichterstattung rund um das perfide Casting-System (...) bleibt unberührt“, erklärte die Journalistin weiter. Darüber hinaus wolle man gegen Teile des noch nicht rechtkräftigen Urteils in Berufung gehen.
Kommentar in eigener Sache (1 Thread):
— Juliane Löffler (@laloeffelstiel) July 20, 2023
Das Landgericht Hamburg ist der Rechtsauffassung von @derspiegel in entscheidenden Fragen gefolgt und hat den Verfügungsantrag von Till #Lindemanns Anwalt auch in weiten Teilen zu unseren Gunsten zurückgewiesen. https://t.co/1SQ2BsbloK
Till Lindemann: Anwälte kritisieren „massive Vorverurteilung“ der Medien
Lindemann selbst hatte sich erst am Mittwoch – nach dem letzten von drei Rammstein-Konzerten in Berlin – erstmals konkret zu den Anschuldigungen geäußert. Zuvor hatte es Proteste, Sabotagepläne von Aktivisten und mehrere Initiativen gegen die Auftritte gegeben. Zum Abschluss der Show im ausverkauften Olympiastation gab der Sänger den etwa 60.000 Rammstein-Fans eine unschwer zu entschlüsselnde Botschaft mit auf den Weg: „Und denkt immer dran: Bösen Zungen glaubt man nicht. Die Wahrheit, die kommt doch eh ans Licht.“
Die Anwälte des 60-Jährigen äußerten am Montag auch allgemeine Kritik an der Medienaufmerksamkeit rund um mutmaßliche Fälle von Machtmissbrauch und sexueller Belästigung in der Unterhaltungsbranche. „Immer wieder wird über schwerwiegende Vorwürfe berichtet, obwohl nur einseitige Aussagen vorliegen und strafrechtliche Ermittlungen nicht eingeleitet wurden oder am Anfang stehen“, heißt es in dem Statement. Durch den Fokus der Berichterstattung käme es zu einer „massiven Vorverurteilungen“ entsprechender Personen.




