Beim zweiten der drei Konzerte der Band Rammstein am Wochenende im Berliner Olympiastadion wurden zwei Menschen festgenommen. Nun melden sie sich das erste Mal nach den Festnahmen auf Twitter zu Wort. Die beiden sind Teil der Aktivistengruppe Peng!. „Eigentlich wollten wir wie 70.000 andere einfach nur #Rammstein genießen, einen mutmaßlichen Täter mit problematischen Texten bejubeln und uns von Schaum aus Penissen besprühen lassen. Dann haben wir nur ein gaaanz kleines bisschen am Tape über den Kabelkanälen rumgeknibbelt“, schreiben die Aktivisten.
Wie die Polizei am Montag berichtete, hatten sich drei Personen während des Konzerts an Kabelschächten zu schaffen gemacht, die zu Lautsprecherboxen bei der Bühne führten. Ein 36-Jähriger und eine 24-Jährige wurden festgenommen. Eine dritte Frau blieb unerkannt. Das Künsterkollektiv Peng! beschreibt sich auf seiner Internetseite als „ein explosives Gemisch aus Aktivismus, Hacking und Kunst im Kampf gegen die Brutalität unserer Zeit.“ Ziel der Aktivisten ist es nach eigenen Angaben, „dreckige Geschäfte“ von Werbeagenturen, Konzernen und politischer Propaganda zu entlarven.
Rammstein-Fan soll Aktivist eine Rippe gebrochen haben
Auf Twitter geben die Aktivisten zu, dass sie auch „das ein oder andere Banner gedroppt“ und „ein paar Flyer geworfen und in die Klos gehängt“ hätten. „Der Punkt ist: Wir waren legal in diesem Stadion und haben uns nur mal umgesehen“, twitterte die Gruppe. Von der Polizei seien sie „unschuldig in Schmerzgriffen abgeführt“ worden. Ein Rammstein-Fan habe einem Aktivisten eine Rippe gebrochen.
Eigentlich wollten wir wie 70000 andere einfach nur #Rammstein genießen, einen mutmaßlichen Täter mit problematischen Texten bejubeln und uns von Schaum aus Penissen besprühen lassen. Dann haben wir nur ein gaaanz kleines bisschen am Tape über den Kabelkanälen rumgeknibbelt...1/5 pic.twitter.com/mpHl1JUYZf
— Peng! 👉🏻 Peng@tldr.nettime.org (@Peng) July 18, 2023
Der Band wirft Peng! vor: „Rammstein fantasiert auf Bühnen, in Videos und Büchern laut und deutlich über sexualisierte Gewalt, baut systematisch missbräuchliche Machtsysteme, verhöhnt Betroffene.“ Das mache die Rammstein nicht erst seit ein paar Tagen, „sondern seit Jahren.“ Aufgrund der zahlreichen, konkreten Vorwürfe zu Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt ruft die Gruppe dazu auf, die „Fantasien“ von Rammstein zu hinterfragen. „Wie viele Personen braucht es, bis nicht mehr einer mächtigen, sondern vielen Stimmen geglaubt und zugehört wird?“, fragen sie auf Twitter. Die Betroffenen der Vorwürfe „werden von Rammstein mit enormen juristischen und finanziellen Mitteln gesilenced und eingeschüchtert.“
Till Lindemann: „Und die Sänger vögeln nicht mehr“
Die Gruppe Peng! war laut eigener Darstellung beim Konzert, „um aufzuzeigen, wie groß Rammsteins Macht ist und dass wir uns davon nicht unterkriegen lassen.“ Besonders schockiert seien sie gewesen, als Frontsänger Till Lindemann Songtexte änderte wie in der Liedzeile „Und die Sänger vögeln nicht mehr“. „Till #Lindemann darf nach wie vor auf der Bühne stehen und sich sicher fühlen, weil alle „Unschuldsvermutung“ brüllen und den mutmaßlichen Täter feiern“, heißt es in dem Twitter-Statement.
Mehrere Frauen hatten – teilweise anonym – Vorwürfe gegen Lindemann erhoben. Sie schildern als beängstigend empfundene Situationen. Bei Aftershowpartys soll es demnach auch zu sexuellen Handlungen gekommen sein.
Lindemann weist Vorwürfe gegen ihn zurück. Seine Anwälte verweisen auf Behauptungen in sozialen Netzwerken, Frauen seien bei Konzerten „mithilfe von K.-o.-Tropfen beziehungsweise Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr“.
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann eingeleitet. Bei Verdacht auf eine Straftat muss sie ermitteln. Auch Medienberichte können dafür der Auslöser sein. Bis zum Abschluss der Ermittlungen gilt die Unschuldsvermutung.



